Hans Müller (links) und sein Sohn Jonathan verschieben eine „Hecke am laufenden Meter“. Das Angebot richtet sich vor allem an ungeduldige Gartenliebhaber. Foto: factum/Granville

Der Großvater züchtete Primeln, Hans Müller hat sich auf eher ungewöhnliche Begrünung spezialisiert: Pflanzen, die an Wänden wachsen. Sein bekanntestes Produkt war auch schon auf Europa-Tournee.

Kornwestheim - Thymian, Melisse, Lavendel, diverse Gräser – es ist ein kleines Biotop, das an Hans Müllers Hauswand in Kornwestheim emporwächst. Es ist ein Prototyp für ein Produkt mit Zukunft, wie Müller findet. „In Städten sind alle horizontalen Flächen belegt, Boden ist teuer. Wo sollen also die grünen Flächen herkommen?“, fragt er. Seine Antwort: Vertikale Begrünung, also Pflanzen, die an Wänden wachsen.

Das bekannteste Produkt der Firma dürfte jeder Ludwigsburger schon einmal gesehen habe: das sogenannte mobile grüne Zimmer, das bereits an verschiedenen Standorten in der Stadt stand. Für Müller ist die fahrbare Hecke ein „genialer Botschafter dafür, warum mehr Grün in den Städten so wichtig ist“, sagt er. Die Installation sei Schattenspender, Staubfilter, Wasserspeicher sowie Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Außerdem reduzieren sie den Lärm, kühlen die Umgebung und erhöhen die Aufenthaltsqualität.

Das mobile grüne Zimmer war schon auf Europa-Tournee

Das mobile grüne Zimmer, ursprünglich ein EU-Projekt, war bereits auf Europa-Tour in verschiedenen Städten: Brüssel, Zagreb, Antwerpen, London – und eben auch Ludwigsburg. Die Stadt Frankfurt am Main war von dem mobilen Biotop so angetan, dass sie gleich mehrere mobile grüne Zimmer von der Firma gekauft hat. Müller ist 56 Jahre alt, Gärtnermeister und führt seine Gärtnerei nun in dritter Generation. Der Großvater war leidenschaftlicher Primel-Züchter, sein Vater spezialisierte sich auf Bodendecken, die wie Rollrasen auf Flächen aufgetragen werden können. Mittlerweile ist das Unternehmen hierin nach eigenen Angaben Marktführer in Deutschland. „Als Gärtner muss man sich immer wieder neu erfinden“, sagt Müller. Und das hat er auch getan.

Im Jahr 2000 gründete Müller die Pflanzen Helix GmbH, ein Handelsunternehmen, das die verschiedenen Standorte der Gärtnerei – unter anderem Leipzig, Rain am Lech und Kornwestheim – unter einem Dach vereinigte. Mittlerweile beschäftigt die Firma 100 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Umsatz von zehn Millionen Euro.

Die Idee bekam Müller beim Anblick eines Gebäudes in Paris

Helix Pflanzen ist spezialisiert auf „grüne Sofortlösungen für den urbanen Raum“, wie es in einer Firmenbroschüre heißt. In Sachsenheim beispielsweise steht eine Lärmschutzwand, an der sich Staudengewächse emporranken. Und die Kassenhäuser im Blühenden Barock sind ebenfalls mit Helix-Pflanzen bewachsen.

Ein Gebäude in Paris brachte Müller auf die Idee: eine Wand des Musée du quai Branly ist komplett von Pflanzen bedeckt – Urheber ist der Botaniker Patrick Blanc. Mittlerweile hat Müller ein eigenes Patent auf seine Vertikalbegrünung. Seine grünen Wände kann er sich vorstellen beispielsweise an Bushaltestellen, für Fahrradgaragen oder Büros im Freien.

Eine Hecke für Ungeduldige

Neben dem traditionellen Gärtner-Geschäft, das nach wie vor weiterläuft, verkauft Müller „Hecke am laufenden Meter“. Soll heißen: Efeu, das sich an einem Metallgerüst emporrankt und das meterweise eingekauft werden kann. Kostenpunkt: zwischen 200 und 250 Euro pro Meter, „fix und fertig verbaut“, wie Hans Müller sagt. „Das ist vor allem für jene interessant, die keine Lust haben zu warten, bis eine Hecke gewachsen ist“, sagt Jonathan Müller, sein Sohn. Der 28-Jährige ist Architekt und seit Anfang des Jahres fest bei der Firma dabei. Seine Kenntnisse im Hochbau können hilfreich für die weiteren Projekte der Firma sein. Baubotanik, also die Verflechtung mehrerer Pflanzen zu einem einzigen Organismus, ist für die beiden ein spannendes Versuchsfeld.

Müller möchte das Unternehmen wieder neu ausrichten: Ausbau der Gärtnereien in Leipzig und Rain am Lech, Kornwestheim soll nur noch als Verwaltungszentrale erhalten bleiben. „Als Gärtner ist man ja auch ein Wachstumsmanager“, sagt er. Er ist sich sicher: „Nach diesem Sommer wird die Nachfrage nach Vertikalbegrünung weiter zunehmen.“ Soll heißen: Es werden weitere mobile grüne Zimmer produziert. Bislang gibt es davon zwölf. 2019 sollen noch einmal zehn dazukommen.