Die Pestalozzischule wirbt ums eigene Überleben, am vergangenen Mittwochabend zum Beispiel mit einer Podiumsdiskussion. Foto: Rüdiger Ott

Die Pestalozzischule lädt zum 17. Treffen Wirtschaft-Schule und diskutiert über Grundsätzliches – ihre Zukunft. Diese ist offen, da die Werkrealschule als Auslaufmodell gilt.

Rohr - Die Fürsprache kam von einem wirtschaftlichen Schwergewicht. „Wir sind Nutznießer der Pestalozzischule“, sagte Sabine von Rechenberg, die oberste Personalerin bei Lapp Kabel. Das Vaihinger Unternehmen setzt im Jahr mehrere hundert Millionen Euro um und beschäftigt tausende Menschen. Nicht wenige davon haben die Pestalozzischule besucht, bevor sie eine Lehre bei Lapp begannen. Auch derzeit bilde der Konzern einige Abgänger der Vaihinger Werkrealschule aus, die, geht es nach dem Willen der Politik, vielleicht schon bald der Vergangenheit angehören könnte. Deshalb weiß von Rechenberg, wovon sie spricht. „Für uns ist es wichtig, dass ihre Kompetenz erhalten bleibt. Wir profitieren davon.“

Werkrealschule gilt als Auslaufmodell

Nun hat die Pestalozzischule von jeher zu dem Kabelhersteller einen guten Draht. Gleich mehrere Mitglieder der Lapp-Familie haben die Einrichtung in Rohr besucht, zu der auch eine Grundschule gehört. Ihre Verbundenheit haben sie vor sieben Jahren auch dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie eine Viertelmillion Euro für den Umbau des Foyers gaben. Im Lapp-Saal, wie das Foyer seitdem heißt, trafen sich am vergangenen Mittwochabend Vertreter vieler Firmen, unter ihnen auch Daimler, Bürkle + Schöck, von der Weppen und Pullman, mit Abgesandten der Industrie- und Handelskammer, des Hans-Rehn-Stifts und anderer Kooperationspartner zum inzwischen 17. Treffpunkt Wirtschaft-Schule. Ging es früher darum, die Zusammenarbeit zu pflegen, sollte nun Grundsätzliches auf dem Podium diskutiert werden.

„Momentan sieht es für uns so aus, als ob wir von den Eltern und der Politik nicht mehr gewollt werden“, sagte Sabine Nafe, die Leiterin der Pestalozzischule. Die Werkrealschule gilt als Auslaufmodell. Zum einen will die grün-rote Landesregierung das bisherige Schulsystem von Grund auf umbauen, neben dem Gymnasium soll es nur noch eine weitere Schulart geben, die nach zehn Jahren zum Abschluss führt. Zum anderen melden viele Eltern nach dem Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung ihre Kinder zumeist an Realschulen und Gymnasien an, während die Schülerzahlen in den ehemaligen Hauptschulen, die inzwischen Werkrealschulen heißen, teils dramatisch sinken. Erstmal konnte an der Pestalozzischule in diesem Sommer nur eine fünfte Klasse gebildet werden, anderswo kamen gar keine Klassen mehr zustande.

Die Arbeit neben der eigentlichen Schularbeit ist in Gefahr

„Wir stellen uns schon die Frage, ob es für uns überhaupt eine Zukunft gibt“, sagte Nafe. Die ständige Ungewissheit zehre an den Kollegen. Die Motivation könnte sinken, befürchtete sie, oder Lehrer die Schule gleich ganz verlassen. Dabei seien gerade sie es, weshalb die Pestalozzischule einen so guten Ruf bei der örtlichen Wirtschaft genieße. Viele Programme, die eigentlich gar nicht im Unterrichtsplan stehen, bereiten die Schüler auf die Arbeitswelt vor. Neben den allfälligen Berufspraktika sind das zum Beispiel Ausflüge mit Senioren des Hans-Rehn-Stifts, Benimm-Kurse oder der Lozziplaner, mit dem die Schüler sich selbst besser zu organisieren lernen.

Eben das, die Arbeit neben der eigentlichen Schularbeit, sieht auch Felix Winkler in Gefahr. Winkler ist Leiter der Berufsschule für Farbe und Gestaltung in Feuerbach. „Und ich frage mich schon, welche Schüler künftig in die Duale Ausbildung kommen werden“, sagte er. Jedenfalls würden sich vor allem Werkrealschulen darin auszeichnen, ihre Abgänger auf die Lehre vorzubereiten. „Wie geht künftig ein Gymnasium damit um?“

„Es darf nicht sein, dass die Pestalozzischule weiter ausblutet“

Eine Gemeinschaftsschule könnte einen Ausweg bieten, meinte Nafe. Ein Zusammenschluss mit der benachbarten Robert-Koch-Realschule dränge sich fast schon auf, „der Campus Vaihingen bietet die Chance“. Die Stadt will ohnehin in den nächsten Jahren die vier benachbarten Schulen, zu denen auch noch das Hegel-Gymnasium und die Verbundschule Rohr gehören, enger zusammenführen, pädagogisch wie räumlich. So soll unter anderem ein Lernhaus entstehen, in dem alle Fünft- und Sechsklässler zwar getrennt, aber unter einem Dach unterrichtet werden sollen. Ob die Pestalozzischule dann noch Klassen beisteuern kann, ist freilich ungewiss. Intern geht die Stadt davon aus, dass sie irgendwann nur Grundschule sein wird.

Die politische Unterstützung fiel an diesem Abend eher dürftig aus. „Ich glaube, wir werden langfristig die Gemeinschaftsschule haben“, sagte etwa die SPD-Stadträtin Roswitha Blind. Ein Plädoyer für den Standort lieferte sie derweil nicht, ihre Sätze verharrten im Allgemeinen. Ganz anders hörte sich das bei Jürgen Sauer an. „Es darf nicht sein, dass die Pestalozzischule weiter ausblutet“, sagte der Mann von der CDU. Das, freilich, verknüpfte er auch gleich mit einem Hieb in Richtung Landesregierung. Von den übrigen Gemeinderats-Fraktionen wollte indes kein Stadtrat vorbeischauen.

„Begrifflichkeiten sind mir egal“, sagte Maria Pfadt. Bis vor wenigen Jahren war sie die Schulleiterin in Rohr. Hauptschule, Werkrealschule, Gemeinschaftsschule, das spielt keine Rolle, solange das Kollegium vor Ort vernetzt ist. „Das Modell der Zusammenarbeit muss erhalten bleiben“, sagte sie. „Das darf nicht einfach wegradiert werden.“