Europäische Rechtspopulisten vor der Wahl in Mailand Foto: dpa

Die Rechtspopulisten gehen zwar gestärkt aus der Europawahl hervor – aber sie werden es schwer haben, einen gemeinsamen Kurs zu finden, glaubt der Parteienforscher Jürgen Falter.

Berlin - Der Parteienforscher Jürgen Falter rechnet mit einigen Schwierigkeiten für die rechtspopulistischen Parteien, in einer geeinten Fraktion im Europaparlament einen gemeinsamen inhaltlichen Kurs zu finden. „Einig sind sie sich ins fast nichts, einig sind sie sich eigentlich nur in ihrer sehr tief gehenden EU-Skepsis“, sagte Falter unserer Zeitung. Er halte die mögliche Allianz, die unter Führung der italienischen Lega geschmiedet werden soll, für ein sehr brüchiges Bündnis, so der Parteienforscher von der Universität Mainz. „Die nationalistischen Parteien haben ein generelles Problem. Streng genommen könnten sie sich nicht zusammenschließen, da bei ihnen jeweils das eigene nationale Interesse dominiert, was zwangsläufig in vielen Fragen zu diametral entgegengesetzten Positionen führt.“

Die Ibiza-Affäre hat der österreichischen FPÖ und auch der AfD aus Sicht des Parteienforschers deutlich mehr geschadet als das Ergebnis der Europawahl suggeriert. „Wir dürfen das Wahlergebnis der FPÖ nicht mit dem der EU-Wahl vor fünf Jahren vergleichen“, sagte Falter. „Das ist der falsche Bezugsrahmen. Die FPÖ hat im Vergleich zu den Nationalratswahlen und den Umfragen vor der Affäre erhebliche Einbußen hinnehmen müssen. Dass sie im Vergleich zur letzten Europawahl stagniert, wäre vor Ibiza nicht zu erwarten gewesen.“ Die Freiheitliche Partei hatte bei den Wahlen zum nationalen Parlament fast 26 Prozent der Stimmen erreicht und kam nun bei der Europawahl auf 17,5 Prozent.

In Deutschland sieht Falter durch die unterschiedlichen Ergebnisse der rechtspopulistischen AfD in Ost und West eine deutlich wiedererstarkte mentale Spaltung. „Diese Spaltung hatte sich etwas abgeflacht, aber im Grunde hat sie seit der Wiedervereinigung immer existiert“, sagte Falter. „Im Osten sehen viele Wähler, die früher die Linkspartei gewählt haben, heute die AfD als mögliche Protestpartei.“

Aus Sicht des Politologen drückt sich hier das Gefühl des Abgehängtseins und der mangelnden Wertschätzung aus. „Das schlägt sich in der Wahl der Protestpartei des Tages nieder, von der man weiß, dass die anderen vor ihren Erfolgen die größte Angst haben.“