Der VfB Stuttgart braucht eine stabile Defensive, Schwung aus der Mittelfeldzentrale und kreative Momente. Doch drei Profis, die dafür stehen, geben derzeit Rätsel auf.
Stuttgart - Neuer Trainer, alte Probleme – so lautete das bittere Fazit nach dem 0:4 des VfB Stuttgart gegen Borussia Dortmund. Zwar war nicht damit zu rechnen gewesen, dass ausgerechnet gegen den in Topform spielenden Tabellenführer die Wende gelingt, dennoch sind am Samstag einige Probleme augenscheinlicher geworden, als es Markus Weinzierl lieb sein kann. Von individuellen Fehlern sprach der neue Coach im Anschluss an die Partie. Doch das ist beinahe zu kurz gedacht – gibt es bei manch einem VfB-Profi doch auch anhaltende individuelle Probleme. Teilweise wirken sie unerklärlich – umso schwerer wiegen die drei größten Fragezeichen beim VfB Stuttgart.
Wo ist die Form des Weltmeisters hin?
„Das passiert ihm sonst nie“, sagte Michael Reschke am Samstag über den schlimmen Patzer von Benjamin Pavard, den der Sportvorstand des VfB sonst gerne als „die Zuverlässigkeit in Person“ sieht. Doch als solche trat der Franzose zuletzt zu selten auf. Zwar war der verheerende Fehlpass vom Samstag, der das Dortmunder 3:0 ermöglichte, sein erster großer Patzer, Pavard allerdings strahlt generell nicht mehr die Sicherheit aus, die ihn in der vergangenen Saison zum Stammspieler in der französischen Nationalmannschaft und Weltmeister gemacht hat. Beim 3:3 in Freiburg zum Beispiel begleitete er SC-Torschütze Luca Waldschmidt bis zu dessen Abschluss. Den Entwicklungsschritt zum absoluten Führungsspieler ist Pavard also noch nicht gegangen – auch nicht in Sachen Außenwirkung. Abseits des Platzes tritt er nur noch nur in seiner Heimat öffentlich auf. Dabei hat der VfB in der Sommerpause viel unternommen, um Pavard noch ein Jahr in Stuttgart zu halten – neben den sportlichen Aspekten wohl auch, um sich mit einem von nur zwei Weltmeistern in der Liga (neben Corentin Tolisso vom FC Bayern) schmücken zu können. „Dieser Club ist eine Familie, das ist es, was ich brauche“, sagte Pavard jüngt in einem TV-Interview in seiner Heimat, „ich bin sehr glücklich.“ Zuletzt wirkte der Innenverteidiger aber ein wenig überspielt.
In der vergangenen Saison hat er für den VfB alle Partien in der Bundesliga gemacht, dazu kamen Länderspiele. Es folgte die Weltmeisterschaft – auch da war der 22-Jährige ein Dauerbrenner. Auch in dieser Saison hat er bereits wieder alle Partien bestritten – auch, weil eine Rotation in der Abwehr zuletzt kaum möglich war. Holger Badstuber hatte zu Saisonbeginn gepatzt und war außer Form, Marc Oliver Kempf ist seit Wochen verletzt, Marcin Kaminski spielt in Düsseldorf.
Warum kommt Gonzalo Castro nicht in Fahrt?
Für die nun laufende Saison sucht der VfB im Sommer nach einem spielstarken Mann für die Defensivzentrale im Mittelfeld – in Gonzalo Castro schien er gefunden. Vor allem in den Jahren, die der heute 31-Jährige bei Bayer Leverkusen verbrachte, war der Wuppertaler mit den spanischen Wurzeln dafür bekannt, ein Spiel gestalten und Torgefahr ausstrahlen zu können. Beides war in Stuttgart bislang kaum zu sehen, auch sein Treffer zum 2:1 gegen Werder Bremen war im Rückblick keine Initialzündung. Im Gegenteil.
Am vergangenen Samstag stellten sich nach der Partie des VfB gegen den BVB (Castros Ex-Club) sogar Fragen nach der Einsatzbereitschaft des Routiniers (365 Bundesligaspiele). Direkt vor dem 0:1 der Dortmunder wirkte es nicht unbedingt, als hätte Castro große Lust auf ein Sprintduell mit BVB-Kapitän Marco Reus. Darauf angesprochen, wich Michael Reschke, der Castro seit Jahren kennt und ihn als Führungsfigur zum VfB geholt hat, aus und meinte nur: „Es sind alle gut beraten, sich Santiago Ascacibar als Vorbild zu nehmen.“ Der 21-jährige Argentinier, seit kurzem Nationalspieler, gehe „mit Herz voran“. Nebenmann Gonzalo Castro dagegen scheint nach wie vor nicht richtig in Stuttgart angekommen zu sein. Das weiß er auch. Schon vor dem Duell mit dem BVB sagte er der „Bild“: „Das, was ich bisher gezeigt habe, ist definitiv nicht mein Anspruch. Es gab ein paar ganz ordentliche Phasen, das Tor gegen Bremen war sehr wichtig. Aber insgesamt war es doch sehr durchwachsen.“ Umso erstaunlicher sein Auftritt am Samstag – der aber ins aktuelle Bild passte. Nur einmal durfte Castro in der Bundesliga für den VfB durchspielen, dreimal wurde er schon zur Pause wieder ausgewechselt, einmal gar nicht erst eingewechselt.
Wann wird Daniel Didavi wieder fit?
Eigentlich schien die Leidenszeit beendet. Am 29. September feierte der Spielmacher ein Comeback beim 2:1-Sieg gegen Werder. Die Schleimbeutelentzündung an der Achillessehne schmerzte zwar noch, aber Didavi hielt durch und stand auch eine Woche später in Hannover in der Startelf. Seitdem allerdings war an mehr als an Lauftraining wieder nicht zu denken, ob der 28-Jährige am Samstag (18.30 Uhr) in Hoffenheim auflaufen kann, ist äußerst fraglich. Die Entscheidung darüber, sagte am Sonntag Trainer Markus Weinzierl, liege bei den Ärzten.
Die hatten sich Didavi auch im Sommer vor dessen Rückkehr nach Stuttgart ganz genau angeschaut – schließlich kennt man beim VfB die Verletzungshistorie des Nürtingers. Zwei Knorpelschaden im Knie stoppten einst beinahe dessen Karriere. In Stuttgart angekommen verwies Didavi aber auf „über 80 Spiele in den vergangenen drei Jahren“ und versicherte, keine Probleme mehr zu haben. Tatsächlich macht das einst lädierte Knie keine Probleme. Die Blessur an der linken Achillessehne aber brachte Didavi schon mit nach Stuttgart, wegen der Schmerzen hatte er die Relegationsspiele der vergangenen Saison mit dem VfL Wolfsburg verpasst. Was besonders bitter ist: Selbst, wenn die Schmerzen abgeklungen sind, ist Didavi nach Wochen des dosierten Trainings noch lange nicht topfit.
Sehen Sie im Video ein Kommentar zur Niederlage des VfB gegen Dortmund: