Andreas Stoch wurde zum SPD-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl gekürt. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Nach dem Scheitern eines geplanten Volksbegehrens stellt der frisch gekürte SPD-Spitzenkandidat Andreas Stoch die Debatte um die gebührenfreie Kita ins Zentrum der Landtagswahl. Das könnte auch entscheidend sein für einen möglichen Koalitionspartner.

Stuttgart - Nach monatelanger Debatte um gebührenfreie Kitas hat die baden-württembergische SPD die kommende Landtagswahl auch zu einer Abstimmung über gebührenfreie Kindertagesstätten erklärt. Die Bildungschancen eines Kindes müssten unabhängig davon sein, wie viel Geld die Eltern haben, sagte der Landesvorsitzende Andreas Stoch am Samstag auf dem digitalen Parteitag der Südwest-SPD. Bildung sei der zentrale Schlüssel, um gesellschaftliche Teilhabe zu haben.

Vor dem Landesverfassungsgericht war die Partei im Mai mit ihrem Wunsch nach einem Volksbegehren für gebührenfreie Kitas gescheitert. Die Verfassung verbiete Volksbegehren über Abgaben, und darunter fielen auch Kita-Gebühren, hatten die Richter erklärt. Zudem verstoße der Gesetzentwurf gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, der verlangt, dass staatliches Handeln messbar und berechenbar sei.

Unterschiedlich hohe Beiträge für Kinderbetreuung

Bislang zahlen die Eltern in den Kommunen in Baden-Württemberg für die Betreuung ihrer Kinder unterschiedlich hohe Beiträge. Gäbe es keine Gebühren mehr, müsste das Geld vom Land kommen. Nach früheren Angaben der SPD geht es um etwa 529 Millionen Euro im Jahr, der Gemeindetag geht von einem höheren Betrag aus. Die grün-schwarze Regierung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann lehnte bislang eine generelle Gebührenfreiheit für Kitas ab, weil sie fürs Land zu teuer sei.

Die SPD hatte bereits wiederholt angekündigt, an ihrem Ziel festzuhalten, gebührenfreie Kitas im Südwesten zu schaffen. Das könnte für die Grünen relevant werden, falls sie nach der Landtagswahl 2021 auf der Suche nach Koalitionspartnern sind. Von 2011 bis 2016 regierte bereits Grün-Rot im Südwesten. Nach der Mitte Oktober veröffentlichten jüngsten Umfrage zur Landtagswahl liegt die SPD landesweit allerdings unverändert bei lediglich 11 Prozent, die Grünen kommen auf 34 Prozent und die Christdemokraten auf 29 Prozent.

Erster digitaler Parteitag mit Debatten und Urnenwahl

Das Treffen der SPD ist der bundesweit erste Parteitag, der sowohl digitale Debatten als auch eine Urnenwahl umfasst. Während die Delegierten das Wahlprogramm mit dem Titel „Das Wichtige Jetzt“ über Videostreams diskutierten und mit einem elektronischen System abstimmten, wurde Stoch per Handzeichen aus den Wohnzimmern der Delegierten zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl gekürt. „Ein Kandidat mit viel Erfahrung, der weiß, dass Politik auch mal anpacken muss“, lobte Bundesfinanzminister Olaf Scholz seinen Parteifreund über Twitter. Stoch sei ein „guter Typ“, gratulierte der Generalsekretär der Bundes-SPD, Lars Klingbeil, ebenfalls über den Kurznachrichtendienst.

Am Nachmittag sollte Stoch auch erneut zum Landesvorsitzenden gewählt werden. Er ist der einzige Kandidat. Für seine Wahl hatte die SPD Urnen an 20 Standorten im Land aufgestellt. In einer dreistündigen Parteitagspause waren die Delegierten aufgerufen, dort ihre Stimmen abzugeben.

Scholz trat unter anderem auch als Redner ans Pult und vor die Kameras. Er verteidigte die geplanten milliardenschweren Novemberhilfen und die Neustarthilfe für Solo-Selbstständige ebenso wie den sogenannten Teil-Lockdown. „Die Pandemie wird uns noch lange beschäftigen“, sagte Scholz. Deutschland bewege sich in einer „neuen Normalität.“ Die Auflagen seien richtig, um die Infektionszahlen runterzukriegen. „Wir können nicht warten, bis die Intensivstationen überfüllt sind.“