Der Marathonläufer Christopher Greenaway(links) kämpft dafür, den Parkrun auch in Stuttgart zu etablieren. Dafür scheint er gut gerüstet zu sein. Foto: Rudel

Parkrun ist ein Laufprojekt aus England, das langsam auch in Deutschland Fuß fasst. Auch in Stuttgart soll es sich etablieren. Das Projekt ist global erfolgreich und das aufgrund eines ganz neuen Ansatzes.

Stuttgart - Immer mehr Menschen joggen in ihrer Freizeit. Manche hören dabei Musik, andere schleifen ihren unwilligen Hund neben sich her, wieder andere trainieren für den Marathon. Der Tenor: Wenn man erst mal angefangen hat, läuft es irgendwann ganz von alleine. Genau hier setzt das englische Projekt Parkrun an. Es will Menschen dazu bewegen, sich zu bewegen. Dafür organisiert es längst nicht mehr bloß in Großbritannien wöchentliche Streckenläufe von fünf Kilometern. „Diese Etappe kann jeder, zur Not spazierend, zurücklegen und sie soll Anfängern die Scheu vor dem Laufen nehmen“, erklärt Christopher Greenaway, der seit drei Jahren begeisterter Parkrun-Läufer ist. Außerdem ist er Marathonläufer im Sanwald-Laufteam, hat schon in acht Tagen zu Fuß die Alpen überquert, ein anderes Mal ist er 24 Stunden am Stück 168 Kilometer gelaufen, kurz gesagt: Die fünf Kilometer sind für ihn eigentlich keine Strecke.

Trotzdem gefällt ihm das Familiäre an dem Projekt: „Vor jedem Lauf wird gefragt, wer das erste Mal dabei ist, und als in England mal jemand beim Parkrun Geburtstag hatte, hat er Muffins für alle mitgebracht.“ Greenaway nimmt das Laufen nicht verbissen, regelmäßig verkleidet er sich dafür und läuft als Banane, Biene oder Urzeitmensch verkleidet ins Ziel. „Das ist so ein englischer Tick“, meint er.

Ansporn, die eigene Bestzeit zu übetreffen

Ein familiärer Lauftreff klingt erst mal nicht nach einem Konzept, dass Läufer verschiedenster Kontinente begeistert. Jedoch hat der Parkrun noch eine kleine, äußerst trickreiche Besonderheit: „Du kannst per Online-Registrierung deine Zeit stoppen lassen“, erklärt der 43-Jährige.

Vor dem allerersten Parkrun könne man sich online einschreiben und bekäme einen persönlichen Barcode zugewiesen. Am Ziel der Laufstrecke stünde ein Freiwilliger mit einer zweiten Auswahl codierter Plastikchips. „Darauf ist die Zielzeit registriert. Der Läufer schnappt sich einen Chip, und ein weiterer Freiwilliger scannt beide Codes ab. So kannst du später online deine persönliche Laufzeit nachlesen.“

Dieser Bonus spornt viele Menschen an, ihre eigene Bestzeit zu übertreffen. Fast drei Millionen Läufer kann Parkrun nach eigenen Angaben inzwischen weltweit verzeichnen. Während das Projekt in England bereits Standard ist und sich auch in Ländern wie Polen, Neuseeland, Südafrika, Namibia oder den USA großer Beliebtheit erfreut, ist es in Deutschland noch eher unbekannt. Seit etwa einem Jahr haben die ersten deutschen Städte eigene Parkruns, zurzeit sind es Berlin, Hannover, Osnabrück, Leipzig, Frankfurt und Mannheim. Von April an soll auch Nürnberg dazukommen.

Nach einer Lauftstrecke wird gesucht

Christopher Greenaway will die Idee auch in Stuttgart etablieren. Der 43-jährige Brite lebt seit 20 Jahren in Deutschland, arbeitet am Stuttgarter Staatstheater als Pyrotechniker und Rüstmeister und kennt Parkruns durch Sommerurlaube in die Heimat. Mit vier Mitstreitenden sucht er gerade nach einer geeigneten Laufstrecke in Stuttgart, um auch hier samstägliche Läufe zu organisieren. Doch das ist schwieriger als gedacht. „Am liebsten wollten wir im Schlosspark laufen gehen, aber da war das Parkamt dagegen“, erklärt Greenaway. Er glaubt, dass Aktionen dort durch die Ereignisse rund um Stuttgart 21 zurzeit ohnehin eher abgelehnt würden. Nachdem auch eine Anfrage am Killesberg erfolglos blieb, versucht die Fünfergruppe nun, im Hospitalwald neben der Waldau einen Parkrun zu starten und steht dafür mit dem Forstamt in Kontakt. „Es wäre wirklich toll, wenn das klappen würde“, meint Greenaway, „die Gegend dort ist eh eine Sportecke.“ Momentan ziere sich das Forstamt allerdings noch, wegen der Krötenwanderung und Vogelnistzeiten. „Aber zumindest nehmen sie sich der Sache an. Und wir sind bestimmt nicht so viele, dass wir beim Laufen Tiere stören“, zeigt er sich optimistisch.

„Allerdings kennt hier niemand Parkruns. In England weiß jeder, dass sie harmlos sind, da bekommt man viel leichter die Erlaubnis.“ Selbst in einigen englischen Gefängnissen gebe es Parkruns, erzählt Greenaway. „Die laufen dann im Innenhof die ganze Zeit im Kreis.“ Und sogar die britischen Soldaten in Afghanistan hielten sich mit diesem Sport fit.

Der Trend gegen Übergewicht

Der Trend stellt sich einer ungesunden Tendenz entgegen: Gerade in Großbritannien ist Übergewicht ein großes Problem. Inzwischen würden sogar Ärzte ihren Patienten die Teilnahme an Parkruns empfehlen, heißt es auf der Internetseite. Auch in Deutschland ist inzwischen mehr als die Hälfte der Erwachsenen übergewichtig, trotz zahlreicher Laufveranstaltungen. „Wer will, kann hier jede Woche irgendwo ein Laufevent besuchen“, beobachtet Greenaway. Der Unterschied zu diesem Parklauf seien dabei oft die viel längeren Strecken, die Anfänger von der Bewegung ausschlössen, und der Wettkampfgedanke, den der Parkrun ebenfalls ablehne. Es ginge nicht darum, Erster zu sein, sondern mitzumachen. Im Internet spricht die Bewegung deshalb auch nie von Siegern, sondern den „Ersten im Ziel“.