Brücke über die S-Bahnhaltestelle Goldberg: Dort würden die Einschränkungen deutlich spürbar. Foto: Stefanie Schlecht

Der Pfaffensteigtunnel stresst einen ohnehin gestressten Landkreis. Wann sehen Pendler endlich Licht am Ende des Tunnels?, fragt Jan-Philipp Schlecht.

Das Licht am Ende des Tunnels schien in greifbarer Nähe: Der Ausbau der A 81 schreitet planmäßig voran. Mitte 2027 soll endlich ein Deckel drauf sein und die Dauerstaus nach der Aufweitung dieses infrastrukturellen Nadelöhrs der Vergangenheit angehören. In etwa zeitgleich soll Stuttgart 21 endlich in Betrieb gehen. Das ist die vorläufig gute Nachricht für alle Pendler im Kreis Böblingen. Die schlechte ist, dass dann schon das nächste Großprojekt in vollem Gange sein soll, durch das sich die massiven Einschränkungen von der Straße auf die Schiene verlagern würden: der Bau des Pfaffensteigtunnels Richtung Flughafen.

 

Mit ihm schlüge das Megaprojekt Stuttgart 21 endgültig in den Landkreis Böblingen durch. Denn sobald die Fernzüge unterirdisch durch die Landeshauptstadt surren, ist der oberirdische Kopfbahnhof obsolet und soll abgebaut werden. Damit fiele auch die Anbindung der Gäubahn über die Panoramastrecke weg. Jene Kappung, gegen die Anrainer wie Böblingen, Eutingen und Horb vehement protestieren. Müssten Bahnreisende doch dann in Stuttgart-Vaihingen auf die S-Bahn umsteigen, um zum neuen Tiefbahnhof zu gelangen.

In sieben Minuten am Flughafen

Lösen will die Bahn diesen gordischen Verkehrsknoten mit einer schnellen und komfortablen Verbindung von Böblingen an den Fernbahnhof des Stuttgarter Flughafens durch besagten Pfaffensteigtunnel. Nach derzeitigem Stand soll er elf Kilometer lang sein, 1,69 Milliarden Euro kosten und 2032 fertig sein. Dann verkürzte sich die Fahrzeit von Böblingen an den Flughafen auf zauberhafte sieben Minuten. Von dort könnte es weitergehen nach München, das man nach 85 Minuten erreichen könnte. Verkehrlich ein enormer Gewinn für den Landkreis und die südlichen Anrainer der Gäubahn. Doch bis es soweit ist, ist noch ein steiniger Weg zu gehen. Ein sehr steiniger.

Denn zunächst stellt sich die Frage, wann der Tunnel überhaupt kommt. Er ist zwar bereits im Bedarfsplan für die Bundesschienenwege als vordringlich aufgeführt aufgrund eines überragenden öffentlichen Interesses. Und der Tunnel ist inzwischen auch im  Haushaltsentwurf der Bundesregierung für 2026 gelistet. Allerdings muss noch eine  verbindliche Finanzierungsvereinbarung mit der Deutschen Bahn zu dem Milliardenprojekt endverhandelt und unterschrieben werden.

Geplante Baustellen entlang der Strecke Foto: Deutsche Bahn

So groß die Notwendigkeit und der verkehrliche Sinn dieses Schienenprojekts ist – die Hürden bis zu seiner Fertigstellung sind es ebenfalls. Wird er beschlossen, müssen Gleise ertüchtigt, Brücken neu gebaut und natürlich elf Kilometer Tunnel gegraben werden. Die Bahn zeigte jüngst im Böblinger Gemeinderat auf, was die gut sechsjährige Bauzeit für die hiesige Bevölkerung bedeuten würde: mehrmonatige Sperrungen der Gleisstrecke und angrenzender Straßen, Ersatzverkehre, Umleitungen et cetera pp.

Mehr noch: Dass das Projekt im Zeit- und Kostenrahmen bleiben würde, gehört ins Reich der Träume. Die Beispiele für Infrastrukturprojekte der jüngeren Vergangenheit, die sich verteuert und verzögert haben, muss man gar nicht erst suchen. Im Wesentlichen haben sich alle verteuert und verzögert: A-81-Ausbau, Schönbuchbahn, Digitaler Knoten der S-Bahn. Von Stuttgart 21 selbst gar nicht zu reden.

Umstieg muss erträglich sein

Die Verantwortlichen bei Bund und Bahn sollten alle Möglichkeiten und Optionen prüfen, um bei einer Umsetzung die Einschränkungen so gering wie nur irgend möglich zu halten. Ansonsten schwindet die ohnehin schon arg strapazierte Akzeptanz für Verkehrsprojekte weiter – und mit ihm der politische gewollte Umstieg auf die umweltfreundliche Schiene. Der ist sinnvoll, klar. Aber er muss auch erträglich sein.