Die Bahnhofstraße 14 bis 18 (mit der Glaskuppel) ist das zentrale Gebäude im Bahnhofsviertel. Darunter befindet sich das Parkhaus, das ebenfalls keine Augenweide ist. Foto: z

Im Quartier zwischen Bahnhof-/Eisenbahn- und König-Karl-Straße herrscht großer Handlungsbedarf. Es gibt Hoffnung auf Verbesserungen.

Bad Cannstatt - Sowohl Kommunalpolitik als auch Stadtverwaltung sind sich einig: Im Quartier zwischen Bahnhof-/Eisenbahn- und König-Karl-Straße herrscht Handlungsbedarf; und zwar ein großer. Ausdruck fand diese Erkenntnis in der Beschlussvorlage „Stadtteilzentren konkret – Handlungskonzepte für lebendige Stadtteilzentren“. Das 140 Seiten starke Werk wurde vor einem Jahr vom Gemeinderat auf den Weg gebracht. Das Gutachterbüro Accocella Stadt- und Regionalentwicklung hat für sechs Stadtteilzentren – darunter Bad Cannstatt und Untertürkheim – gemeinsam mit Experten vor Ort Konzepte entwickelt, wie den zunehmenden Trading-Down-Effekten entgegengewirkt werden kann.

Und die sind laut der Expertise in Bad Cannstatt im Bahnhofsquartier besonders ausgeprägt. „Auffällig ist der hohe Anteil an Spielhallen, Wettbüros, Imbissbetrieben und Internetcafés“, heißt es in der Beschlussvorlage. Als dringende Maßnahmen werden vorgeschlagen, unter anderem auch die Bahnhofstraße umzugestalten. Zudem soll die Stadt Gespräche mit Gebäudebesitzern wegen Sanierungsmaßnahmen oder eventueller Verkaufsabsichten aufnehmen. „Das Bahnhofsviertel sollte zu einem Schwerpunkt für Dienstleistungen, Hotels sowie öffentlichen und kulturellen Nutzungen entwickelt werden“, so das Fazit der Gutachter.

Vorkaufsrecht

Was das Thema Gebäudekauf angeht, so will die Stadt in der Bahnhofstraße Nägel mit Köpfen machen, denn dem Vernehmen nach will sie die Schwaben-Bräu-Passage (Bahnhofstraße 14 bis 18) erwerben. Allerdings gibt es – genau wie beim Liebfrauenheim im Seelberg – ein Problem: Obwohl die Stadt für die Bahnhofstraße 14 bis 18 ein Vorkaufsrecht besitzt, hat der Eigentümer an einen Dritten verkauft. Das Liegenschaftsamt hat natürlich interveniert. In den kommenden Monaten sind jetzt wieder die Rathaus-Juristen gefragt.

Dennoch ist das Kaufvorhaben der Stadt ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung, was eine Quartiersverbesserung – zumindest in der Bahnhofstraße – angeht. Hier sorgen zwar etliche Lokale zumindest in den Sommermonaten noch für Leben in der Fußgängerzone. Blickt man dort jedoch „hinter die Kulissen“ und wagt sich in die Schwaben-Bräu-Passage, so zeigt sich Bad Cannstatt von seiner städtebaulichen Schattenseite. Dunkel und schmuddelig, ohne Leben, dafür mit viel Dreck und kaputten Scheiben, ein richtiger Ort zum Fürchten. Immerhin, in die oberen Etagen gelangt man mit einem Aufzug – wenn er denn funktionieren würde.

Metallstacheln zur Taubenabwehr

Doch wer sich die Mühe macht und die Wendeltreppe bis unters Dach erklimmt, der stellt sich unweigerlich die Frage: Welcher Architekt hat sich diese Konstruktion einfallen lassen? Die einzigen, die sich in dem Bau aus den 1980er-Jahren wohlgefühlt hatten, waren offenbar Vögel. Nicht nur Netze sind zwischen den einzelnen Stockwerken gespannt, auch zieren sämtliche Fenstersimse und Mauervorsprünge spitze Metallstacheln zur Taubenabwehr.

Wann die Stadt das geschichtsträchtige Gebäudeensemble – hier waren unter anderem die Schwaben-Lichtspiele beheimatet – kauft, steht noch nicht fest. Dennoch sind die Gewerbetreibenden in der Bahnhofstraße froh über diese Entwicklung. Barbara Hoffmann, Apothekerin und stellvertretende Vorsitzende des Gewerbe- und Handelsvereins, bewertet diese städtebauliche Chance positiv, hofft jedoch, dass bereits in absehbarer Zeit eine erste Maßnahme realisiert wird. „Unsere Fußgängerzone benötigt dringend einen neuen Belag“, so die Apothekerin. Der ist im Lauf der Jahre zu einer bösen Stolperfalle – vor allem im Herbst – geworden. Denn wenn Laub auf den roten Steinen liegt und es zudem regnet, wird es rutschig wie auf einer Eisfläche.