Der Höhepunkt der Pensionierungswelle bei der Polizei in Baden-Württemberg steht erst noch bevor. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Um die Einstellungsoffensive der grün-schwarzen Landesregierung bei der Polizei zu bewältigen, braucht es dringend mehr Ausbilder. Wie die Stuttgarter Nachrichten erfahren haben, sollen jetzt Beamte, die seit 2015 im Ruhestand sind, aushelfen.

Stuttgart - In den Jahren 2018 und 2019 stellt das Land je 1800 neue Polizeianwärter ein. Das sind deutlich mehr als in den vergangenen Jahren. In Wertheim (Main-Tauber-Kreis) und in Herrenberg (Kreis Böblingen) entstehen derzeit zwei neue Polizeischulen. Allerdings fehlen der Polizei Lehrkräfte, um die Auszubildenden auch unterrichten zu können – nach Informationen unserer Zeitung in dreistelliger Zahl.

Die Einstellungen sind jedoch nicht in Gefahr. Zur Not könnte Innenminister Thomas Strobl (CDU) das Problem durch Abordnungen von erfahrenen Beamten lösen. Doch das ist nicht sein Plan. Weil die Pensionierungswelle bei der Polizei erst in den nächsten Jahren ihren Höhepunkt erreichen und die Polizeibasis damit ohnehin schwächen wird, sollen so wenig Polizisten wie möglich aus den Revieren in Ausbildungsstätten abgezogen werden. Strobl will stattdessen Polizeibeamte im gehobenen Dienst, die seit 2015 im Ruhestand sind, dazu bewegen, vorübergehend eine Lehrtätigkeit zu übernehmen. Das geht aus einem internen Rundschreiben seines Ressorts an die Polizeidienststellen hervor, das unserer Zeitung vorliegt.

Demnach werden die zusätzlichen Polizeilehrer an den später insgesamt vier Ausbildungsstandorten in Biberach, Lahr, Wertheim und Herrenberg bis voraussichtlich 2023 benötigt, um die von der grün-schwarzen Landesregierung beschlossene Einstellungsoffensive zu bewältigen.

Für den Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, sind Strobls Bemühungen „das Ergebnis einer jahrelangen politischen Beratungsresistenz“, wie er auf Anfrage unserer Zeitung sagte. Im Zuge der grün-roten Polizeireform 2014 seien Ausbildungsstandorte aufgegeben, Polizeilehrer „teilweise gegen ihren Willen wegversetzt“ worden. „Jetzt könnte man jeden wieder gebrauchen – die Reform war einer der größten Fehler der jüngsten Polizeigeschichte des Landes“, kritisierte Kusterer.