Täglich suchen Tausende Touristen den überwältigenden Blick auf die Inka-Ruinenstadt Machu Picchu in den Anden Perus. Foto: Yaro/Shutterstock

Auch 100 Jahre nach der Wiederentdeckung birgt die Ruinenstadt viele Geheimnisse.

Auch 100 Jahre nach ihrer Wiederentdeckung birgt die Ruinenstadt Machu Picchu noch viele Geheimnisse. Die religiöse Kultstätte der Inkas in den Anden Perus ist der Besuchermagnet Südamerikas schlechthin. 

Vom Pazifik in die Höhen der Anden, von der Gegenwart in die Vergangenheit, von der Realität in eine Zeit der Mythen - zu Besuch in der Welt der Inkas in Peru. Wir ringen nach Atem, wegen der Höhe und der Kraftanstrengung, aber auch wegen der grandiosen Landschaften und der faszinierenden Geschichte.

Nach einer dreieinhalbstündigen Zugfahrt hasten wir durch Aguas Calientes, ein an Lieblosigkeit kaum zu überbietendes Dorf aus aneinandergereihten Hotels, Pensionen und Souvenirläden, um schnellstmöglich einen der Pendelbusse zu erwischen. Wie immer sind die 27 Sitzplätze im Nu besetzt. Hier trifft sich die Welt: Japaner, Brasilianer, Europäer und Amerikaner. Eine halbe Stunde quält sich der Bus die enge und staubige Serpentine hinauf, die eigentlich die Bezeichnung Straße nicht verdient. Teer, Asphalt oder Schotter - Fehlanzeige. In die Kurven sind tiefe Rinnen gefahren, die Ränder sind ausgefranst, schauen aus, als könnten sie jeden Moment wegbrechen. Kommt ein Bus entgegen, müssen die Chauffeure ihre Fahrkunst beweisen. Nach sieben Rechts- und sieben Linkskehren schaukeln wir ans Ziel.

Nach wenigen Metern zu Fuß gibt der Wald den atemberaubenden Blick frei: Machu Picchu - die sagenumwobene Kultstätte der Inkas. Ein heiliger Ort in der Abgeschiedenheit der Anden. Hier auf dem steilen Gebirgsstock zwischen dem Machu Picchu ("Alter Berg") und dem Huayna Picchu ("Junger Berg") haben die Inkas Mitte des 15. Jahrhunderts eine Stadt in 2430 Meter Höhe angelegt, in der wahrscheinlich mehr als 1000 Menschen gelebt haben. Eine architektonische Meisterleistung in der Blütezeit der Inkakultur. Von keinem Punkt des gut 350 Meter tiefer liegenden Urubamba-Tals ist sie zu sehen, und selbst den spanischen Eroberern blieb sie verborgen.

Fast vergessene Stadt in den Wolken mehr Rätsel auf

Die Magie dieses Ortes kann man nicht erklären, aber sie ist mit allen Sinnen spürbar. Von ihr ließ sich auch Hiram Bingham ergreifen, der junge Professor aus Yale, der am 24. Juli 1911 im peruanischen Hinterland auf seiner Suche nach dem Schatz der Inkas auf die Ruinen von Machu Picchu stieß - und seither als deren Wiederentdecker gefeiert wird. "Plötzlich sah ich vor mir die Wände ruinierter Häuser, alle in erstklassiger Inka-Steinbau-Qualität errichtet", beschreibt Bingham in seinem 1948 erschienenen Bestseller "The Lost City of the Incas" seine ersten Eindrücke. "Mir blieb fast der Atem weg. Was könnte dieser Ort wohl sein?" Bis heute gibt die fast vergessene Stadt in den Wolken mehr Rätsel auf, als die Wissenschaftler Antworten finden.

Niemand weiß genau, wer hier gelebt hat und warum die Stadt verlassen wurde. Klar scheint heute: Machu Picchu war in drei Bereiche aufgeteilt, einen landwirtschaftlichen, einen urbanen und einen religiösen. Errichtet wurde die Anlage um 1450 im Auftrag des Inkakönigs Pachácutec. Alles war bis ins letzte Detail geplant, bis hin zu dem ausgeklügelten Bewässerungssystem, ohne das die Stadt wohl nie bewohnbar gewesen wäre.

Mit großen Feierlichkeiten inszenierte die Regierung im vergangenen Sommer den 100. Jahrestag der Wiederentdeckung. Gut 15 Jahre nach dem Ende der schlimmsten Zeit in der jüngeren Geschichte Perus, den Terror-Jahren des Leuchtenden Pfads, will der Andenstaat zeigen, was er zu bieten hat: Ein Land mit rund 30 Millionen Einwohnern, fast viermal so groß wie Deutschland, mit 3000 Kilometer Küste, Hochland mit dem 6768 Meter hohen Huascarán als höchstem Berg und Regenwald. Mit einer enormen Vielfalt an Tieren und Pflanzen. In Peru gibt es 28 von insgesamt 32 Klimazonen. Es soll 4000 verschiedene Kartoffelsorten geben, von denen 400 genießbar sind. Nirgendwo sonst auf der Welt trifft man eine solche Artenvielfalt bei Fischen, Schmetterlingen oder Orchideen an, 20 Prozent aller weltweit bekannten Vogelarten leben in Peru, nur der nördliche Nachbar Kolumbien hat mehr zu bieten.

Die große Verehrung für den vermeintlichen Machu-Picchu-Wiederentdecker Bingham teilen freilich nur die wenigsten Peruaner. "Wir feiern das Jubiläum nicht wirklich", sagt Nilo Zambrano und schüttelt den Kopf. Der 40-Jährige aus Cusco verdient sein Geld als Zugbegleiter und Touristenführer. "Bingham hat Machu Picchu vielleicht in der Welt bekanntgemacht", sagt Zambrano, "aber der eigentliche Entdecker war Augustin Lizarraga." Der Bauer soll schon im Jahr 1894 Don Luis Bejar Ugarte in die Ruinenstadt geführt haben. Bei einer späteren Tour verewigte er sich und schrieb mit Kohle auf einen Stein: "Lizarraga, 14. Juli 1902, für die Nachwelt".

Zwischen 2000 und 2500 Touristen, in Spitzenzeiten bis zu 4000, strömen täglich nach Machu Picchu. Sie machen die religiöse Kultstätte der Ureinwohner nicht nur zu einem riesigen Freilichtmuseum, sondern setzen den Ruinen auch schwer zu. Die Unesco, die die Anlage 1983 zum Weltkulturerbe ernannt hat, fordert daher immer wieder eine Begrenzung auf maximal 500 Besucher pro Tag. Jeder Peru-Besucher hat Machu Picchu fest auf seinem Reiseplan. Dabei hat der Andenstaat noch viel mehr zu bieten.

Das Land fasziniert nicht nur durch seine reiche Geschichte, sondern auch durch seine grandiosen Landschaften - und überall finden sich Zeugnisse der Inkas. Keimzelle ihres Imperiums war einst die Stadt Cusco, 3400 Meter über dem Meer. Von hier aus eroberten die Herrscher seit dem 15. Jahrhundert ein Gebiet von einer Million Quadratkilometern. Ihr Reich erstreckte sich einst von Ecuador über Peru und Bolivien bis nach Chile und Argentinien. Heute ist Cusco Ausgangspunkt für die Reisen nach Machu Picchu.

Neben zahlreichen Kathedralen und Museen kann man hier auch das Leben abseits der Touristenströme erleben. Etwa in der großen Markthalle San Pedro, in der von morgens bis abends emsiges Treiben herrscht. Hier kann man den Reichtum der peruanischen Landwirtschaft bestaunen oder in einer der zahllosen Garküchen gleich selbst probieren. Es muss ja nicht gleich die peruanische Nationalspeise - gebackenes Meerschweinchen - sein.


Anreise

Air France hat Lima seit Sommer neu in ihr Streckennetz aufgenommen. Jeden Dienstag, Donnerstag, Freitag, Samstag und Sonntag geht es von elf deutschen Flughäfen, darunter auch Stuttgart, Frankfurt und München, über Paris nach Peru. Zusammen mit KLM bietet Air France damit zwölf wöchentliche Verbindungen zwischen Europa und Lima an. Flüge gibt es bei beiden Airlines ab 966 Euro (www.airfrance.de). Die Flüge beider Fluggesellschaften sind miteinander kombinierbar. Wer den gut zwölfstündigen Flug etwas bequemer genießen will, sollte die neue Zwischenklasse Premium Voyageur von Air France mit 97 cm Sitzabstand ausprobieren. Von Lima fliegt die Fluggesellschaft LAN (www.lan.com) mehrmals täglich in 75 Minuten nach Cusco.

Reisearrangement

Orient Express bietet eine achttägige Rundreise „Unmissable Peru“ mit Programm in Lima, Cusco, dem Heiligen Tal und Machu Picchu zum Preis von rund 3100 Euro/Person an (www.orient-express.com). Weitere Informationen unter der kostenlosen deutschen Reservierungs-Hotline 08 00 / 1 83 07 81.

Übernachten

Hotels mit höchstem europäischen Standard finden sich nahezu überall in Peru, beispielsweise in der Hauptstadt Lima im Miraflores Park Hotel (ab 215 Euro pro Nacht), im Heiligen Tal am Ufer des Urubamba-Flusses im Hotel Rio Sagrado (ab 160 Euro, www.riosagrado.com) oder in Cusco im Hotel Mo- nasterio (ab 220 Euro, www.monasteriohotel.com).

Allgemeine Informationen

Peruanisches Tourismus-Büro PromPeru, www.peru.info.