Das Alte Schloss bietet eine traumhafte Kulisse für die Jazz Open, die erstmals im September unter ungewohnten Bedingungen stattfinden. Foto:  

Im Testzelt der Jazz Open ist wenig los – die meisten kommen geimpft. Das Alte Schloss, traumhaft beleuchtet, bebt vor Freude – beim fulminanten Comeback der guten Laune. „Die Leute gieren nach Live-Erlebnissen“, freut sich Veranstalter Jürgen Schlensog.

Stuttgart - Zum Ende eines Powerkonzerts, von den Soul Diamonds XXL in unbändiger Partylaune und mit Vollgas am Freitagabend gespielt, gibt’s im gesamten Innenhof sowie auf den Emporen des Alten Schlosses wohl nur noch einen, der nicht rumhüpft und mitschwingt: Herzog Eberhard I. ist’s, der einen schweren Stand hat – als Teil eines Reiterstandbilds. „Ist das geil“, schwärmt ein junger Besucher, der endlich mal wieder tanzen kann. Seit 17 Monaten war er in keinem Club mehr. Zum Auftakt der Jazz Open im historischen Gemäuer fühlt er sich im Lichterglanz „wie in einem Freiluft-Club“. Live ist, wenn man trotzdem jazzt und rockt.

Der Mut des Veranstalters wird bereits am ersten Abend belohnt

Promoter Jürgen Schlensog strahlt. Sein Mut, ein Festival in schwierigen und finanziell riskanten Zeiten auf die Beine zu stellen, wird bereits am ersten Abend belohnt. Mit Verspätung kann er das Konzert mit regionalen Spitzenmusikern in traumhafter Kulisse eröffnen, weil die Schlange vor dem Eingang Zeit braucht, um mit ihrem Ende in den Schlosshof zu gelangen. Ohne Murren stehen die Leute draußen, warten bis sie dran sind, einen von drei Gs vorzuweisen für den Einlass. Gewissenhaft wird kontrolliert. Zeitweise reicht die Schlange bis zum Karlsplatz.

Keine Schlange gibt’s dagegen vor dem Corona-Testzelt der Jazz Open am Alten Schloss. So gut wie niemand muss sich testen lassen. Nach den ersten Schätzungen am Eingang sind weit über 80 Prozent der Festivalbesucherinnen und -besucher bereits vollständig geimpft – also weit mehr als der Durchschnitt der Bevölkerung.

Amy MacDonald hatte Tränen in den Augen

Nicht nur das Publikum freut sich, das verschiedenen Generationen angehört, auch die Künstlerinnen und Künstler sind happy. ,,Amy MacDonald schrieb uns, sie hatte Tränen in den Augen, als sie unsere Anfrage las, bei den Jazz Open aufzutreten“, berichtet Jürgen Schlensog. Die Sängerin habe gesagt, es sei ihre erste Anfrage nach anderthalb Jahren gewesen.

Von den etwa 1200 Besucherinnen und Besucher (damit ist der Auftakt so gut wie ausverkauft) haben etwa 120 das sogenannte Business-Ticket gebucht. Damit dürfen sie in den Catering-Bereich, auf die überdachten Emporen und können sich am Büfett bedienen. „Wir haben solange keine Konzerte mehr besuchen können“, sagt ein Gast im VIP-Bereich, „da sind doch 140 Euro fürs Business-Ticket mit Essen, Trinken, separatem Eingang und Logenplatz nicht zu viel.“ Obendrein sei die Stimmung „fantastisch“, und man erlebe emotionale Konzertmomente nach dem langen Lockdown „noch viel intensiver“.

Wirt Marcel Benz aus Köngen löst Michael Wilhelmer ab

Erstmals ist für die Bewirtung der Logengäste und des gesamten Publikums Marcel Benz verantwortlich, Spross der Wirtsfamilie im Hotel-Restaurant Schwanen in Köngen. „Die Logistik ist die größte Herausforderung“, sagt er. Seine Leute kochen in einem Zelt auf dem Schlossplatz und liefern die Gerichte sodann ins Alte Schloss. Benz hört viel Lob am ersten Abend. Der 42-Jährige löst den Stuttgarter Gastronomen Michael Wilhelmer ab, der nach über 20 Jahren als Caterer der Jazz Open aufgehört hat. Als Grund nennt dieser „allein private Meinungsverschiedenheiten“ mit dem Veranstalter. An seiner gastronomischen Qualität liege es jedenfalls nicht.

Kraftvoll begeistert die 14-köpfige Band Soul Diamonds XXL das Publikum mit Hits aus Soul, Funk und Disco. Etliche Tänzerinnen und Tänzer werden an diesem Abend beim fulminanten Comeback der guten Laune beschlossen haben, noch öfter zu den Jazz Open in einem Jahr zu gehen, das schwierig ist, aber doch nicht freudlos. Bis zum 19. September finden insgesamt 18 Konzerte auf zwei Open-Air-Bühnen statt. Unter den Künstlerinnen und Künstler sind Stars wie Parov Stelar, Katie Melua, Chilly Gonzales und Oasis-Legende Liam Gallagher. Es gibt noch Karten an den Abendkassen.