Paul Zipser stammt aus Heidelberg und geht in seine zweite Saison bei den Chicago BUlls. Foto: GETTY IMAGES NORTH AMERICA

Der deutsche Basketballer Paul Zipser von den Chicago Bulls spricht zum NBA-Saisonstart über die Vereinslegende Michael Jordan und seinen Nachbarn Bastian Schweinsteiger.

Heidelberg - Heidelberg ist seine Heimat. Dort hat der Basketballer Paul Zipser von den Chicago Bulls auch in diesem Sommer einige Zeit verbracht und am Olympiastützpunkt Rhein-Neckar trainiert – fern der Glitzer- und Glamourwelt NBA. „Wenn man die Gehälter in Relation zu so gut wie sonst fast allen Jobs auf der Welt sieht, ist das schon nicht wirklich gerechtfertigt“, sagt der 23-Jährige.

Herr Zipser, wie froh sind Sie, nicht mehr unsichtbar zu sein?
Nicht mehr unsichtbar zu sein?
Sie sind als defensivstarker Spieler mit vergleichsweise überschaubarer Punkteausbeute lange Zeit ein bisschen unter dem Radar geflogen, eine Karriere in der US-Profiliga NBA schien nicht unbedingt greifbar. Jetzt haben Sie den Sprung in die beste Liga der Welt geschafft und haben sich in Chicago einen festen Platz erkämpft.
Ich würde sagen mein Spielstil ist einer, der nicht unbedingt nach Highlights, Highlights, Highlights strebt oder danach, immer den Ball in der Hand zu haben. Deshalb falle ich im Spiel vielleicht weniger auf für die Zuschauer. Die Dinge, die ich sehr gut mache, sind oft kleine Sachen, die man halt nicht direkt sieht. Ich bin ein ganz guter Werfer und ein ganz guter Athlet – für die Liga jetzt nicht überdurchschnittlich, aber ich überlebe im NBA-Alltag. Ich habe mich diesen Sommer gut vorbereitet und denke, dass ich diese Saison noch mehr machen kann und dann noch etwas sichtbarer bin.
Was sind die größten Unterschiede zwischen der Bundesliga und der NBA?
Die Unterschiede zwischen Amerika und Deutschland sind die Athletik, Schnelligkeit und ein bisschen anderes Denken im Sport. Jeder Spieler in der NBA hat seine Qualität. Viele Spieler sind die besten auf der Welt, in dem, was sie machen: Ob das die besten Werfer, besten Athleten, besten Verteidiger oder die klügsten Spieler sind, die versammeln sich alle in einer Liga.
Wo ist Ihr Segment – Ihnen wird ja beispielsweise ein hoher Basketball-IQ attestiert?
Ich denke, bei mir oder auch vielen anderen ist es eine Mischung. Da gibt es nicht superviele, die das ganze Tablett mitbringen. Ich bin nicht der beste Athlet oder der klügste Spieler auf dem Feld oder der beste Werfer, arbeite aber jeden Tag daran, um da hinzukommen. Die ganze Führungsriege und das ganze Trainerteam in Chicago mag meinen Spielstil und plant mit mir. Damit will ich mich aber nicht zufriedengeben, sondern weiter besser werden.
Dirk Nowitzki und Dennis Schröder waren schon vor Ihnen da, jetzt sind noch Maximilian Kleber und Daniel Theis hinzugekommen – die NBA spricht plötzlich Deutsch. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung?
Dirk ist nochmal eine ganz andere Geschichte. Er ist nochmal ein paar Jahre mehr als wir alle zusammen in der Liga. Aber wenn man mal mit Dennis anfängt: Ich weiß nicht, ob es an der neuen Struktur im deutschen Basketball liegt, aber ich habe das Gefühl, dass die ganzen neuen Ligen, auch die Jugendligen, samt Quotenregelungen damit etwas zu tun haben. Die Heidelberger waren gezwungen, mir Spielzeit zu geben. Der Jahrgang 1992 ist sowieso ein besonders starker: Ich war nicht überrascht, dass gerade diese zwei (Kleber und Theis, Anm. d. Red.) jetzt eine Chance in der NBA bekommen. Ich bin überzeugt, dass beide da auch hingehören.
Sie haben auf die Teilnahme an der Basketball-Europameisterschaft im September verzichtet. Das hat Ihnen Kritik eingebracht. Wie gehen Sie damit um?
Klar gibt’s Kritik, wenn man so ein Turnier absagt. Aber das ist nicht das erste und nicht das letzte Mal, dass ich Kritik bekomme für irgendeine Entscheidung, die ich fälle. Ungefähr zu jeder Entscheidung hat jeder seine Meinung dazu, wenn man im öffentlichen Leben sein Geld verdient und jeden Tag ein bisschen beobachtet wird. Da gebe ich eigentlich nicht so viel drauf. Man muss wissen, worauf man wann den Fokus legt. Ich bin jetzt ein Jahr in den USA und habe mir einen Platz erkämpft, aber mit jeder Entscheidung, die man fällt, kann man den Platz vielleicht auch mal verlieren. Es gibt viele Beispiele in der Vergangenheit.