Der Die-Nerven-Bassist Julian Knoth beschließt mit seinem Alter Ego Peter Muffin das Klinke-Festival im Merlin. Mit Herbert Grönemeyer hat er nicht nur einen bemerkenswerten Tanzstil gemein.
Stuttgart - Zur Faszination der Band Die Nerven zählt die außerordentliche Anzahl und Vielfalt der Projekte, die die drei Musiker abseits davon betreiben. Jeder lebt sich da auf seine Weise aus: Max Rieger überwiegend als Produzent, Kevin Kuhn als Trommler (unter anderem bei der Band Scharping, die demnächst gemeinsam mit der wunderbaren Band Botschaft im Merlin auftritt). Julian Knoth wiederum lebt Einziger der Drei noch in Stuttgart, profiliert sich hier zunehmend als politischer Kopf – und musikalisch auch als Peter Muffin. Mit seinem Peter Muffin Trio beschließt er am Samstagabend das Klinke-Festival im Kulturzentrum Merlin.
Dieser Peter Muffin scheint stilistisch äußerst wandlungsfähig. Noch vor anderthalb Jahren trat unter diesem Namen ein psychedelisch funkrockendes Quintett im Merlin auf. Diesmal ist „Stuttgarts einzige Punkband“ angekündigt, was natürlich ironisch gemeint ist, aber zumindest grob die musikalische Richtung vorgibt. Post Punk würde als Genre noch besser passen, wobei der betont trockene Sound hervorgehoben werden muss, das 110-Prozent-Schlagzeugspiel von Knoths Bruder Philipp und Caroline d’Orvilles stets passgenau sitzendes Bassfundament.
Für mehr Frauen auf der Bühne
Knoth, der sich unter anderem im Interview mit unserer Zeitung für mehr Frauen auf den Bühnen der Rockclubs ausgesprochen hat, geht bei seiner eigenen Band also mit gutem Beispiel voran. Und auch wenn das Geschlecht am besten überhaupt keine Rolle spielen sollte: Tatsächlich ist d‘Orville das perfekte Rockband-Rolemodel.
Auf diese Grundierung trägt Julian Knoth auf, was man von ihm seit dem ersten Auftauchen des Peter Muffin in den Underground-Locations und Trashivals dieser Stadt kennt: irrer Blick, irre Gesten und irre Texte, die auch irgendwie politisch verstanden werden können („Stuttgart am Meer“). Eigentlich sind das Die-Nerven-Songs, und man hört da immer wieder auch das raus, was Julian Knoth zum Faszinosum beiträgt.
Das rockt – wenn man das noch so sagen dürfte
Am Ende spielt die Band den Trio-Song „Da da da Ich lieb dich nicht du liebst mich nicht“, den ja schon Herbert Grönemeyer coverte. Mit dem wiederum hat Peter Muffin gemein, dass er nicht tanzen kann. Macht aber nichts. Vor dreißig Jahren hätte man über dieses gut einstündige Konzert geschrieben, dass es rockt. Das sagt heute keiner mehr so, es ist aber trotzdem wahr.
Die Band verhehlt nicht, dass sie gerade noch im Werden ist. Ein Song kommt frisch aus dem Proberaum, ins Studio kann man trotzdem schon mal gehen. Das Klinke-Festival ist, die aktuelle Diskussion um Hutkonzerte hin oder her, ein perfekter Anlass, um neue Bands kennenzulernen. Beim Peter Muffin Trio ist es Liebe auf den ersten Blick.