Bitte Platz nehmen: Vom Oberdeck der Delfin II genießt man den Blick auf den mächtigen und trägen Amazonas-Strom. Foto: Howest

Papageien, Faultiere und Menschen: In den Amazonas Regenwäldern  gibt es einiges zu sehen.

Er fühlt sich noch immer als Mann des Dschungels. Stolz zeigt Jesús Maria seine kurze Hose aus Bambus mit Zeichnungen darauf und erzählt von den Ritualen seines Heimatstammes, den er bis heute regelmäßig besucht. Doch er begleitet auch Touristen auf der Delfin II, einem Luxusschiff. Er zeigt ihnen die reiche Pflanzen- und Tierwelt links und rechts des Amazonas. "Ich liebe den Amazonas", sagt der Flusskenner und fügt in perfektem Englisch und Spanisch hinzu: "Ich will die Menschen sensibilisieren für seine Schönheiten." Auf dem Oberdeck erklärt der Regenwaldexperte die Route des Tages, bevor die Besatzung zwei Beiboote herunterlässt. Rettungswesten werden übergestreift, und schon rauschen die Motorboote in die Weiten des Amazonas mit seinen vielen Seitenarmen im Naturreservat Pacaya Samiria.

Zeit für die 16-köpfige Crew, das Schiff für die 28 Passagiere wieder flottzubekommen. Dschungeltypische Details zieren die 14 Kabinen, Accessoires wie Kaimane oder Delfine aus Bambus schmücken Bett und Nachttisch. "Ein Wunsch von Señora Lizzy, der Eignerin des Luxusdampfers", sagt Wilson, Stewart und gute Seele des Schiffes. Das Dach des Oberdecks ist aus der Irapay-Pflanze angefertigt. "Irapay hält die Luft auf dem Deck länger kühl", erklärt Wilson, der auch Musiker ist. Abends heizen der 33-Jährige und seine Kollegen den Passagieren mit Charango und Samponya-Rhythmen ein. Erst seit einem halben Jahr fährt Wilson auf dem Cruiser mit. Zuvor arbeitete er elf Jahre bei der Konkurrenz. Sein Ex-Chef entdeckte ihn als Straßenmusikant in Iquitos, der Hauptstadt der Amazonas-Provinz Loreto, und brachte ihn aufs Schiff. Wilson nutzte seine Chance. Erst spielte er Musik, dann lernte er Englisch und gewann die Herzen der Passagiere.

Auf Höhe des Yanayacu-Flusses dringt das Schnellboot immer tiefer ins Naturreservat Pacaya Samiria ein. Drei Millionen Hektar groß ist der 1940 gegründete Nationalpark. Mit einem Mal hält das Boot inne, der Motor verstummt. Eine Gruppe Papageien schwärmt kreischend aus, ein Red Caped Cardinal sitzt auf einem Mimosa-Baum und trällert in Abständen seine Melodie in die Wildnis. Eichhörnchenaffen hangeln sich aufgeregt von Ast zu Ast. Riesenstörche stolzieren am Ufer entlang und setzen zum ersten Morgenflug an. "Zwischen sechs und acht Uhr morgens ist die beste Zeit, um die erwachende Welt des Amazonas zu erleben", flüstert Jesús in die Runde. Auch im Wasser tut sich einiges: Die rosafarbenen Flussdelfine sind bereit zum Frühstück. Viele Legenden der Indios ranken sich um sie. Menschliche oder göttliche Eigenschaften werden ihnen zugeschrieben. Anders als die springenden Meeresdelfine wirken die Flussverwandten träge, sie aalen sich genüsslich in den strömungsarmen Bereichen der Fluss-Seitenarme.

Hoch oben im Capirona, dem typischen Amazonas-Baum, der wegen seines hohen Alters von bis zu 700 Jahren auch Großvaterbaum heißt, sitzt gemütlich ein Perezoso, ein Faultier. Die weit ausgebreiteten Äste des Capirona spiegeln sich im Wasser des Yanayacu-Flusses. "Eines der saubersten Gewässer des Amazonas", sagt Jesús. Die ins Wasser fallenden Blätter filtern und reinigen es zugleich. Hunderte von Seen durchziehen das Gebiet. Zugleich Teil einer Region, in der drei Volksgruppen heimisch sind: Die River People, die von den Missionaren abstammen und zu 80 Prozent katholisch sind. Sie sprechen Spanisch und leben vom Wasser des Amazonas. "Sie kochen es bloß nie ab", sagt Jesús. Dies sei ein Grund für ihre relativ geringe Lebenserwartung von durchschnittlich 65 Jahren. Die Native People, die zweite Bevölkerungsgruppe, lebt im Dschungel. Kleidung und Nahrung beziehen sie aus dem Regenwald. "Sie lieben das Feuer, trinken Affenblut gegen Malaria, sind spirituell und werden bis zu 80 Jahre alt", erzählt der Dschungel-Guide, der es wissen muss, denn er ist hier geboren. Bis zu 100 Jahre alt wird die dritte Volksgruppe – die Aborigine People. Sie sind unbekleidet, leben wie Tiere und verehren den Regen. "Kannibalen", urteilt der 32-jährige Jesús. Von den rund zwei Millionen Natives und Aborigines seien noch etwa 20 Prozent wild, 58 Stämme gebe es allein in Peru. Mit diesem Wissen betrachtet man den Fluss mit anderen Augen. Man sieht vereinzelt Menschen, manche leben in kleinen Dörfern mit 100 bis 200 Einwohnern, andere legen ihre Reusen aus und fischen vor allem in der Zeit nach dem Hochwasser, wenn die Fischgründe besonders reichhaltig sind.

In dem Dorf Urarinas am Rio Zapote herrscht buntes Treiben. Kinder laufen barfuß über die vermatschten Wege. Die Älteren nehmen ihre kleinen Geschwister an die Hand. Frauen lächeln, sie bieten ihre Handarbeiten auf einem Markt den Besuchern an: Schalen aus Kürbissen, Hals- und Armschmuck, Rasseln und andere Accessoires wechseln den Besitzer. Irgendwann kramt Jesús Malstifte und -blöcke, Bücher und Schulmaterial aus einer großen Tasche hervor. Für die Kinder gibt es jetzt kein Halten mehr. Stolz zeigt jedes seine neuen Errungenschaften. Pünktlich zum Dinner erreichen die Beiboote die Delfin II. Noch ist Zeit für einen Aperitif auf dem Oberdeck. Man nippt am Caipirinha und stellt sich vor, wie Jesús, der Mann des Dschungels und Touristguide, sich fühlen mag, wenn er mal wieder zwischen den Welten hin und her pendelt.

Amazonas-Kreuzfahrt durch Peru

Anreise
Flug mit Iberia und LAN von Frankfurt oder München nach Madrid. Weiter geht es über Lima nach Iquitos, die Hauptstadt der peruanischen Provinz Loreto (ab 1400 Euro). www.lan.com, www.iberia.com Reisezeit

Die beste Zeit für das Amazonas-Gebiet sind die relativ trockenen Monate Juni und Juli.

Kreuzfahrt
Eine Flusskreuzfahrt mit der Delfin II kostet je nach Dauer ab 1900 US Dollar (1360 Euro) pro Person für vier Tage, www.delfinamazoncruises.com). Weitere Anbieter für Amazonas-Kreuzfahrten: www.ayapua.com oder www.aquaexpeditions.com.

Preise
Café con leche (Milchkaffee) 1,50 Euro
Cerveza (Cusquena) 80 Cent bis 1 Euro
Pisco Sour (typischer Cocktail) 3 bis 4 Euro
Taxifahrt vom Airport Lima ins Zentrum 10 Euro

Ausflüge
Isla de los Monos: Eine Insel im Amazonas, auf der 40 Affen von acht Arten, viele Faultiere und Papageien leben. Anfahrt von Bellavista (Iquitos) per Schnellboot: www.laisladelosmonosperu.com Belén: Mit dem Mototaxi von der Plaza de Armas (Iquitos) nach Belén zu den schwimmenden Pfahlhäusern, auch das Venedig Perus genannt.
Canopy Walkway: Über Hängebrücken (450 Meter lang) durch die Baumkronen des Urwaldes spazieren. www.explorama.com

Was Sie tun und lassen sollten:
Auf jeden Fall im Yanayacu-See baden – ein unvergessliches Vergnügen wegen des samtenen Wassers. Und einen Ausflug zu den Baby-Kaimanen unternehmen, der von der Delfin-Crew organisiert wird. Angeboten wird auch Piranyas angeln und zubereiten.
Auf keinen Fall einen Dschungelausflug ohne langärmlige Kleidung, Kopfbedeckung und ohne Mückenspray unternehmen.