Nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes werden in fünf Jahren drei Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen sein. Das hat finanzielle Folgen, warnt die Stiftung Warentest. Foto: scusi/Fotolia

Nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes werden 2020 drei Millionen Menschen auf Hilfe im Alltag angewiesen sein. Damit dies nicht zum finanziellen Fiasko wird, ist Vorsorge wichtig. Die Stiftung Warentest hat 88 Versicherungstarife untersucht.

Berlin - Ein Schlaganfall, ein Sturz auf der Treppe genügen für einen familiären GAU – wenn nämlich der Partner oder ein Elternteil plötzlich zum Pflegefall wird. Nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes werden in fünf Jahren drei Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen sein.

Das hat finanzielle Folgen, warnt die Stiftung Warentest: Zwar kommt die gesetzliche Pflegeversicherung für einen Teil der Kosten auf. „Doch vor allem für die Menschen, die nicht auf private Pflege durch Angehörige zurückgreifen können, bleibt eine große Pflegelücke“, sagt Heinz Landwehr, Chefredakteur der Zeitschrift „Finanztest“. Je nach Pflegestufe und Pflegefall müssen zwischen 540 und 2000 Euro selbst gezahlt werden.

88 Tarife von 29 Anbietern unter der Lupe

Die Versorgungslücke lässt sich mindern – und zwar mit staatlich geförderten und ungeförderten Pflegeversicherungen. Die Warentester nahmen für die aktuelle „Finanztest“-Ausgabe 88 Tarife von 29 Anbietern unter die Lupe.

31 der getesteten Tarife waren ohne staatliche Förderung und 28 Tarife waren Kombiangebote. Bei 29 Tarifen handelte es sich um rein staatlich geförderte Pflegegeldtarife, auch Pflege-Bahr genannt – nach dem ehemaligen Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP), der sie 2013 eingeführt hat.

Das Fazit: Wer gut verdient, kann mit einer Zusatzversicherung die finanzielle Lücke im Pflegefall schließen. Wer sich diese dagegen nicht leisten kann, erhöht das finanzielle Risiko für die Angehörigen. Denn die müssen im Zweifel für die ausstehenden Pflegekosten aufkommen.

Fragen zur Pflegetagegeldversicherung

In welchem Alter sollte man eine Pflegetagegeldversicherung abschließen?

Ein Abschluss ist in jedem Alter möglich. Allerdings sind die Beiträge umso höher, je älter man bei Vertragsabschluss ist. Grundsätzlich sollte das finanzielle Risiko der Pflegebedürftigkeit so früh wie möglich abgesichert werden, rät die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
 
„Andererseits sollte sich jeder erst einmal um wichtigere Versicherungen wie eine Berufsunfähigkeitsversicherung und seine Altersversorgung kümmern“, sagt Sabine Baierl-Johna von der Stiftung Warentest. Oft ist erst im mittleren Alter absehbar, ob man sich eine Pflegetagegeldversicherung auf Dauer leisten kann. Denn wer seine Versicherung kündigen muss, verliert das eingezahlte Geld und ist im Pflegefall ohne Schutz.

Gibt es Unterschiede bei Pflegetagegeldversicherungen mit Kombi- und Einzeltarifen?

Kunden, die sich für einen Kombitarif entscheiden, schließen immer zwei Vertragsbestandteile mit unterschiedlichen Bedingungen ab – für den staatlich geförderten und für den größeren ungeförderten Teil.
 
Beim Warentest schneiden die Kombitarife etwas besser ab. Aufgrund der staatlichen Zulage von fünf Euro im Monat, die auf den Betrag des Versicherten obendrauf kommt, sind die Leistungen der Verträge etwas höher. Achtung: Bei beiden Tarifen müssen vor Versicherungsabschluss Fragen zur Gesundheit beantwortet werden. Kunden müssen daher Ärzte von der Schweigepflicht entbinden.

Wie wurden die Pflegetagegeldversicherungen mit Einzel- und Kombitarifen bewertet?

Die Stiftung Warentest hat für jeweils zwei Modellfälle ein Qualitätsurteil abgegeben: für 45-jährige neu Versicherte mit einem Monatsbeitrag von rund 56 Euro und für 55-Jährige mit einem Beitrag von 87 Euro pro Monat. Testsieger für 45-jährige Kunden sind die Württembergische mit dem Tarif PTPU, die Hanse-Merkur mit PA sowie PB und die DFV mit der DFV-Deutschland-Pflege Ergänzungsabdeckung und DFV-Förder-Pflege.
 
Die Leistungen liegen hier je nach Pflegestufe zwischen 540 Euro und rund 3030 Euro. Für 55-Jährige gibt es nur einen sehr guten Tarif: den ungeförderten PTPU der Württembergischen. Im Pflegefall gibt es dann zwischen 495 und 1650 Euro.

Was leisten geförderte Pflege-Bahr-Tarife?

Was leisten geförderte Pflege-Bahr-Tarife?

Seit 2013 werden private Pflegezusatzversicherungen mit jährlich 60 Euro bezuschusst. Nach Meinung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg bergen diese Versicherungen Vorteile, da sie alle Erwachsenen – sofern sie noch nicht pflegebedürftig sind – aufnehmen muss.
 
Diabetiker und Bluthochdruckpatienten können sich ohne Risikozuschläge versichern lassen. Allerdings warnt die Stiftung Warentest: Die reinen Pflege-Bahr-Tarife reichen nicht über alle Pflegestufen hinweg aus, um die Lücke zu schließen. Es braucht eine weitere Versicherung.

Ist es sinnvoll, eine schrittweise Erhöhung der Versicherungssumme zu vereinbaren?

Ja, heißt es seitens der Verbraucherschützer und auch von der Stiftung Warentest. Denn die Pflegezusatzversicherung besteht oft viele Jahre. In dieser Zeit kann es hohe Kaufkraftverluste geben, Leistungen aus der Versicherung sind dann weniger wert. Dann ist es gut, wenn die Versicherungsleistung durch die Dynamik steigt – auch wenn die Beiträge steigen. „Einige Versicherer erhöhen die Leistungen auch, wenn der Kunde pflegebedürftig ist“, so die Warentester.
 
Die Tarife für 45- und 55-jährige Neukunden hat die Stiftung Warentest online veröffentlicht: www.test.de/pflegetagegeld-zusatz. Beratung bietet auch die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg: www.vz-bawue.de; Telefon 09 00 / 1 77 44 43 (1,75 Euro/Min. dt. Festnetz).