Die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland steigt immer weiter. Foto: dpa

Viele Anbieter von privaten Pflegezusatzversicherungen erhöhen ihre Beiträge. Doch die Kosten sind nicht immer gerechtfertigt.

Stuttgart - Nicht mehr selbst kochen, sich waschen oder auf die Toilette gehen zu können – schon der Gedanke an die körperlichen Einschränkungen, die man im Pflegefall hinnehmen muss, ist den allermeisten Menschen unangenehm. Sich dann aber noch überlegen zu müssen, ob die finanziellen Rücklagen für die Pflege ausreichen, kann die schwierige Situation noch belastender werden lassen. Um zumindest der Sorge um die hohen Kosten im Alter zu entgehen, haben viele Verbraucher eine private Pflegezusatzversicherung abgeschlossen. Sie soll die Lücke zwischen der Leistung der gesetzlichen Pflegepflichtversicherung und den gesamten Kosten schließen.

Ab sofort steht den Pflegebedürftigen auch mehr Geld zu. Der Grund für das finanzielle Plus ist die Neuzuordnung der Pflegebedürftigen von Pflegestufen in Pflegegrade. Denn je nach Art der Versicherung hängt deren Leistung von dieser Einstufung ab. So können seit Januar mehr Menschen Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung erhalten, besonders aufgrund des neuen Pflegegrads 1. Obendrein erhöht sich deren Zuschuss. Daher ziehen jetzt die privaten Versicherer nach: Während sich bei der Pflegerentenversicherung nur wenig ändert, werden derzeit laut Stiftung Warentest vor allem die Pflegetagegeld- und Pflegekostenversicherungen an die Neuordnung angepasst.

Der Leistungsumfang darf nicht reduziert werden

Doch die finanzielle Aufstockung im Pflegefall gibt es nicht umsonst. „Die Versicherer erhöhen jetzt fast alle ihre Beiträge“, warnt Peter Grieble, Versicherungsexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Und dabei ergeben sich nicht nur nachvollziehbare Steigerungen von bis zu zehn Prozent. Vereinzelt hat Grieble schon Erhöhungen von 40 Prozent gesehen.

Verbraucher sollten sich in solchen Fällen detailliert aufzeigen lassen, wie hoch der Anteil des Pflegestärkungsgesetzes an dem verlangten Neubetrag ist, und ob auch andere Faktoren eine Rolle spielen, die zu einer Prämienerhöhung beigetragen haben, sagt der Verbraucherschützer Grieble. „Keinesfalls ist es aber gerechtfertigt, in den Leistungsumfang einzugreifen.“ Denn das Gesetz hat die Idee, dass kein Versicherter aufgrund der Pflegereform schlechter gestellt werden darf.

Doch das sehen die Versicherer offensichtlich anders. „Teilweise wurden nicht nur die Leistungen für den Fall der Pflegebedürftigkeit reduziert, sondern auch gleichzeitig die Prämien erhöht“, sagt Grieble. Das sollten Versicherungsnehmer nicht einfach so hinnehmen. Denn später ist man vielleicht gerade auf diese Leistung, die dann weggefallen ist, angewiesen. „Und sich später nachzuversichern ist schwierig bis unmöglich.“

Vorsicht vor Kürzungen beim Tagegeld

Ganz genau hinsehen sollten Verbraucher aber auch aus einem anderen Grund: So hat Grieble schon Verträge gesehen, bei denen die Versicherten zwar insgesamt nicht schlechtergestellt seien. „Aber die Aufteilung, wie hoch die Leistungen in den einzelnen Pflegegraden sind, schneiden so tief ein, dass die betroffenen Kunden doch benachteiligt sind.“ Beispielsweise erhält der Versicherte nach der Überleitung von Pflegestufe 3 in Pflegegrad 4 plötzlich statt der ursprünglich vereinbarten 100 Prozent des ausgemachten Tagegeldes nur noch 40 Prozent im Falle einer Pflegebedürftigkeit. Der volle Betrag würde demnach erst in Pflegegrad 5 ausbezahlt werden.

Dass Verbraucher aus Frust einfach kündigen, davon rät Grieble allerdings ab: Denn dann erlischt der Versicherungsschutz. Hinzu kommt, dass es im Alter immer teurer wird, einen neuen Vertrag abzuschließen, oder dies aufgrund des Gesundheitszustandes gar nicht mehr möglich ist, warnt Grieble.