Die Theologin Hélène Eichrodt-Kessel ist gebürtige Französin. An der Uni in Vaihingen hat sie nun mit vielen internationalen Studierenden zu tun. Foto: privat

Hélène Eichrodt-Kessel hat von der Gemeinde in Stuttgart-Hoffeld (Degerloch) ans Ökumenische Zentrum auf dem Uni-Campus in Stuttgart-Vaihingen gewechselt. Auch für sie selbst war eigentlich eine Karriere an der Uni vorgezeichnet. Doch sie hat sich anders entschieden.

Filder - Ganz einfach ist es zurzeit nicht, Hélène Eichrodt-Kessel ans Telefon zu bekommen. Die Pfarrerin hat im April von der evangelischen Gemeinde Hoffeld ans Ökumenische Zentrum (ÖZ) auf den Campus der Universität in Vaihingen gewechselt. Und sie ist aktuell mitten in der Einarbeitungs- und Kennenlernphase des neuen Jobs und der vielen Menschen, mit denen sie nun zu tun hat. „Typische Tage gibt es hier nicht“, sagt die gebürtige Französin und ein fröhliches Lachen klingt durch die Telefonleitung. Zurzeit mache sie „sehr vieles gleichzeitig“ und versuche, alles Mögliche online zu erledigen, was normalerweise ein persönliches Gespräch erfordern würde.

Langfristig wäre ihre Stelle gestrichen worden

Eine Verabschiedung in Hoffeld war aufgrund des Coronavirus nicht möglich, eine Investitur in Vaihingen ebenfalls nicht. Gäbe es die aktuelle Corona-Pandemie nicht, würde die Pfarrerin derzeit viele Seelsorgetermine, Andachten, Gesprächsrunden sowie offene Angebote im ÖZ organisieren. Außerdem hatte sie einen internationalen Brunch sowie ein Programm für Neuankömmlinge an den Hochschulen geplant. „Auf diese Begegnungen und auf dieses Miteinander habe ich mich so gefreut.“ Weil dies vorerst nicht möglich sein wird, hat sie umdisponiert: „Ich biete nun online Seelsorge an, habe einen Online-Gottesdienst vorbereitet und versuche, online mit Studierenden und Mitarbeitern der Uni Kontakt aufzunehmen.“ Eigentlich brauche sie für ihre Arbeit den direkten Kontakt zu Menschen. Dass dieser nun nur virtuell möglich sei, stelle sie vor neue Herausforderungen, „aber ich will lernfähig sein“, sagt die 50-Jährige.

Warum Hélène Eichrodt-Kessel überhaupt der Gemeinde in Hoffeld den Rücken gekehrt hat? Zum einen ist da der Pfarrplan 2024, der unter anderem Stellenkürzungen innerhalb der Evangelischen Landeskirche vorsieht. Davon wäre langfristig auch ihre Stelle betroffen gewesen. Außerdem habe sie sich sehr angesprochen gefühlt, als sie die Stellenausschreibung des ÖZ entdeckt habe: „Ich arbeite unheimlich gerne mit jungen Erwachsenen“, sagt sie. Künftig will sie mit den Angehörigen der Uni und der Hochschulen jene Fragen diskutieren, die auch sie persönlich für wichtig hält: Was macht mein Leben sinnstiftend? Wie wollen wir leben, wie unsere Gesellschaft gestalten? Gerade an einem naturwissenschaftlichen Campus seien diese Fragen spannend, findet die Pfarrerin, denn „hier wird an Themen wie Mobilität, Wohnformen und Klimawandel geforscht“.

Sie ist bewusst nicht an die Uni gegangen

Eigentlich war auch für sie selbst – als promovierte und mit „summa cum laude“ ausgezeichnete Theologin – eine Karriere an der Uni vorgezeichnet gewesen, sie hat nicht nur in Deutschland und Frankreich, sondern auch in Israel und den Niederlanden studiert. „Ich bin damals nicht in die Forschung gegangen, weil ich mit Menschen unterwegs sein und Lebensübergänge begleiten wollte.“

Ihr Vikariat absolvierte sie in Sillenbuch, anschließend war sie fünf Jahre lang Geschäftsführerin der Dekade zur Überwindung von Gewalt. 2011 kam sie dann als Gemeindepfarrerin nach Hoffeld. Die Zeit dort bezeichnet sie als „sehr reich“: „Für mich war es immer wichtig, auch Kirchenferne bei ihrer Suche zu erreichen und die Sehnsucht nach Spiritualität ernst zu nehmen.“ In diesem Rahmen stellte sie unter anderem diverse Meditationsprojekte auf die Beine. Und weil die in Hoffeld so gut ankamen, werde es sie künftig auch in Vaihingen geben, verspricht sie.