Sie sind schon da: Chinesische Hilfskraft in einem Frankfurter Heim. Foto: dpa

In einem Pilotprojekt kommen zunächst 150 chinesische Pflegekräfte nach Deutschland. 50 von ihnen kommen in die Region Stuttgart.

In einem Pilotprojekt kommen zunächst 150 chinesische Pflegekräfte nach Deutschland. 50 von ihnen kommen in die Region Stuttgart.

Stuttgart - Schon heute sind in Deutschland viele ausländische Pflegekräfte für Altenheime und ambulante Dienste tätig. Der Arbeitsmarkt ist leer gefegt, Zehntausende Stellen bundesweit können nicht besetzt werden. Da sind Bewerber aus dem Ausland, aus Osteuropa oder zuletzt vor allem aus den Krisenländern Italien und Spanien, willkommen. Ohne sie wäre der Pflegenotstand noch größer, als er ohnehin schon ist.

Doch nun gehen die Arbeitgeber der Pflegebranche in ihrer Personalnot einen großen Schritt weiter – sie verpflichten erstmals examinierte Pflegekräfte aus China. 150 sollen bis zum Jahresende kommen, 50 davon auch nach Baden-Württemberg.

Ingrid Hastedt, Vorstandsvorsitzende des Wohlfahrtswerks für Baden-Württemberg, hat das China-Projekt des Arbeitgeberverbands Pflege von Anfang an unterstützt. Ab Juni wird sie zunächst acht chinesische Fachkräfte in zwei Stuttgarter Heimen einsetzen, im Ludwigstift und in der Eduard-Mörike-Seniorenwohnanlage. „Wir engagieren uns stark in der Ausbildung und haben jüngst eine eigene Altenpflegeschule gegründet“, sagt sie. Dennoch könne das Wohlfahrtswerk seinen Personalbedarf nicht decken. Da dies auf absehbare Zeit so bleibe, müsse man jetzt Lösungen für die Jahre ab 2020 entwickeln, wenn die geburtenstarke Jahrgänge ins Pflegealter kommen.

Für eine Zusammenarbeit mit China spreche viel, meint Hastedt, beide Seiten könnten profitieren. Deutschland verfüge über ausgezeichnetes Fachwissen in der Altenpflege und brauche Personal. China habe auf diesem Gebiet einen enormen Bildungsbedarf und besitze mehr Fachkräfte, als es brauche. Wenn es gelinge, die Menschen aus dem Reich der Mitte gut zu integrieren, könne man sie vielleicht dazu bewegen, in Deutschland zu bleiben, so Hastedt.

Zwei Jahre lang hat der Arbeitgeberverband Pflege mit der deutschen und chinesischen Arbeitsverwaltung verhandelt. Inzwischen sind die ersten fünf jungen Chinesinnen eingetroffen. Sie absolvieren ein mehrmonatiges Integrations- und Sprachtraining in Frankfurt und sollen dort ab Juni in einem Heim des größten deutschen privaten Pflegeunternehmens Curanum Dienst tun.

Die chinesischen Fachkräfte verfügen sämtlich über einen sehr guten heimischen Bachelor-Abschluss sowie über ein einjähriges Pflegepraktikum. Anfangs arbeiten sie als Hilfskraft für monatlich 1900 Euro brutto, sagt Steffen Ritter, Sprecher des Arbeitgeberverbands Pflege. Nach der Einführungsphase erhielten sie etwa 2300 Euro. Zum Vergleich: In Peking bekämen examinierte Pflegekräfte etwa 500 Euro.

Auch die Evangelische Heimstiftung setzt auf Personal aus China. Hauptgeschäftsführer Bernhard Schneider glaubt nicht, dass es zu Verständigungsproblemen zwischen alten Bewohnern und jungen Chinesen kommen könne. „Gerade im Großraum Stuttgart leben so viele Menschen unterschiedlichster Nationalitäten zusammen, hier ist die interkulturelle Gesellschaft Realität“, sagt er. Und setzt darauf, dass die Deutschen auch von den Chinesen lernen können.

Für Schneider ist aber klar, dass China nicht die Personalnot auf dem deutschen Pflegemarkt lösen kann. Dafür müsse man schon selbst sorgen – und den Pflegeberuf attraktiver machen. Die geplante Pflegereform biete Gelegenheit dazu. Schneider: „Heime brauchen mehr und besser bezahlte Pflegekräfte, da muss die Pflegeversicherung mehr leisten.“ Das Geld komme auch bei den alten Menschen an.