Unsere Autorin Berit Krause wehrt mit dem Polster einen Angreifer ab. Zimperlich darf man bei dem Kampfsport nicht sein. Foto: Horst Dömötör

Unsere Mitarbeiterin Berit Krause hat sich angeschaut, was sich hinter Krav Maga verbirgt.

Pattonville - Als ich an diesem Abend die Sporthalle der Grundschule Pattonville betrete, bin ich doch ein wenig aufgeregt. Mich erwartet ein Probetraining in Krav Maga. Seit kurzem bieten Alexander Kristen, Benjamin Fohrer und Patrick Eberle dieses auf höchste Effizienz ausgelegte Selbstverteidigungssystem beim SV Pattonville an. Und obwohl ich mich vorab schon mit den dreien unterhalten habe, bin ich ein bisschen unsicher, was auf mich zukommen wird – und ob ich das alles auch hinkriege . . .

Nach einer Aufwärmübung und einem Fitnessblock wird es dann ernst: Der wirkliche Krav-Maga-Teil beginnt. Heute geht es um die Technik der „Doppeldeckung“, die dazu dient, den Kopf mit den Armen vor Verletzungen zu schützen – denn der Kopf ist das wichtigste, wie alle drei Trainer immer wieder betonen. Ich muss ein bisschen ausprobieren, bis ich verstehe, wie das funktioniert – obwohl es eigentlich so einfach aussieht. Diese Haltung ist aber nicht nur Schutz, man kann sich damit auch gegen Angreifer – im Krav Maga nennt man sie Aggressoren - zur Wehr setzen. Und zwar, indem man sie Kopf voraus rammt, mit dem spitzen Ellenbogen gegen die Schulter, den Aggressor dann packt und zu Boden bringt. Genau das üben wir in den nächsten Minuten, immer zusammen mit einem Partner.

Die Sache mit den Instinkten

Die Komplexität der Übungen wird langsam gesteigert. Ich brauche eine Weile, bis ich mich zurecht gefunden habe. Schon alleine die Augen beim Kontakt mit dem Aggressor nicht instinktiv zusammen zu kneifen, ist überraschend schwer. Außerdem kostet es mich anfangs ziemlich Überwindung, jemanden anzugreifen, der mir gar nichts getan hat. Doch mit jedem Mal gelingt mir das besser.

Im Krav Maga, lerne ich, geht es genau darum, diese Hemmung abzubauen. Allerdings eben nur, wenn es sich um die eigene Verteidigung handelt. Doppeldeckung und Gegenangriff sind deshalb erst der zweite Schritt. Erstes Mittel der Wahl gegen einen Aggressor ist immer die verbale Abwehr, wie Alex demonstriert: Mit erhobenen Händen weicht er vor dem Angreifer – im Training ist das einer der Teilnehmer – zurück und ruft laut: „Gehen Sie weg! Lassen Sie mich in Ruhe!“ Das helfe oft schon, damit es sich ein Aggressor anders überlege. Und Patrick betont: „Ein vermiedener Kampf ist ein gewonnener Kampf.“ Aus Spaß an Gewalt kommt keiner der Teilnehmer ins Training, sondern im Gegenteil, weil sie sich vor Gewalt schützen wollen, sei es, weil sie beruflich bei der Polizei oder Justiz arbeiten, oder selbst schon Opfer von Gewalt geworden sind. Dieses Prinzip ist wohl auch der Grund, warum ich mich schon nach kurzer Zeit sehr wohl und angekommen fühle.

Auch wenn natürlich alle hoffen, dass es nie dazu kommen wird: Es gibt Situationen, in denen die rein verbale Abwehr nicht mehr funktioniert. Genau solche Stresssituationen werden im Training simuliert, damit man lernt, wie man dann reagiert.

Anerkennende Worte

Dafür knie ich mich auf ein Schlagpolster auf dem Boden und fange an, darauf einzuschlagen, während mein Trainingspartner mich von hinten mit schaumstoffgepolsterten Handschuhen schlägt. Ich glaube, er nimmt Rücksicht auf mich, es sind doch eher Klapse. Dann pfeift Alex, ich stelle mich hin, schließe die Augen, und als er wieder pfeift, drehe ich mich um, um nach meinem Aggressor zu suchen. Jetzt kommt der Zeitpunkt, wo ich meine neu gelernten Taktiken anwende: Doppeldeckung, Angriff, zu Boden bringen. Das Ganze wiederholen wir vier Mal, und am Ende bin ich doch ganz stolz, dass es funktioniert, und noch stolzer, als ich anerkennendes Lob sowohl von meinem Trainingspartner als auch von den Trainern bekomme. Und als ich am Ende der Stunde von den anderen gefragt werde, ob ich nächstes Mal wieder komme, finde ich es wirklich sehr schade, dass ich nur für die Zeitung dabei war.

Herkunft
  Krav Maga ist ein modernes Selbstverteidigungssystem, das unter anderem auch vom israelischen Militär genutzt wird. Im Gegensatz zum klassischen Kampfsport ist es nicht auf Wettkämpfe, sondern auf den tatsächlichen Einsatz in Gefahrensituationen im Alltag ausgerichtet. Trainingsinhalte sind unter anderem verschiedene Tritt- und Schlagtechniken oder die Abwehr von mehreren oder bewaffneten Gegnern.

SV Pattonville
Michael Uhse, Vorstand beim SVP, war sofort überzeugt von dem Konzept, das Selbstverteidigung mit Fitnesselementen verbindet. Die Trainingszeiten in der Sporthalle der Grundschule Pattonville sind Dienstag und Donnertag, 20.30 bis 22 Uhr. Interessierte ab 18 Jahren können unter buero@sv-pattonville.de Kontakt aufnehmen. In drei Probetrainings lernen Trainees und Trainer einander kennen.