Beim Fellbacher Herbst hat der Besuch aus der Partnerstadt Tradtion. Foto: Patricia Sigerist

Die Urkunde für die Städtepartnerschaft zwischen dem schwäbischen Fellbach und dem norditalienischen Erba wurde am 28. Mai 1978 von Oberbürgermeister Friedrich-Wilhelm Kiel und Augusto Fusi unterzeichnet.

Fellbach -

Fußball, Politik, Städtepartnerschaft: 1978 war sowohl für Deutschland als auch für Italien ein bewegtes Jahr. Beide Länder hatten mit terroristischen Gruppen, Entführungen und Attentaten zu tun. Am 16. März 1978 wurde der frühere Premier-Minister Italiens, Aldo Moro, von Terroristen entführt. Am 9. Mai ist er tot in Rom aufgefunden worden. Bis heute rätselt das Land über die genauen Details und sucht nach den Tätern. Dieses Attentat hat die politische Landschaft Italiens bis heute nachhaltig verändert.

Auch in Deutschland wurde zur selben Zeit die politische Atmosphäre durch die Nachwirkungen des sogenannten „Deutschen Herbst“ nachhaltig geprägt. Die Zeit war gekennzeichnet durch den Terror der RAF – im April 1977 war Generalbundesanwalt Siegfried Buback erschossen worden, im Juli Jürgen Ponto, der Vorstandsvorsitzende der Dresdner Bank und im Oktober Hanns Martin Schleyer, der Vorsitzende des Bundesverbandes der Deutschen Industrie. Der Sport sorgte für bessere Gedanken: Vom 1. bis zum 25. Juni 1978 richtete sich das Augenmerk der Fußballfans in beiden Ländern auf Argentinien, sowohl die deutsche als auch die italienische Nationalmannschaft wollten den Titel holen. Deutschland war als amtierender Weltmeister nach Argentinien gereist, schied aber nach der „Schmach von Córdoba“ aus.

Bereits beim Fellbacher Herbst 1973 war eine Delegation aus Erba nach Fellbach gekommen

Für Fellbach und Erba ging bereits davor ein Datum in die Geschichtsbücher ein: der 28. Mai 1978. An dem Tag setzten die beiden damaligen Stadtoberhäupter Friedrich-Wilhelm Kiel und Augusto Fusi im Rathaus in Erba ihre Unterschriften unter die Urkunde, in der sie die Partnerschaft zwischen den beiden Städten besiegelten. Beschnuppert hatten sich die Kommunen schon vorher, „Heiratsvermittler“ waren die beiden französischen Partnerstädte Tain l’Hermitage und Tournon. Sowohl Erba als auch Fellbach hatten mit den beiden Rhône-Städtchen bereits eine Städtepartnerschaft geschlossen. Dieser Dreierbund hat bis heute bundesweit eine singuläre Stellung im Feld der Städtepartnerschaften, die in den 1980/90er Jahren einen Boom erlebten.

Die Freundschaft zwischen Fellbach und dem norditalienischen Erba besteht also schon viel länger als die offizielle Städtepartnerschaft – gewissermaßen schon seit 45 Jahren. Bereits beim Fellbacher Herbst 1973 war eine Delegation aus Erba nach Fellbach gekommen und hatte ihr Interesse an einer Partnerschaft bekundet. Erba ist Fellbachs dritte Partnerstadt, in der Zwischenzeit sind es mit Meißen in Sachsen und Pècs in Ungarn fünf geworden. Für den ehemalige OB Kiel ist die Partnerschaft zu Erba bis heute „eine wunderbare Sache“. Er freut sich, dass „diese Freundschaft zu Erba zu allen Zeiten Bestand hatte, mal intensiver, mal weniger“.

In der Tat, die Freundschaft zwischen Erba und Fellbach wird seit vier Jahrzehnten auf vielen Ebenen gepflegt. Die Partnerschaftsvereine tragen maßgeblich dazu bei, neben den Treffen, die von den jeweiligen Rathäusern organisiert werden. In Fellbach sind die Erbesen jedes Jahr zum Fellbacher Herbst eingeladen, in Erba trifft man sich traditionell im Mai. In den 1990er Jahren haben sich in Fellbach Wirtschaftsbetriebe bei einer Messe im Rathaus vorgestellt, auch die Gärtner knüpften dabei mit Rudolf Koch aus Schmiden enge Bande. Bei jährlichen Sportlertreffen wurden die Leistungen gemessen.

Aus Anlass des 40-Jahr-Jubiläums der Partnerschaft hatte Fellbach mit dem Städtepartnerschaftsverein bereits im März zur Matinée ins Rathaus geladen

Und die Industrievereinigung Fellbach besuchte in den vergangenen beiden Jahren die Messe Lariofiere und knüpfte an einem eigenen Stand Kontakte zu dortigen Betrieben. Bei der Messe Agrinatura machte „Tourismus Fellbach“ im Jahr 2015 und 2016 die Italiener neugierig auf die Landschaft rund um den Kappelberg. Besonders gut kam der hiesige Apfelsaft an. Großen Anklang fand und findet die 2016 gekelterte „Partnerschafts-Cuvée“ der WG Fellbach, die Kellermeister Seibold aus Trauben vom Comer See und dem Fellbacher Hausberg kreiert hat. Das Jugendsymposium, 2015 in Fellbach veranstaltet und vergangenes Jahr in Erba fortgesetzt, holt die Jugend ins Boot und bringt sie ins Gespräch.

Aus Anlass des 40-Jahr-Jubiläums der Partnerschaft zwischen Erba und Fellbach hatte Fellbach mit dem Städtepartnerschaftsverein bereits im März zur Matinée ins Rathaus geladen. Anna Goletti vom Italienischen Kulturinstitut Stuttgart hatte in ihrem Vortag die Geschichte der Lombardei und ihrer Städte vorgestellt. Am zweiten Mai-Wochenende machte sich dann eine Fellbacher Delegation aus Gemeinderäten und dem Vorsitzenden des Städtepartnerschaftsvereins mit OB Gabriele Zull auf den Weg nach Erba. In einer offiziellen Feier wurde die Urkunde erneut unterzeichnet, dieses Mal von zwei Frauen – von Gabriele Zull und der seit 2017 amtierenden Veronica Airoldi. Beim Fellbacher Herbst wird das 40-Jahr-Jubiläum dann gebührend in Fellbach nachgefeiert.