Schon jetzt kämpft das Rems-Murr-Center mit einer Drei-Stunden-Regelung gegen Dauerparker. Foto: Patricia Sigerist/Archiv

Beim Wohnhochhaus gibt es für 34 der 194 Appartements keinen eigenen Stellplatz. Auch deshalb fragen sich Fellbacher Stadträte, ob innovative Ideen mit Pedelec und Car-Sharing ausreichen, wenn der Schwabenlandtower mal bezogen ist.

Fellbach - Der Verzicht auf die Fotovoltaik-Elemente an der Tower-Fassade hätte durchaus ein Thema sein können am Dienstagabend, auch die vom Investor Christoph Gröner geplanten Windströmungsturbinen oder der beabsichtigte Ausbau auf Niedrigenergie-Niveau wären mehr als ein paar lobende Worte wert gewesen. Doch als es im Gemeinderat um die Fertigstellung des 107 Meter hohen Wohn-Hochhauses am Stadteingang ging, entzündete sich vor allem an der Parkplatzfrage eine Debatte.

Besonders aufgeschreckt hat die Stadträte ein Satz aus der Beratungsvorlage

Denn der Lokalpolitik dämmert mittlerweile, dass es mit einer Reduzierung des Stellplatzschlüssels möglicherweise nicht getan ist, wenn für die 194 neuen Wohnungen in der Tiefgarage des Schwabenlandtowers nur 160 zusätzliche Stellplätze zur Verfügung stehen. Schon jetzt wird in den umliegenden Straßen schließlich über die tägliche Parknot geklagt. Selbst wenn es im Tower künftig den einen oder anderen Wohnungsmieter geben sollte, der dank Car-Sharing und Busticket auf einen eigenen fahrbaren Untersatz verzichtet, wachsen die Zweifel, ob sich mit der Vermarktung des Wohnturms nicht bald auch eine Blechlawine in die benachbarten Wohnstraßen ergießt.

Besonders aufgeschreckt hat die Stadträte ein Satz aus der Beratungsvorlage. Unter dem Stichwort „Mobilitätskonzept“ ist da notiert, dass eine von der Stadt beauftragte Untersuchung der Parksituation ergeben habe, dass der Parkplatz vor dem Rems-Murr-Center „nie voll ausgelastet“ sei. Schon nach ihrer Fraktionssitzung in der vergangenen Woche forderte deshalb die CDU eine nachgebesserte Version der Mobilitätsideen ein, just am Tag vor der Ratsdebatte legte die FW/FD mit einer Beschwerde zum „sträflich vernachlässigten“ Parkthema nach. Die Fellbacher SPD wiederum ist schon immer gegen den Hochhausbau und seine Folgen: „Wir schaffen hier einen Präzedenzfall. Jeder Bauherr könnte das künftig so machen“, stellte Andreas Möhlmann in seinem Redebeitrag zum Mobilitätskonzept fest.

Die Stadt ruderte bei der Bewertung der Parkplatzfrage noch in der Sitzung kräftig zurück

Bemerkenswert an der Diskussion sind drei Dinge: Erstens haben die Stadträte weder bei der Frage nach den baulichen Veränderungen am Tower noch bei der Frage nach dem Mobilitätskonzept formal überhaupt etwas mitzureden – statt einer Entscheidung war am Dienstag nur eine simple Kenntnisnahme gefragt. Zweitens: Die Stadt ruderte bei der Bewertung der Parkplatzfrage noch in der Sitzung kräftig zurück, statt von einem Ergebnis der Verkehrsuntersuchung war nur noch von einer Zwischenbilanz die Rede.

Laut der Baudezernentin Beatrice Soltys liegen frühestens im Sommer belastbare Zahlen zum Parkdruck rund um den Tower und zur Auslastung des Rems-Murr-Centers vor, der Gutachter soll die Ergebnisse auch im Gremium vortragen. Nach dem Bezug des Towers könnten mögliche Auswirkungen auf die Parksituation dann verlässlich geprüft werden. Dritter Punkt: Gleich mehrfach wurde am Dienstag deutlich, dass im Fellbacher Rathaus längst über ein Parkhaus zur Linderung der größten Sorgen nachgedacht wird.

Mit auf der Verwaltungsbank saßen am Dienstag übrigens auch George Moutoulis und Jörg Wolf, der Leiter der Stuttgarter Filiale der CG-Gruppe und der Tower-Architekt

Klaus Auer und Ulrich Lenk erinnerten für die FW/FD-Fraktion, schon bei der Entscheidung über den auf 0,8 reduzierten Stellplatzschlüssel einen „Plan B“ gefordert zu haben, CDU-Rat Franz Plappert empfahl Tower-Investor Christoph Gröner ausdrücklich, auf die Einzelhändler im Rems-Murr-Center mit der Frage nach einem Extra-Parkdeck zuzugehen. Die Rathauschefin Gabriele Zull versprach mehrfach eine vertraglich fixierte Vereinbarung, dass der Bedarf an Parkplätzen auch nach dem Tower-Bezug abgedeckt ist. Und Andreas Möhlmann orakelte, dass aus dem nicht gelösten Problem ein Dauerbrenner werden könnte: „Die Stellplatzfrage wird dieses Gremium wieder beschäftigen – und das darf nicht aus Steuergeldern bezahlt werden.“

Mit auf der Verwaltungsbank saßen am Dienstag übrigens auch George Moutoulis und Jörg Wolf, der Leiter der Stuttgarter Filiale der CG-Gruppe und der Tower-Architekt. Moutoulis räumte freimütig ein, dass es in dem Wohnhochhaus künftig 34 Wohnungen ohne einen eigenen Stellplatz geben werde. Die Erhöhung der Wohnungszahl sei aber der einzige Weg gewesen, die Bauruine nach der Insolvenz noch in die Erfolgszone zu führen. „Ich kann nicht ausschließen, dass Mieter oder Besucher in der Umgebung parken. Aber wir sind hinterher, dass das nicht eintritt“, betonte er. Das Mobilitätskonzept fuße auf einem 60-seitigen Gutachten, sei aber nicht in Stein gemeißelt. Den exakten Bedarf für Pedelecs oder Car-Sharing will die CG-Gruppe im Gespräch mit den künftigen Mietern abfragen. Überdies wolle der Investor nicht auf Verdacht planen. „Wenn wir feststellen, dass wir mit unseren Ideen falsch lagen, justieren wir nach. Das scheitert nicht an fünf oder zehn Fahrrädern“, versprach Moutoulis.