Reger Austausch von Argumenten – auch die Publikumsreihen im Alten Rathaus in Plochingen waren gefüllt. Foto: Karin Ait Atmane

Kommen sich Radfahrer und Traktoren auf dem geplanten Schnellradweg im Plochinger Filsgebiet in die Quere? Der Petitionsausschuss des Landtags hat sich die unterschiedlichen Standpunkte angehört. Das kam dabei heraus.

Die Argumente sind ausgetauscht, und das öffentlich: Am Montag haben die Initiatoren einer Petition auf der einen Seite und Vertreter von Regierungspräsidium und Verkehrsministerium auf der anderen den geplanten Verlauf des Schnellradwegs durchs Filsgebiet erörtert. Eingeladen hatte der Petitionsausschuss des Landtags, der mit drei Mitgliedern vertreten war. Im Zuge des Austauschs im Alten Rathaus in Plochingen kam auch die von der Stadt eigentlich schon abgehakte Variante entlang der B 10 wieder auf den Tisch.

 

Der Landwirt Bernd Gutmann möchte verhindern, dass der Schnellradweg gemäß der Vorzugstrasse des Landes an seinem Hof vorbei auf dem Filsweg verläuft. Dieser sei viel zu schmal, um gemeinsam von Radelnden und von großen landwirtschaftlichen Fahrzeugen genutzt zu werden. Daraus ergäben sich hohe Sicherheitsrisiken, argumentierte er in seiner Präsentation. Neben ihm saß sein ältester Sohn, der Landwirtschaft studiert und den Hof übernehmen möchte. Die Familie will erweitern, sie hat eine Bauvoranfrage für ein Hofcafé mit Bäckerei gestellt – bei der Stadt Wernau, denn das Grundstück, um das es geht, liegt auf deren Markung. Es gehört aber der Stadt Plochingen, die es vom Vorbesitzer gekauft hat. Sie sei bereit, den Baugrund an Gutmann und seine Nachbarn zu verkaufen, wenn diese im Gegenzug Flächen für die Verbreiterung des Filswegs abgeben würden, bestätigte Buß. Von diesem Angebot sieht sich Gutmann unter Druck gesetzt; der Bürgermeister spricht von „aktiver Grundstückspolitik“ und von einem Interessenausgleich. Jedenfalls kam das Geschäft bisher nicht zustande und Bernd Gutmann sagt: „Hier arbeitet man nicht für, sondern gegen uns.“

Der Weg soll von vier auf fünfeinhalb Meter verbreitert werden

Die Vertreter des Regierungspräsidiums und des Verkehrsministeriums sehen die Sicherheitsthematik gelassener. Auf einer Fahrradstraße seien bis zu 2500 Kraftfahrzeuge täglich möglich – davon sei man selbst bei deutlich erhöhter Kundenfrequenz noch weit entfernt, erklärte Thomas Walz vom Regierungspräsidium. Nach Vor-Ort-Terminen habe man zudem beschlossen, den Weg von derzeit vier auf fünfeinhalb Meter zu verbreitern: „Das ist schon wirklich eine Straße“. Erfahrungsgemäß sei es weniger kritisch, wenn Traktoren und andere Motorfahrzeuge zusammen mit Radelnden einen Weg nutzen. Gefährlicher sei die Wegführung direkt an Feldern, wo die Traktoren wenden und rangieren, was hier nicht der Fall sei.

Hermino Katzenstein als Mitglied des Petitionsausschusses wies darauf hin, dass im Straßenverkehr laut Straßenverkehrsordnung generell „ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht“ zu nehmen seien und dass er weitaus brenzligere Situationen im Land kenne. Dass die Flächen, die für die Verbreiterung des Filswegs zur Fahrradstraße – diesen Status hätte der Schnellradweg dann an dieser Stelle – benötigt werden, zu großen Teilen den betroffenen Landwirten und Anliegern, gehören, erschütterte die Regierungsvertreter ebenfalls nicht. „Das ist unser täglich Brot“, sagte Einar Dittman vom Verkehrsministerium. Bei nahezu allen Projekten müsse man Flächen kaufen. Man wünsche sich grundsätzlich, dass das im Einvernehmen geschehe. Ansonsten gebe es weitere Möglichkeiten wie die Enteignung, die eigentlich keiner wolle.

Stadt befürwortet Trasse entlang der Bundesstraße

Auch für den Radweg entlang der B 10 bräuchte das Land Flächen. Für diese Variante, entweder unter der Brücke der Bundesstraße oder sogar an dieser aufgehängt, setzt sich Gutmann ein. Er betonte, die Petition richte sich nicht gegen den Schnellradweg, sondern nur gegen den Verlauf auf dem Filsweg. „Auch die Stadt Plochingen würde eine Trasse entlang der B 10 bevorzugen“, unterstrich Bürgermeister Frank Buß. Verwaltung und Gemeinderat seien aber davon ausgegangen, dass diese fürs Land nicht infrage komme; sie hätten deshalb einen Kompromiss durchs Filsgebiet angestrebt. Mit der Fahrrad- und Behelfsbrücke, die man als erstes bauen werde, könnte seiner Meinung nach noch immer auf die Alternative an der B 10 umgeschwenkt werden.

Entschieden sei noch nichts, wie die Vertreter des Landes betonten. Dennoch fürchten sie bei der B-10-Variante mehr Konflikte mit dem Artenschutz, außerdem habe man erhebliche Steigungen und der Flächenverbrauch und die Kosten seien höher. Letzteres bezweifelten sowohl Gutmann als auch der Bürgermeister. Ob die Variante tatsächlich noch eine Chance hat, blieb offen. Auch der Petitionsausschuss zog nach diesem Nachmittag keine Bilanz, sondern will weitere Planungsschritte und die Reaktionen aus Regierungspräsidium und Ministerium auf die Gesprächsrunde abwarten.

Noch ist nichts entschieden

So geht es weiter
Der Petitionsausschuss will noch keine Empfehlung abgeben, sondern weitere Schritte abwarten. Am Ende wird er einen Lösungsvorschlag machen, die Entscheidung liegt aber beim Verkehrsministerium. Beim Vor-Ort-Termin waren drei Landtagsabgeordnete als Vertreter des Petitionsausschusses dabei: Andreas Kenner (SPD) in der Funktion des Berichterstatters, der das Thema für die Kollegen vorbereitet und moderiert, Hermino Katzenstein (Grüne) und Dennis Birnstock (FDP).

Radschnellweg-Varianten
Vier Varianten für den Radweg auf Plochinger Gemarkung waren oder sind noch im Gespräch. Die erste, geradeaus am Neckar entlang durch den Bruckenwasen, wurde auf Betreiben der Stadt verworfen. Die zweite, die Vorzugstrasse des Landes, führt durchs Filsgebiet und im Osten ein kurzes Stück durch den Bruckenwasen. Die Stadt möchte alternativ durchs Filsgebiet und eine noch zu bauende Unterführung fahren. Als vierte steht die B-10-Variante wieder im Raum.