Der Fraktionschef der CDU Hauk über Grün-Rot, Bildung und den Streit um die EnBW.

Stuttgart - Der Streit um Stuttgart 21 überlagert und blockiert seit Monaten die Landespolitik. Aus Sicht von Oppositionsführer Peter Hauk (CDU) kann das nicht so bleiben. Nach der Volksabstimmung will er Grün-Rot in Sachthemen stellen.

Herr Hauk, wir spielen "Wer wird Millionär?".

Habe ich einen Telefonjoker?

Nein.

Schade.

Wofür steht die Landes-CDU derzeit? Antwort A: für Personaldebatten. Antwort B: für die Aufarbeitung des EnBW-Deals. Antwort C: für das allgemein durchschnittliche Erscheinungsbild der Union. Antwort D: für Sachthemen.

Ich nehme D.

Welche Sachthemen? Zuletzt hatte man den Eindruck, die CDU streite vor allem um die wenigen Posten, die noch zu vergeben sind.

Wir hatten zuletzt in der Fraktion nur über eine Personalie zu entscheiden, das war die Neubesetzung des Landtagspräsidenten.

Aber die Neubesetzung der Parteispitze und von drei Bezirksvorsitzenden kann man nicht ausblenden, zumal mehrere Führungspersonen nun aus der Bundespolitik kommen. Schwächt sich die Landes-CDU damit?

Es gibt eine CDU in Baden-Württemberg. Entscheidend für unseren Erfolg ist, dass wir eine gute Kommunikation miteinander betreiben und dass wir in unserer neuen Oppositionsrolle jetzt alle Kräfte - also auf europäischer, bundespolitischer, landespolitischer und kommunaler Ebene - stärker als in der Vergangenheit bündeln.

Welche Rolle hat dabei die Landtagsfraktion?

Grundsätzlich muss es das Ziel sein, die Basis mehr in die Parteiarbeit einzubeziehen. Wir als Fraktion werden dabei eine Kreativquelle für die Landespolitik sein.

Wo wollen Sie in der Sache punkten?

Das größte politische Projekt in den verbleibenden Wochen dieses Jahres wird Stuttgart 21 sein. Wir werden unsere ganze Kraft dafür einsetzen, dass wir die Menschen in Baden-Württemberg von diesem Projekt überzeugen und bei der Volksabstimmung am 27. November der Ausstieg aus dem Projekt verhindert wird. Aber es gibt noch andere Themen, die von der grün-roten Regierung nur mit Ankündigungen belegt sind. Da werden wir die Koalition jetzt stellen.

Zum Beispiel?

Die Bildung. Als CDU halten wir organisatorisch weiterhin an der Differenziertheit des Schulsystems fest, weil sich das Nebeneinander von Hauptschule/Werkrealschule, Realschule und Gymnasium bewährt hat. Das System muss weiterentwickelt werden, aber nicht in dem Sinn, wie es Grün-Rot mit der Einheitsschule anstrebt. Für alle das Gleiche und für keinen das Richtige, dieser Weg ist wenig erfolgversprechend. Das wird die nächste große landespolitische Baustelle.

Neben dem Thema Energie?

So ist es. Nachdem ein breiter gesellschaftlicher Konsens beim Atomausstieg erreicht wurde, geht es jetzt darum, einen Weg aufzuzeigen, wie sich Baden-Württemberg als Industriestandort energiepolitisch in der Zukunft aufstellt. Da werden wir nach den Haushaltsberatungen demnächst eigenständige Vorstellungen für die Zeit bis zum Jahr 2025 vorlegen. Denn der Umstieg auf die erneuerbaren Energien wird noch ein deutlich beschwerlicherer Weg sein, als Grüne und SPD das wahrhaben wollen.

Wie groß ist die Bereitschaft der Bürger, künftig quasi auf jedem dritten Berg ein Windrad zu akzeptieren?

Ich bin mir sicher, dass die Bereitschaft wächst. Aber der Wind kann nicht das allein seligmachende Mittel der Energieerzeugung sein. Die Nutzung von Wasserkraft und der Bau von Pumpspeicherkraftwerken wird mindestens genauso, wenn nicht noch wichtiger. In beiden Bereichen setze ich auf eine intensive Beteiligung durch die EnBW.

Wie bewerten Sie dann die aktuelle Debatte über die EnBW?

Ich halte sie für schädlich und sehr gefährlich, denn das Ansehen des Energiekonzerns im In- und Ausland leidet darunter. Man muss festhalten, dass die EnBW ein unverzichtbarer Bestandteil ist, wenn wir die Energiewende in Baden-Württemberg gestalten wollen. Deshalb braucht es nicht nur eine strategische Vorstellung der EnBW, auch Grün-Rot als Hauptanteilseigner muss endlich klar sagen, was sie mit dem Konzern vorhaben. Aber bisher habe ich dazu nichts gehört, und mir drängt sich zunehmend der Verdacht auf, dass die EnBW für die neue Landesregierung ein ungeliebtes Kind ist.

Der Aufsichtsrat, in dem Vertreter der Regierung sitzen, hat sich aber zur EnBW bekannt.

Gerade bei den Grünen gibt es aber auch andere Kräfte, die große Skepsis gegenüber dem Konzern und seinem Vorstandsvorsitzenden Hans-Peter Villis haben. Die Regierung sollte allmählich realisieren, dass es einer Firma schadet, wenn man dauernd in der Öffentlichkeit schlecht über sie redet. Als Miteigentümer des Unternehmens muss die Landesregierung doch eigentlich ein Interesse haben, dass es dem Unternehmen auch in Zukunft gutgeht. Deshalb verlange ich, dass endlich klare strategische Planungen entwickelt und mit der EnBW vorangetrieben werden, zum Beispiel für Investitionen in den Ausbau der Netze oder in regenerative Energien auch außerhalb des Landes wie beim Offshore-Windpark Baltic II, die Kooperation mit Stadtwerken, der Bau von Gaskraftwerken. Ansatzpunkte für eine zukunftsorientierte Standortpolitik gibt es also genug. Man muss sie nur nutzen.

Sie sind als Opposition da nur Zuschauer.

Nein, das ist ein Thema, für das die CDU steht und womit man uns identifizieren kann. Wir werden die grün-rote Regierung bei diesem Thema an ihren Taten messen. Von der Energiewende zu reden ist das eine, sie aktiv zu gestalten ist das andere.