Auch Partneragenturen können nicht garantieren, dass man sein Herzblatt trifft Foto: roxcon / Fotolia

Partnervermittlungen helfen bei der Suche nach einem Partner – doch nicht immer so, wie die Kunden sich dies vorstellen. Die folgenden Beispiele zeigen, warum sich Seniorinnen auf Partnersuche betrogen fühlen – und wieso die Agenturen dennoch nicht automatisch rechtswidrig handeln.

Stuttgart - Es sind die lachenden Augen, die Ruth Schindler* nicht mehr aus dem Kopf gehen. Humor wird der pensionierte Kinderchirurg haben, denkt die Witwe. Sie malt sich aus, wie er sie ins Theater und ins Museum begleiten wird. Ein wenig aufgeregt greift die 71-Jährige schließlich zum Telefonhörer und wählt die Nummer, die unter der Partnerschaftsanzeige steht.

Es tutet mehrmals, dann meldet sich eine Männerstimme. „Ich bin von der Partneragentur ,Glückliche Senioren*’. Gern lernen wir Sie bei einem Hausbesuch näher kennen und stellen den Kontakt zum Kinderchirurgen her.“ Eigentlich will Ruth Schindler keine Partneragentur und keinen Hausbesuch. Aber sie will den Kinderchirurgen und deshalb sitzt wenige Tage später eine Mitarbeiterin der Agentur in ihrem Wohnzimmer.

Schindler erzählt von ihren Hobbys und dass sie gläubige Christin sei. Die Mitarbeiterin schwärmte vom Kinderchirurgen, der prima zu ihr passe. Dann legt sie einen Vertrag über 3800 Euro auf den Tisch und sagt: „Schon nächste Woche können sie den Mann treffen.“ Neben dem Vertrag müsse sie dafür nur noch unterschreiben, dass sie auf ihr 14-tägiges Widerrufsrecht verzichte. Andernfalls sei ein Treffen erst nach Ablauf von zwei Wochen möglich. Ruth Schindler denkt an die lachenden Augen und unterschreibt.

Die Kundin glaubt, der Mann aus der Anzeige ist nur ein erfundener Lockvogel

„Wie dumm das war, habe ich erst einige Wochen später gemerkt.“ Denn den Kinderchirurgen hat sie bis heute nicht getroffen. Nach Angaben der Agentur ist er „in dringenden Familienangelegenheiten unterwegs“. Ein Richter und ein HNO-Arzt, deren Anzeigen Schindler ebenfalls gefielen, passten der Agentur zufolge als Zeugen Jehovas oder Raucher nicht zur ihr.

„Langsam wurde mir klar, dass diese Herren gar nicht existieren“, sagt Schindler. „Für die Anzeigen werden gebildete Lockvögel erfunden. Angerufen haben bei mir nur Männer, die weder Akademiker sind, noch zu meiner niveauvollen Freizeitgestaltung passen. Beides aber hat mir die Agentur im Gespräch zugesichert.“ Schindler schaltet einen Anwalt ein.

Dunja Richter von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg kennt solche Geschichten von Partnervermittlungen. „Lockvogel-Anzeigen zu benutzen, ist irreführend und deshalb eine unlautere Werbemethode.“ Gerichtsprozesse zu solchen Fällen gab es schon. „Das Problem ist, dass der beworbene Lockvogel dort plötzlich auftaucht und behauptet, an der Person kein Interesse gehabt zu haben. Es ist schwer, das Gegenteil zu beweisen.“

Die Agentur sagt: „Wir vermitteln keine Friedhofsadressen“

Ein Anruf bei der Agentur „Glückliche Senioren“ reicht, um diese Vermutung zu bestätigen. Der Geschäftsführer Thomas Polz* erklärt, dass er „keine Friedhofsadressen“, vermittle. „Die Menschen existieren natürlich. Aber wenn sich für einen Herrn 50 Interessentinnen melden, kann nicht jede mit ihm Kontakt aufnehmen. Unsere Aufgabe ist es, die passenden Partner auszuwählen“

Rechtlich hat sich die Agentur in diesem Punkt mit folgendem Satz in den Verträgen abgesichert. „Eine Zusage betreffs der Vermittlung mit einer bestimmten Person kann seitens der Firma nicht gegeben werden.“ Vereinbart wird lediglich, dass der Mandant „bis zu zehn Vorschlägen zur eigenständigen Kontaktanbahnung erhält“. Von Akademikern ist nicht die Rede. Diesen Wunsch hat Ruth Schindler nur mündlich geäußert.

Dann erzählt Thomas Polz, wie schwierig es sei, passende Partnerschaften zu vermitteln. „Die Frauen lügen bei den Angaben von Gewicht und Alter. die Männer beim Gesundheitszustand.“ Wenn der charmante Richter aus der Anzeige eine Frau bis 60 suche, passe die 80-Jährige eben nicht dazu – weshalb ihr im Gespräch dann ein anderer Partner vorgeschlagen werde. „Das wollen einige Kundinnen aber nicht wahrhaben. Sie sind sehr fixiert auf den einen Mann aus der Anzeige. Sie denken, mit dem gezahlten Geld haben sie sich eine glückliche Partnerschaft mit ihm gekauft.“

Die Kundin stellt der Agentur eine Falle

Ruth Schindler gibt sich damit nicht zufrieden. Sie bittet eine Freundin, bei den „Glücklichen Senioren“ anzurufen. Sie soll sich nach dem Mann erkundigen, der für die Christin Schindler nicht in Frage kam, weil er angeblich den Zeugen Jehovas angehöre. Die Mitarbeiterin aus der Agentur kommt zu der Freundin nach Hause. Schindler sitzt im Nebenzimmer und hört, wie sie von dem Mann schwärmt, der wegen seines evangelischen Glaubens prima zur Freundin passe.

Schindler konfrontiert den Geschäftsführer damit. Zwei Tage später hat sie eine Schadensersatzforderung im Briefkasten. Sie soll die Arbeitszeit der Mitarbeiterin und die Fahrkosten in Höhe von 273 Euro zahlen.

Doch Ruth Schindler ist noch immer der Meinung, „da muss etwas unternommen werden“. Also greift sie erneut zum Telefon und ruft bei all den Männern an, die über die Agentur Kontakt mit ihr aufgenommen haben. Über diese Männer bekommt sie Telefonnummern von weiteren Damen. Wie Schindler haben sie die Nummern dieser Männer erhalten – und nicht die ihres Traumpartners aus der Anzeige. Einige haben einen Anwalt eingeschaltet, andere wenden sich an die Verbraucherzentrale.

Die Verbraucherzentrale plant rechtliche Schritte

Tatsächlich entdecken die Verbraucherschützer in den Geschäftsbedingungen und in der Formulierung des Widerrufrechts einige Punkte, die für den Verbraucher nachteilig sind. „Wir prüfen deshalb die Einleitung entsprechender rechtlicher Schritte gegen die Agentur“, sagt Rechtsexpertin Dunja Richter.

Für die bereits betroffenen Damen ändert das jedoch nichts: Sie werden ihr Geld nicht wiedersehen. Und die Agentur wird auch weiterhin versuchen, Partnerschaften zu vermitteln. Mit echten Partnern oder mit Lockvögeln. Seriös oder unseriös. In einem rechtlichen Graubereich. Aber nicht gesetzeswidrig.

*alle Namen geändert oder der Redaktion bekannt