Die Junglehrerinnen und -lehrer am Freitag bei ihrer Vereidigungszeremonie in der Seeguthalle in Weissach im Tal Foto: Chris Lederer

122 neu eingestellte Junglehrer starten am Montag ins neue Schuljahr. Zu wenige, um den Personalmangel an Schulen im Landkreis zu decken. Die Amtsleiterin spricht von teilweise „prekären Lagen“.

Erst mal darauf anstoßen! Mareike Hoffmann, Milena Mauch und Rahel Moosmann hatten am Freitagvormittag allen Grund zu feiern. Die drei jungen Frauen wurden mit knapp 120 anderen angehenden Lehrerinnen und Lehrern in der Seeguthalle in Weissach im Tal auf ihr Amt vereidigt. Zur Feier des Tages gab es im Anschluss an die offizielle Zeremonie ein Gläschen Sekt, alkoholfrei.

Die drei Frauen sehnen ihren Arbeitsbeginn herbei, am Montag werden sie in unterschiedlichen Schulen in Fellbach-Schmiden antreten. „Wir haben lange darauf hingearbeitet, jetzt sind wir gespannt und freuen uns, dass es am Montag endlich losgeht“, sagt Mareike Hoffmann, die an einer Gemeinschaftsschule startet. Ihre beiden Kolleginnen übernehmen erste Klassen an verschiedenen Grundschulen, auf die sie sich erfolgreich beworben haben, und die zwei sind sich nach Studium und dem anderthalbjährigen Referendariat einig: „Lehrer, das ist der beste Beruf der Welt!“

Neueinstellungen reichen nicht

Ginge es nach Sabine Hagenmüller-Gehring, der Leiterin des Staatlichen Schulamtes Backnang, das für allgemeine Schulen im Landkreis (außer Gymnasien) zuständig ist, dürfte sich die Werbung noch mehr herumsprechen. Denn leider reichen die 122 neu eingestellten Lehrkräfte bei Weitem nicht aus, um den seit Jahren bestehenden Personalmangel an Schulen im Landkreis zu decken. „Wir freuen uns über jede neue Lehrerin und jeden neuen Lehrer, denn sie werden dringend benötigt.“

Um die Unterrichtsversorgung für das neue Schuljahr sicherzustellen, mussten zu den neuen Lehrkräften zusätzlich 106 befristete Verträge im Umfang von rund 1800 Lehrerwochenstunden abgeschlossen werden. Das heißt, dass eigentlich in den Ruhestand versetzte Lehrer überredet wurden, in Teilzeit auszuhelfen oder Quereinsteiger ohne vollständige Lehrerausbildung verpflichtet wurden. Umgerechnet wurden 66 Vollzeitstellen so besetzt – immer noch nicht genug. „Die Ressourcen sind so knapp, dass zusätzlich rund 170 Personen mit 2100 Lehrerwochenstunden von Schulen an andere Standorte abgeordnet oder versetzt werden mussten“, erklärt Hagenmüller-Gehring. Das sei nicht immer, aber zum größten Teil im Einvernehmen mit den Betroffenen erfolgt, sagt die Amtsleiterin. „Vielen Leuten ist klar, es geht nicht um die einzelne Schule, sondern um den Landkreis“, betont die Amtsleiterin den wachsenden Zusammenhalt unter den Einrichtungen.

Eingeschränkte Versorgung

Doch trotz dieser Anstrengungen sei es nicht gelungen, dass alle allgemeinen Schulen mit einer hundertprozentigen Versorgung ins neue Schuljahr starten könnten. Es fehlen hierzu noch 740 Wochenstunden, umgerechnet 27 Vollzeitkräfte. Besonders im ländlichen Raum, wie beispielsweise in Murrhardt, mangele es an Bewerbungen.

Zudem fehle es an geeigneten Lehrern, um bestimmte Fächer zu unterrichten, was in den Klassen 5 und aufwärts dazu führe, dass immer mehr Lehrer auch fachfremd unterrichten müssen. „Immerhin sind alle allgemeinen Schulen arbeitsfähig und können am Montag mit dem Unterricht starten“, sagt die Amtsleiterin.

Unterricht an SBBZ muss gekürzt werden

Besonders prekär ist die Lage im Bereich der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ), schildert Hagenmüller-Gehring. Hier fehlten rund 1330 Lehrerwochenstunden, was etwa 48 Vollzeitlehrkräften entspricht. Die Folge dieser „Extremlage“ führt dazu, dass im neuen Schuljahr an drei großen sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung und körperlich-motorische Entwicklung Unterrichtszeiten am Nachmittag gekürzt werden müssen. Für diese Schulart fehlten nicht nur geeignete Lehrer, auch dass die Schülerzahlen extrem ansteigen, verschärfe die Situation. Von den daraus resultierenden Platzproblemen zu schweigen.

Keine Reserven

Eine Reserve für Krankheits- oder anderweitige Ausfälle sei an keiner der Schularten vorhanden. „Wir müssen mit dem Mangel leben und starten nun so ins neue Schuljahr“, sagt Hagenmüller-Gehring. „Mal schauen, was in der kalten Jahreszeit passiert.“

Ungewiss ist derzeit auch, wie sich die Situation bei den Vorbereitungsklassen für Geflüchtete entwickelt: Im neuen Schuljahr werden an den Schulen im Schulamtsbezirk Backnang 72 Vorbereitungsklassen (Vorjahr 78) zur Verfügung stehen, die zu Beginn von rund 1100 Schülern besucht werden. Darüber hinaus werden noch weitere Kinder und Jugendliche ohne ausreichende Deutschkenntnisse in insgesamt 13 Sprachfördergruppen in Regelklassen gefördert. Große Sorgen bereitet das Unterrichten von Kindern Geflüchteter oder Zuwanderer ohne ausreichende Deutschkenntnisse: „Manche von ihnen sind Analphabeten, haben noch nie eine Schule besucht oder einen Stift in ihrer Hand gehalten.“

Zahlen zum neuen Schuljahr

Schülerzahlen
 Zum neuen Schuljahr sind im Rems-Murr-Kreis 4008 Erstklässler angemeldet worden. Das sind 38 weniger als im Vorjahr. Die Zahl der Grundschüler ist im Vergleich um 653 Kinder auf 15 612 angestiegen. Gesunken ist die Zahl der Schüler in Vorbereitungsklassen. Hier wird ein Minus von 116 auf 1045 registriert. Zuwächse bei den weiterführenden Schulen verzeichnen hingegen die Gemeinschaftsschulen. Hier liegt die Zahl aktuell bei 5448. Das sind 196 Schüler mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Realschüler beträgt 7828, ein Plus von 21. Die Werkrealschulen werden von 241 Schülern (-16) besucht. Der Werkrealschul-Zug in Alfdorf endet zum Schuljahr. Amt
 Das Staatliche Schulamt Backnang ist für 84 Grundschulen, drei Werkrealschulen, 17 Realschulen, 19 Gemeinschaftsschulen und 14 Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren und sieben Schulkindergärten zuständig.