Tauschten sich über den Schulalltag in Pattonville aus: Lehrer, Gewerkschafter, Eltern und Vertreter der Kommunalpolitik. Foto: Werner Waldner

Vertreter der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften waren in Pattonville zu Gast.

Pattonville - Die Gäste gerieten ins Schwärmen. Doro Moritz, Landesvorsitzende der GEW, freute sich am Donnerstag über wache, aktive, wissbegierige Kinder, über Lehrer, die die Jungen und Mädchen ermutigen, die ihnen etwas zutrauen. Gustav Bohnert, FDP-Stadtrat aus Remseck, war begeistert von der hohen Disziplin, von Kindern, die sich selbst organisieren. Der Elternbeiratsvorsitzende Marcel Schöll staunte über die „unheimliche Ruhe“. Es sei für ihn „absolut faszinierend“ gewesen, wie leise es in den Klassenzimmern ist. Das sei eine „Wohlfühloase, in der man gut lernen kann“.

Einen Vormittag lang hatten die Vertreter der Gewerkschaft, der Remsecker Kommunalpolitik, der Elternvertretung und des Fördervereins in der Schule hospitiert, hatten sich den Unterricht angeschaut, mit den Jungen und Mädchen gesprochen und waren sichtlich angetan von der Grundschule in Pattonville, in der zwei Jahrgänge immer gemeinsam unterrichtet werden, in der die Kinder in Ateliers forschen, in der es Klassenräte und Schulfernsehen gibt. Hier sei angstfreies Lernen möglich, lobte Doro Moritz. Die Schule gehe auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der einzelnen Kinder ein und betrachte Heterogenität nicht als Problem, sondern nutze sie.

Die Grundschule Pattonville, ein Hort der Glückseligkeit? Für die Kinder ja, so hoffen die Lehrerinnen und Lehrer, die an der John-F.-Kennedy-Allee unterrichten. Aber sie selbst sind mit den Umständen, unter denen sie arbeiten, nicht glücklich, wie die Diskussion zeigte, die sich dem Rundgang durch die Schule anschloss. Probleme gibt es viele:• keine zusätzlichen Kräfte, wenn Lehrer krankheitsbedingt ausfallen: In den vergangenen Monaten seien vier Lehrkräfte langfristig ausgefallen. Aber erst nach drei Monaten habe es dafür Aushilfen gegeben, berichtet Schulleiterin Ulrike Schiller. Die Kinder werden gleichwohl, weil’s überhaupt nicht erlaubt ist, nicht nach Hause geschickt. Das Kollegium fängt die Mehrarbeit auf. • die Bezahlung: Grundschullehrer werden durch die Bank schlechter bezahlt als die Pädagogen an weiterführenden Schulen. Warum eigentlich?, fragen sie sich. „Es kann nicht sein, dass die Arbeit mit kleineren Kindern schlechter bezahlt wird“, sagt Doro Moritz. • die Schüler-Lehrer-Relation: In keinem Bundesland, so berichten die GEW-Vertreter, sei das Verhältnis schlechter. • kaum Entlastung für die Schulleitungen: Ulrike Schiller hat nur noch wenig Verständnis dafür, was alles von einer Schulleitung an bürokratischer Arbeit verlangt wird. „Die Verwaltung“, sagt sie, „hat der Realität und Wirklichkeit zu dienen und sie hat nicht Arbeit zu erzeugen.“• der Bildungsplan: Dass von außen bestimmt wird, was in den Schulen zu passieren hat, das verstehen die Lehrerinnen und Lehrer nur bedingt. Es werde in der Öffentlichkeit immer wieder der Eindruck erweckt, als ob die Schulen mit falschen Methoden – zum Beispiel beim Erlernen des Schreibens – arbeiten würden. Die Pädagogen betonen: „Wir arbeiten professionell.“ • der Schulübergang: Dass die weiterführenden Schulen nicht jahrgangsübergreifend arbeiten und lieber homogene als heterogene Klassen haben, bedauern die Lehrer der Grundschule Pattonville. „Das gibt’s nirgends, dass das individuelle Lernen so weitergeführt wird wie bei uns“, bedauerte eine Lehrerin. Eine Kollegin berichtete, dass ihre Tochter, die auch die Grundschule in Pattonville besucht habe, beim Übergang aufs Gymnasium „teilweise den Spaß am Lernen“ verloren habe. Aber das Selbstbewusstsein sei ihr geblieben. „Wir rackern uns ab, aber nach der vierten Klasse fallen sie in ein Loch“, meinte eine Lehrerin. Den Kindern werde in Pattonville aber ein gutes Fundament gegeben, lobte eine Vertreterin des Fördervereins.

Viel Kritik an den Umständen der Arbeit der Lehrer, gleichwohl aber jede Menge Lob und Anerkennung für die Arbeit, die in der alten Schule der amerikanischen Streitkräfte – sie wird in den kommenden Jahren durch einen Neubau ersetzt – geleistet wird. Wie passt das zusammen? Weil, sagt Rektorin Ulrike Schiller, sich alle über Maßen engagieren würden und weil das Kollegium an einem Strang ziehe. Weil man das Lehrerdasein nicht nur als Beruf, sondern auch als Berufung sehe, so eine Lehrerin. Und, ergänzt ihre Kollegin, „weil wir Kinder mögen.“