Der Stein des Anstoßes: die Mauer in einem Waiblinger Wohngebiet Foto: Gottfried Stoppel

Der Petitionsausschuss des Landtags hat wegen eines Konflikts zwischen Bauamt und einer Bürgerin eine Kommission nach Waiblingen geschickt. Diese hat den Streitenden einen Vorschlag zur Güte gemacht.

Waiblingen - Wenn zwei sich streiten – dann kommt manchmal der Petitionsausschuss des Landtags, um zu schlichten. So etwa an diesem sonnigen Freitagnachmittag. Zur nach Waiblingen entsandten Kommission gehören ein Angehöriger der Opposition und einer der Regierung, in diesem Fall sind es Siegfried Lorek, CDU-Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis Waiblingen, und sein SPD-Kollege Andreas Kenner aus dem Wahlkreis Kirchheim/Teck. Alle beide sind Mitglieder des Petitionsausschusses, an den sich Bürger wenden können, wenn sie sich von einer Behörde ungerecht behandelt fühlen.

Genau so empfindet Sylvia Rank-Strobel, die sich mit einer schriftlichen Petition an den Landtag gewandt hat, weil sie mit einer Entscheidung des städtischen Bauamts nicht einverstanden ist. Da sich die Vertreter des Petitionsausschusses vorgenommen haben, mehr vor Ort, zu den Bürgern, zu gehen, stehen Lorek und Kenner nun also hier, in einem Waiblinger Wohngebiet.

„Demokratie muss erlebbar sein“

„Demokratie muss erlebbar sein, gerade in diesen Zeiten“, sagt Andreas Kenner, während er den Stein des Anstoßes in Augenschein nimmt: Eine Stützmauer, welche die Petentin vor ihrem Haus und entlang der Straße hat errichten lassen. Die sei deutlich zu dominant ausgefallen und in dieser Ausführung illegal, bemängelt das Bauamt. Die Bauherrin ist da anderer Meinung, denn schließlich, argumentiert sie, gebe es in benachbarten Straßen genau so massive Bauwerke zu sehen.

Der Streit schwelt bereits seit fünf Jahren. Damals hätten sie und ihr Mann zwei Garagen neu errichten lassen, erzählt Sylvia Rank-Strobel. Eine bereits vorhandene, mit einer Hecke bewachsene und für sich allein fast einen Meter hohe Mauer, die teilweise instabil gewesen sei, habe man da gleich durch eine neue ersetzt – eben jene, die den Konflikt ausgelöst und beiden Streitparteien schon einigen Stress beschert hat. Dabei, so beteuert die Petentin, habe sie alles richtig machen wollen. Auf Vorschlag des Bauamts habe sie sich, den Meterstab in der Hand, im Wohngebiet nach Mauerbeispielen umgeschaut.

Das, was danach entstanden ist, hätte jedoch so an dieser Stelle nicht gebaut werden dürfen. Denn obgleich im Wohngebiet ähnlich massive Beispiele zu finden sind, sticht die Mauer in dieser Straße größentechnisch deutlich heraus. Dulde man diese Mauer, dann könne man weitere solche Vorhaben in der Straße nicht mehr verhindern, schildert Dominik Merkes den Standpunkt der Stadt. Das Baurecht sei schwierig, sagt der Leiter des Fachbereichs Bauen und Umwelt. Das heißt: Was in der einen Straße möglich sein mag, muss in einer anderen längst nicht erlaubt sein. Das sei für den Bürger oft schwer nachvollziehbar, sagt Andreas Kenner, der findet: „Normalerweise hätte schon der ausführende Handwerker sagen müssen: ,Stopp, so geht es nicht’.“

Kompromiss soll umgesetzt werden

Eigentlich hatten sich Bauamt und Petentin sogar schon auf einen Kompromiss geeinigt: der untere Teil der Mauer darf bleiben, die obere Hälfte wird 1,50 Meter zurückgesetzt, so dass das Bauwerk weniger massiv wirkt. Sylvia Rank-Strobel sagt jedoch, eine Versetzung verursache hohe Kosten: „Ich weiß inzwischen, dass dazu eine Straßensperrung nötig ist, man braucht zwei Bagger und einen Kran. Mein Vorschlag wäre, die Mauer zu begrünen.“

Der Petitionsausschuss sei ihre letzte Hoffnung, sagt die Waiblingerin. Die aber muss ihr Siegfried Lorek nach der Inaugenscheinnahme der Mauer nehmen. „Das ist sehr unbefriedigend für Sie, aber wir können da wohl nicht abhelfen.“ Denn selbst wenn er und Andreas Kenner dem Ausschuss empfehlen würden, die Mauer in ihrem jetzigen Zustand solle bleiben, würde das zuständige Bauministerium dem Beschluss widersprechen und hätte das Gesetz auf seiner Seite. Bei dessen Auslegung gebe es zwar einen Spielraum, erklärt Lorek, „aber an Recht und Gesetz können wir vom Ausschuss auch nicht vorbei“.

Lorek und Kenner schlagen daher vor, dass die Petentin die Mauer wie im Kompromiss vereinbart zurückbauen lässt. Angesichts des bevorstehenden Winters und Handwerkermangels wird ihr dafür aber ein gutes Jahr Zeit zugestanden. Die Stadtverwaltung willigt ein, die enttäuschte Petentin auch. „Sie kriegen das zusammen hin“, ermuntert Andreas Kenner beide Seiten, bevor die Abgeordneten sich ins Auto setzen und davondüsen: „Ich gebe Ihnen meine Karte. Und wenn die Mauer fertig ist, laden Sie uns zum Cappuccino ein!“

Jeder kann den Ausschuss anrufen

Ausschuss:
Jeder, der sich von einer Landesbehörde ungerecht behandelt fühlt, kann sich an den 21-köpfigen Ausschuss wenden, in dem die Grünen mit sieben Abgeordneten vertreten sind, die CDU mit sechs, die SPD und die AfD mit drei und die FDP/DVP mit zwei. Der Ausschuss darf – im Unterschied zu Gerichten – nicht nur die Rechtmäßigkeit einer behördlichen Entscheidung überprüfen, sondern auch deren Zweckmäßigkeit.

Petitionen:
Das Anliegen muss schriftlich geschildert und die Behörde genannt werden, deren Entscheidung der Ausschuss prüfen soll. Wichtig ist dabei auch eine persönliche Unterschrift des Petenten. Über ein Formular auf der Internetseite des Landtags kann man auch Online-Petitionen versenden.