„Heute gibt es 2,3 Millionen Pflegebedürftige“, sagte Frank Richling. „In 20 Jahren werden es 4,5 Millionen sein.“ Foto: z/Deutsche Seniorenliga

Frank Richling von der Barmer spricht im Hans-Rehn-Stift über das neue Pflegegesetz. Zurzeit gäbe es in Deutschland 2,3 Millionen Pflegebedürftige, In 20 Jahren seien es bereits 4,5 Millionen.

Rohr - Den wichtigsten Ratschlag gab Frank Richling am Ende seines Vortrags. Mehr als eine Stunde hatte er sich durch Details des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes (PNG) gegraben, das seit Jahresbeginn in Kraft ist. Es ging um Pflegestufen, ambulante Betreuung, Geld, Anträge und Einsprüche und immer wieder auch um allerlei Fristen. „Sie sollten ihrer Kasse nicht immer alles glauben“, sagte er schließlich. Viele Pflegebedürftige würden nicht das bekommen, was ihnen zusteht. „Reden sie mit ihrer Kasse, das ist ganz wichtig“, sagte er. Das ist starker Tobak, schließlich arbeitet Richling selbst für eine Kasse. Im Namen der Barmer war er am vergangenen Dienstag ins Hans-Rehn-Stift gekommen, um über das PNG zu berichten. Rund 30 Gäste wollten wissen, was er zu sagen hat.

Beratung wird selten in Anspruch genommen

So geht es bei dem neuen Gesetz zum Beispiel auch darum, dass die Regelungen sich mehr an den an Demenz erkrankten Menschen ausrichten sollen. Demente fielen bislang quasi durchs Raster, weil sie sich rein körperlich betrachtet selbst versorgen können, sprich waschen, anziehen oder essen. Tatsächlich entspricht das aber nicht der Realität. Der ganz große Wurf ist das PNG in diesem Bereich aber nicht.

Dennoch: „Die Entwicklung, die der Gesetzgeber gemacht hat, ist gut“, sagte Richling. So wurde das Pflegegeld erhöht, das Menschen dann bekommen, wenn sie sich zuhause helfen lassen, etwa von Angehörigen. Bevor jemand einen Antrag auf Unterstützung stellt, kann er sich kostenlos von seiner Kasse beraten lassen, daheim und bis zu anderthalb Stunden lang. „Das wird aber fast nie in Anspruch genommen“, sagte der Mann von der Barmer.

Expertise des Pflegebeirats liegt seit einem Monat vor

Ist der Antrag erst einmal gestellt, schaut ein Gutachter in der eigenen Wohnung vorbei, um die Bedürftigkeit festzustellen. Neu dabei: Das Gutachten darf immer eingesehen werden, nicht nur im Falle eines Einspruchs. „Man muss sich mit dem Bescheid auseinandersetzen und Fragen stellen“, sagte Richling. „Scheuen Sie sich nicht davor.“ Freilich galt schon vor der Gesetzesnovelle der Ratschlag, sich beim Gutachtertermin aus Scham nicht mobiler und gesünder darzustellen. Angehörige sollten deshalb ein Pflegetagebuch führen, in dem sie auflisten, wann sie wie helfen.

Letztlich hat das PNG nicht so viel Neues zu bieten wie der Name vermuten lässt. Dabei wäre das angebracht. „Heute gibt es 2,3 Millionen Pflegebedürftige“, sagte Richling. „In 20 Jahren werden es 4,5 Millionen sein.“ Eine Expertise des Pflegebeirats der Bundesregierung, deren Umsetzung die Mängel im System beheben könnte, liegt seit einem Monat vor, wird aber erst nach der Bundestagswahl angegangen.