Beim Parteitag in Schwäbisch Gmünd trifft der Ministerpräsident den Nerv der Partei mit den Schwerpunkten Ökologie und sozialer Zusammenhalt. Foto: dpa

Beim Parteitag in Schwäbisch Gmünd trifft der Ministerpräsident den Nerv der Partei mit den Schwerpunkten Ökologie und sozialer Zusammenhalt. Sandra Detzer folgt Thekla Walker als Landesvorsitzende neben Oliver Hildenbrand.

Schwäbisch Gmünd - Vor einer Woche hat sich Winfried Kretschmann beim Bundesparteitag der Grünen in Münster ins Abseits gestellt, in Schwäbisch Gmünd gab es auf dem Parteitag von den baden-württembergischen Parteifreunden stehenden Applaus und jubelnden Beifall.

In einer fast 50minütigen Grundsatzrede hat Kretschmann die Seele seiner Partei getroffen. Auch ausgewiesene Vertreter des linken Flügels wie der Mannheimer Abgeordnete Gerhard Schick werteten die Rede am Rande des Parteitags als durchaus integrativ. Sozialminister Manfred Lucha lobte den Auftritt Kretschmanns auf der Bühne als eine „große Sozialrede“ und der Parteivorsitzende Oliver Hildenbrand dankte dem Regierungschef für „sehr klare, überzeugende und richtige Worte zum sozialen Zusammenhalt“.

Grüne als treibende Kraft

Mit den Schwerpunkten Ökologie, sozialer Zusammenhalt und Integration überzeugte Kretschmann die rund 200 Delegierten. Er betrachtet die Grünen als „die treibende Kraft in vielen Fragen, weil wir eine klare Haltung haben“. Engagiert bekannte sich der einstige Biologielehrer Kretschmann zum Schutz von Insekten und Wildpflanzen. „Das ist nicht ein Rand- oder Modethema sondern eine Menschheitsfrage“.

Ökologie und Ökonomie zusammenzuführen , das nannte Kretschmann den Weg der Grünen. Er kündigte an, „wir treiben die Energiewende konsequent voran und wir werden den strategischen Dialogprozess mit der Autoindustrie forciert fortsetzen“. Die große Herausforderung sei es, in Baden-Württemberg, wo 260 000 Arbeitsplätze am Auto hingen, die Themen Mobilität und Klimawandel zusammenzubringen. Als großen persönlichen Erfolg wertete Kretschmann, dass sich beim Klimagipfel in Marrakesch 165 Regionen darauf verständigt hätten, die Klimaerwärmung auf zwei Grad begrenzen zu wollen. Den Anstoß hätten Baden-Württemberg und Kalifornien gegeben, freute sich Kretschmann.

Ein großes Anliegen ist Kretschmann und den Grünen der soziale Zusammenhalt. Kretschmann rief die Grünen zum „Gegenpol zu einer Politik der Engstirnigkeit und des Nationalismus aus“. Das Grundgesetz bestimme das Menschenbild, das „nicht verhandelbar ist“, gleichzeitig markiere es „die klare Kante, die wir gegenüber den Rechtspopulisten zeigen müssen“.

Integrationsbegriff ausgeweitet

Kretschmann weitete den Integrationsbegriff deutlich aus. Von der Integration hänge der Zusammenhalt in der Gesellschaft entscheidend ab. Über Flüchtlinge und Migranten hinaus fragte der Ministerpräsident, wie gut eigentlich Menschen integriert seien, die sich dem gemeinsamen Grundkonsens verweigerten, die keine Chance auf gesellschaftlichen Aufstieg hätten, aber auch die die systematisch Steuern hinterzögen. Auch Politiker nahm Kretschmann nicht von der „Fragmentierung der Gesellschaft“ aus. Er appellierte an die Grünen, „wir müssen Integration umfassend denken“. Dazu gehöre unter anderem auch Engagement im Wohnungsbau. Der Ministerpräsident lehnte die Steuersenkungspläne der Großen Koalition in Berlin ab. „Wir sollten nicht 15 Milliarden verläppern, sondern gezielt in Brennpunkte stecken“, sagte Kretschmann unter dem Applaus des Parteitags.

Am Nachmittag wählten die Delegierten eine neue Landesvorsitzende. Die einzige Kandidatin, Sandra Detzer, überzeugte mit einer kämpferischen und selbstbewussten Rede. Mit Blick auf die populistischen Tendenzen in der Gesellschaft, sagte Detzer: „Wir werden die Meinungsbildung nicht den Populisten überlassen“. Sie unterstrich die Bedeutung der Parteien: „ein Facebook-Post macht noch keine Meinung“, sagte Detzer, die bisher als finanzpolitische Beraterin der grünen Landtagsfraktion arbeitet. Sie wurde mit 82,4 Prozent der Stimmen gewählt.