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Pfarrer Karl-Ulrich Gscheidle verlässt die Stephanusgemeinde, um von nun an als Wirtschafts- und Sozialpfarrer zu arbeiten.

Weilimdorf - Karl-Ulrich Gscheidle verlässt die Stephanusgemeinde mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Ich freue mich auf die neue Chance. Aber ich werde es vermissen, Teil einer Gemeinde zu sein“, sagt der 54-Jährige. Er habe sich stets als Gemeindepfarrer gesehen, der „nach seinen Schäfchen guckt“ und mit den Menschen vor Ort im Gespräch ist. „Als Pfarrer ist man immer nah dran an Freud’ und Leid der Gemeindeglieder. In den Jahren ist ein großes Vertrauensverhältnis gewachsen“, sagt der 54-Jährige.

Von 1. März an wird Gscheidle als Wirtschafts- und Sozialpfarrer in der Prälatur Reutlingen für den Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt (KDA) zuständig sein, einem Fachdienst der Evangelischen Landeskirche. In dieser Rolle wird er versuchen, zwischen Kirche und Wirtschaft zu vermitteln. „Ich werde für Gerechtigkeit und Menschlichkeit in der Wirtschaft werben“, erklärt Gscheidle. Seinen letzten Gottesdienst als Gemeindepfarrer der Stephanuskirche hält er am Sonntag, 22. Januar, und wird anschließend bei einem Stehempfang von der Gemeinde verabschiedet.

Als geschäftsführender Pfarrer war Gscheidle sechseinhalb Jahre für das Gebiet Stephanus-Süd zuständig. Dabei war ihm immer wichtig, mit seiner Arbeit zum Frieden und zur Integration im Stadtteil beizutragen. „Wir wollen eine offene Kirche sein und Brücken bauen“, sagt der Geistliche. Dazu gehörten ebenso Projekte mit Muslimen oder der katholischen Kirche wie auch mit örtlichen Vereinen oder den Themengruppen der Sozialen Stadt. Die großzügigen Räumlichkeiten hätten es zugelassen, viele verschiedene Initiativen im Haus zu Gast zu haben – vom Männerkochclub über den Kindermittagstisch bis hin zur Trommelgruppe. Ein Schwerpunkt sei stets die Kirchenmusik gewesen. „Die Gemeinde hat einen bedeutenden Anteil an der kulturellen und sozialen Lebendigkeit des Stadtteils“, betont Gscheidle.

Ehrenamt wird in der Stephanusgemeinde groß geschrieben

Der Pfarrer ist sich sicher, dass die Projekte auch nach seinem Abschied weiterlaufen, denn: „Viele Initiativen hat es schon vor mir gegeben. Ich habe keine Sorge, dass es sie auch weiterhin geben wird.“ Die Stephanusgemeinde zeichne sich durch das Engagement vieler ehrenamtlicher Helfer aus. Gscheidle schätzt, dass sich rund 120 Giebeler in die Gemeindearbeit einbringen. Diese Struktur sei historisch gewachsen, denn als der Stadtbezirk in den 50er Jahren aus dem Boden gestampft wurde, seien viele Leute in Not und ohne Habe nach Giebel gekommen. „Sie mussten offen sein für andere Menschen. Dieser Geist hat sich bewahrt“, erklärt Gscheidle. Er wünsche sich, dass die Menschen weiterhin einander zugewandt bleiben und sich gegenseitig Halt und Orientierung geben.

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels beträgt die Zahl der Gemeindemitglieder aktuell 2600, in den 50er Jahren waren es noch rund 5000. Positiv schlage sich jedoch nieder, dass viele junge Familien nach Giebel ziehen. „2011 habe ich so viele Kinder getauft wie nie zuvor“, sagt Gscheidle und spricht von einem „Kinderboom“ im Stadtteil.

Die Suche nach einem Nachfolger kann sich bis zum Sommer hinziehen. Die Gemeindeleitung übernimmt bis dahin der Vorsitzende des Kirchengemeinderats, Lothar Gramm. Die Gottesdienste werden anfangs Pfarrer aus Weilimdorf und Feuerbach halten, von April an springt Daniel Renz vom Dekanat Zuffenhausen ein.

Zur Person

Karl-Ulrich Gscheidle wurde 1957 in Heilbronn geboren. Nach dem Abitur studierte er Betriebswirtschaftslehre in Rosenheim. Anschließend leistete er seinen Zivildienst in einer Einrichtung mit behinderten Kindern und Jugendlichen, was ihn dazu bewog, Evangelische Theologie in Tübingen und München zu studieren. Als Vikar ging er nach Altensteig im Schwarzwald; anschließend war er Pfarrer in Weinsberg und Münster am Kocher. Zur Stephanusgemeinde kam Gscheidle 2005. lem