Der Streit um Pegida zieht in der Politik immer weitere Kreise. Foto: dpa

Einfach nur Front machen - oder auch reden? Die Politik streitet über den Umgang mit der „Pegida“-Bewegung. Grünen-Chef Özdemir verlangt Klartext statt „Gesülze“, Altkanzler Schröder ein klares Zeichen von Kanzlerin und Bundespräsident.

Berlin - Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) hat in der Auseinandersetzung mit der Anti-Islam-Bewegung „Pegida“ einen „Aufstand der Anständigen“ gefordert. Unter diesem Schlagwort hatte der damalige Kanzler im Jahr 2000 nach einem Brandanschlag auf eine Düsseldorfer Synagoge zum Protest gegen Rechts aufgerufen.

„In Berlin haben damals 200 000 Menschen gegen Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus protestiert, und selbstverständlich sind Bundespräsident und Bundeskanzler vorneweg marschiert. So eine öffentliche Reaktion brauchen wir auch jetzt“, sagte Schröder im Gespräch mit dem Magazin „Couragiert“.

Zwei Tage vor Heiligabend wollte das „Pegida“-Bündnis am Montagabend in Dresden erneut gegen eine vermeintliche „Überfremdung“ Deutschlands mobilmachen. Die Veranstalter luden zum „gemeinsamen Weihnachtsliedersingen“ vor der Semperoper ein. In Dresden, aber auch in anderen Städten waren Gegenaktionen geplant. Das Bündnis „Dresden Nazifrei“ hatte zu einer Kundgebung auf dem Schlossplatz aufgerufen, das Bündnis „Dresden für Alle“ zum Friedensgebet. Auch in München, Bonn und Kassel hatten Kirchen, Gewerkschaften und Bürgergruppen Gegenkundgebungen organisiert.

Das Bündnis „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ („Pegida“) wendet sich gegen eine angebliche „Überfremdung“ Deutschlands. Experten ordnen Teile der Organisatoren und Demonstranten dem rechtsextremen Spektrum zu. Am vergangenen Montag hatten sich rund 15 000 Menschen an der Demonstration in Dresden beteiligt. Etwa 5650 protestierten dagegen.

Genährt wird die Bewegung nach Ansicht von Sozialforschern von einer diffusen Angst der Demonstranten vor sozialem Abstieg. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte kürzlich vor der Gefahr von Hetze und Fremdenfeindlichkeit, die von „Pegida“ ausgingen. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, wandte sich gleichwohl gegen eine Dämonisierung der Bewegung. „Es gilt, Ängste abzubauen und mit den Menschen auf der Straße ins Gespräch zu kommen. Es bewirkt nichts, wenn wir pauschal diejenigen verteufeln, die da demonstrieren“, sagte der bayerische Landesbischof der „Passauer Neuen Presse“ (Montag). Man müsse sich mit ihnen auseinandersetzten und klarmachen: „Christen sollten alles tun, damit Flüchtlinge gut behandelt werden.“

Nach Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) plädierte auch Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) dafür, sich argumentativ auseinanderzusetzen. „Ausgrenzung hilft hier nicht weiter, das stärkt solche Bewegungen nur“, sagte er der „Bild“-Zeitung (Montag). Es sei Aufgabe der Politik, den Demonstranten klarzumachen, dass es sich bei Asylsuchenden nicht um Fanatiker und Wirtschaftsflüchtlinge handele, sondern um gefolterte, traumatisierte Kriegsopfer.

Grünen-Chef Cem Özdemir wies Forderungen nach einem Dialog scharf zurück. Er halte nichts von „so einer weinerlichen Haltung im Umgang mit „Pegida““, sagte er im RBB. „Klartext ist angesagt und nicht dieses Gesülze, was ich da zum Teil höre von manchen Kollegen von mir.“ Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte in Suhl: „Mit Rassisten in Nadelstreifen haben wir nicht zu reden.“