Stuttgart reduziert seit Jahren die Zahl seiner Parkplätze. Was die Argumente sind – und wo es stockt.
Parkplätze in der Stadt – diese Frage polarisiert. Offiziell ist in Stuttgart die Richtung klar: Stellplätze für Autos sollen anderen Nutzungen Platz machen. Doch eine exakte Zahl, wie viele Parkplätze in den vergangenen Jahren verloren gegangen sind, hat die Stadt nicht. Wo es weitere Pläne gibt, geht es zurzeit oft schleppend voran. Gleichzeitig drängeln sich wie überall in Deutschland immer mehr Autos auf den Straßen. Hier ein Überblick, wo und aus welchen Gründen Parkplätze verschwinden.
1. Stuttgart soll schöner werden
Im City-Ring, dem zentralen Innenstadtbereich, der am Hauptbahnhof beginnt, von der Theodor-Heuss- und der Konrad-Adenauer-Straße begrenzt wird und bis zur B27a an der Paulinenstraße reicht, ist der Abbau von insgesamt etwa 300 Parkplätzen ein Kern des Projekts. In dieser Zone wohnen relativ wenige Menschen. Die meisten Autos kommen von außerhalb. „Die öffentlichen Parkplätze im Straßenraum werden innerhalb des City-Rings schrittweise aufgehoben“, so hat es der Gemeinderat im September 2021 beschlossen. Unter dem Titel „lebenswerte Innenstadt“ soll dies die Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln attraktiver machen, beziehungsweise dazu animieren, die durchaus zahlreich vorhandenen Parkhäuser zu nutzen.
Doch die Umgestaltung zieht sich hin. Zieldatum ist 2035. „Die Parkplätze fallen aber sukzessive schon früher weg, da dies durch mobile Einbauten oder durch kleinere Umbaumaßnahmen realisiert wird“, sagt ein Sprecher der Stadt. Sichtbar sei dies bereits in der Dorotheenstraße beim Hotel Silber oder in der Eberhard- und Kronprinzstraße.
Doch Parkplätze in der City bleiben ein Streitthema, selbst wenn es wie jüngst an der Stuttgarter Markthalle nur um 18 Stellplätze geht. Die Mehrheit, die im zuständigen Gemeinderatsausschuss Ende 2024 dafür plädierte, diese Parkplätze zu beseitigen, war knapp. CDU, Freie Wähler, AfD und FDP wollten nicht nur die Stellplätze dort erhalten, sondern auch den Abbau am Hotel Silber rückgängig machen.
Doch wo stadtplanerisch die Richtung hingeht, zeigen Projekte der Internationalen Bauausstellung IBA’27. Das IBA-Quartier am Rotweg in Zuffenhausen ist im Innern komplett autofrei. Am Rand entsteht eine zweigeschossige Tiefgarage, die weniger Plätze bietet als ursprünglich geplant, weil man feststellte, dass weniger benötigt werden, weil es in der Umgebung ungenutzte Stellplätze gibt. In Stuttgart-Münster gibt es umgerechnet nur noch einen Stellplatz für jede dritte Wohnung. Parkflächen werden gebündelt, sodass Erdgeschossnutzungen wie Cafés oder Läden attraktiver werden. Auch in bestehenden Stadtteilen sollen Parkplätze teilweise verschwinden, etwa im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“ in Stuttgart-Dürrlewang.
2. Stuttgart-West: Parkplatzopfer im „Superblock“
An einigen Stellen ist der Wegfall von Parkplätzen eher ein Nebeneffekt. „Superblock“ heißt die Überschrift über einen Plan, der vorsieht, dass im Stuttgarter Westen an der Augustenstraße Anwohner vom Durchgangsverkehr entlastet werden. Dafür wird Tempo 30 eingeführt, werden Straßen verengt oder mit Hindernissen versehen und stattdessen die Aufenthaltsqualität verbessert, etwa durch Bänke oder Bäume.
Letztlich geht es dort um nur 17 von 750 vorhandenen Parkplätzen – also 2,3 Prozent des Bestands. Dennoch war gerade der Parkplatzverlust ein kontroverses Thema. Die linke und grüne Mehrheit im Gemeinderat befürwortet den Umbau. Das bürgerliche Lager ist skeptisch. Auch dieses Projekt dürfte sich hinziehen. Es brauche weitere drei Jahre Planung, sagt die Stadt. Bis der „Superblock“ kein Provisorium mehr ist, wird es Mitte der 2030er Jahre werden.
3. Schwamm drüber über die Parkplätze
Für den Rückbau von Parkplätzen gibt es ein weiteres Argument – den Klimaschutz. Es geht bei der so genannten Schwammstadt darum, möglichst viel von anfallendem Regen- oder Oberflächenwasser aufzunehmen und zu speichern. Entscheidend ist die Entsiegelung von Flächen – und Parkplätze sind dabei zentral.
Ein Beispiel ist der Schützenplatz in Stuttgart-Ost nahe des Wagenburgtunnels. Statt Parkplätzen gibt es hier nun Grünflächen und einen neuen Belag mit Sickersteinen. Doch während der Protest gegen den Wegfall von weniger als zehn Stellplätzen verebbt ist, beklagen sich nun die Anwohner, dass durch den veränderten Abfluss des Regenwassers einige Hausfundamente feucht geworden sind.
4. Radler nach vorn
Ganz andere Dimensionen erreicht der Parkplatzverlust, wenn entlang einer ganzen Straße auf einen Schlag der Verkehrsraum umverteilt wird, vor allem für neue Fahrradspuren. Ein jahrelang diskutiertes Beispiel ist die Kaltentaler Auffahrt zwischen Stuttgart Süd und Vaihingen. Dort wurde erst ein provisorischer Radweg markiert. Nach einer Bürgerumfrage soll der Platz für Radfahrer nun dauerhaft bleiben – trotz eines Verlusts von rund 100 Parkplätzen.
Doch ein ähnlicher Plan für eine Hauptradroute an der Waldburgstraße in Stuttgart-Vaihingen kommt bisher nicht voran. Entscheidender Faktor: Die 103 Stellplätze, die mitten in einem Wohngebiet wegfallen würden. Zweimal hat der Bezirksbeirat den Vorschlag der Stadtverwaltung abgelehnt, zuletzt Ende Juni. Entscheiden muss nun im Herbst der Gemeinderat.
Fazit: Im Gegensatz zu manchen anderen Städten bleibt die Reduzierung von Parkplätzen in Stuttgart ein mühsames Thema.