Zugang zu den neuen, sicheren Abstellmöglichkeiten in Marbach verschaffen sich Radler, indem sie einen PIN eingeben. Foto: /vanti

Am Marbacher Bahnhof sind neue Behältnisse aufgestellt worden. Auch in anderen Kommunen hat man das Thema im Blick – nicht zuletzt wegen der hohen Spritpreise.

Die Spritpreise sind zuletzt in astronomische Höhen geklettert. Das könnte dem ÖPNV einen Zuwachs an Kunden bescheren, die dem Auto den Rücken kehren wollen. Zunehmend attraktiver wird der Umstieg auf den Zug insbesondere auch für Pendler, die die erste Etappe von zuhause zur Schiene per Rad zurücklegen. In immer mehr Kommunen werden sichere Radboxen in Tuchfühlung zu den Gleisen platziert oder man denkt zumindest darüber nach. In Marbach gibt es dazu nun sogar ein Pilotprojekt.

Bahn will den Ausbau weiter forcieren

Wie die Deutsche Bahn mitteilt, wurden deutschlandweit an acht Bahnhöfen testweise verschließbare Radboxen platziert. Neben größeren Kommunen wie Kaiserslautern oder Kassel wurde hier auch die Schillerstadt bedacht. „Die Standorte hat DB Bahn-Park anhand verschiedener Kriterien wie Bedarf, Entfernung zum Bahnhof und Bodenbeschaffenheit ausgewählt“, teilt der Konzern mit. Doch das soll nur ein erster Schritt sein.

Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, in den nächsten Jahren bis zu zehn Prozent der Auto-Parkplätze auf seinem Hoheitsgebiet in Fahrradstellplätze umzuwandeln.

Marbach als Teststation

In Marbach wurden die fünf neuen Radboxen auf dem Parkplatz an der Kirchenweinbergstraße aufgereiht. Auf der anderen Seite der Gleise sind schon seit geraumer Zeit Behältnisse für Räder aufgebaut, die von der Stadt betrieben werden. Man wolle diesen Service nun auch „auf der nördlichen Bahnhofsseite anbieten und aus den Erfahrungen in Marbach schlussfolgern, ob und wie die Boxen auch auf Parkeinrichtungen der DB BahnPark an anderen Bahnhöfen stehen könnten“, erklärt eine Konzernsprecherin. Der Zugang erfolge via PIN, die Mindestmietdauer sei vergleichsweise gering, betrage nur drei Monate. Zwei der fünf Boxen seien aktuell belegt.

Nachfrage wegen Corona zuletzt rückläufig

Anders funktioniert das System auf der anderen Seite des Bahnhofs, wo die Stadt seit Längerem 21 Radboxen im Portfolio hat. „Der Vertrag hat eine feste Laufzeit von einem Jahr, verlängert sich nach Ablauf um ein weiteres Jahr, wenn nicht rechtzeitig bis zum 30. September eines Jahres gekündigt wird“, erklärt der Marbacher Bürgermeister Jan Trost. Sämtliche Boxen seien aktuell vermietet, fünf Interessenten befänden sich auf der Warteliste. Vor Corona und dem Homeoffice-Boom sei der Bedarf schon größer gewesen. Man behalte allerdings im Auge, wie sich die Nachfrage entwickelt. „Wenn diese wieder anziehen sollte, ist es sicher sinnvoll, über einen Ausbau zu diskutieren“, erklärt der Marbacher Rathauschef.

Schaffung weiterer Kapazitäten denkbar

Ganz ähnlich beurteilt man das Ganze in Remseck. „Wenn die räumlichen Gegebenheiten es hergeben und die Nachfrage da ist, kann man sicher über einen Ausbau der Kapazitäten nachdenken“, sagt Pressesprecher Philipp Weber. Aktuell könnten Pendler ihre Räder an zwei Stadtbahnhaltestellen in jeweils rund zehn Boxen einschließen, zum einen am Endpunkt in Neckargröningen, zum anderen an der Mühle in Aldingen. „Das wird gut angenommen“, resümiert Weber.

In Benningen hängt es am Parkhaus

Der Benninger Bürgermeister Klaus Warthon würde sicher auch gerne solch ein Fazit ziehen, nur: am Bahnhof der Neckargemeinde schauen sich Radler bislang vergeblich nach einer Möglichkeit um, ihre Bikes sicher verstauen zu können. Das Thema habe klimatechnisch und im Hinblick auf die Ukraine-Krise samt ihrer Folgen eine große Bedeutung, betont Warthon. Man habe aber vor Ort das Problem, mitten in Verhandlungen über die Zukunft des sanierungsbedürftigen Parkhauses zu stecken. „Dort muss eine Lösung zwischen der DB Bahn-Park und der Gemeinde – auch unter Hinzunahme des Verband Region Stuttgart – gefunden werden“, erklärt der Schultes. Würde besagtes Parkhaus auf Vordermann gebracht oder gar neu gebaut, „hätten Fahrradabstellplätze aller Art sicher eine besondere Priorität“.

Nur wenige Flächen kommen infrage

Bis allerdings der gordische Knoten in der Frage durchtrennt und eine „brauchbare und finanzierbare“ Lösung auf dem Tisch liegt, müsse man prüfen, inwieweit Radboxen an anderer Stelle untergebracht werden können. Dabei dürfte das Gesamtkonzept nicht gefährdet werden. „Leider stehen hierzu nicht gerade viele Flächen zur Verfügung“, deutet Warthon an, dass es recht schwer werden könnte, einen Kompromiss zu finden.

Einstieg mit fünf Boxen

In Erdmannhausen hat es indes bislang eher an mangelndem Personal im Rathaus gehapert, das sich der Aufgabe hätte widmen können, sagt Bürgermeister Marcus Kohler. „Wir sehen aber den Bedarf. Das ist ein wichtiges Thema“, erklärt er unter Hinweis auf die Verkehrswende und hohe Benzinpreise. Das habe eine Umfrage zur Mobilität im Ort bestätigt. Diese sei zwar noch nicht komplett ausgewertet, die Tendenz gehe aber dahin, dass Boxen am Bahnhof gewünscht seien. Das soll nun auch zeitnah umgesetzt werden, sagt Kohler. Ziel sei, mit fünf Behältern loszulegen und dann bei Bedarf und wo möglich entsprechend nachzurüsten.

Wie es in der Praxis läuft und wo besonders viele Boxen stehen

Vertrag
 Wer sich für die neuen Radboxen der Bahn in Marbach interessiert, kann sich unter www.meinfahrradambahnhof.de registrieren und einen Vertrag abschließen. Kunden zahlen 15 Euro pro Monat, die Mindestlaufzeit beträgt ein Vierteljahr. Der Zugang erfolgt via PIN.

Per Schlüssel
 Die schon länger bestehenden Boxen auf der anderen Seite der Gleise, direkt beim Bahnhofsgebäude, werden von der Stadt betrieben. Sie lassen sich per Schlüssel öffnen und kosten seit Januar für ein Jahr 60 Euro. Kürzere Vertragslaufzeiten werden nicht angeboten.

Hotspot
Ein Hotspot für Radboxen ist Vaihingen an der Enz. 110 der Behälter gebe es am Bahnhof, die durch 111 modernere ersetzt werden sollen, sagt Pressesprecher Mario Steigleder. Er verweist auf das große Einzugsgebiet des Bahnhofs. Teils kämen Pendler aus Mühlacker