Wer Parkour macht, braucht Mut, die richtige Technik und Fitness. Dafür bekommt man ein gestärktes Selbstbewusstsein, ein gutes Körpergefühl und raue Hände. Foto: privat

Die Mädchen des Teams Freequence sind Parkour-Läuferinnen. In Kursen lehren sie ihre Kunst. Damit nichts passiert, zeigen sie den Kursteilnehmerinnen zuerst, wie sie sich abfangen und abrollen.

Stuttgart - Sie springen über Mauern und überwinden Geländer als seien die Hindernisse gar nicht da. Dabei sind sie ziemlich auf Zack. Und das muss so sein. Denn „Parkour ist die Kunst der effizienten Fortbewegung“, sagt Julia Kuhn, Mitglied der Gruppe Freequence. Das Team setzt sich aus fünf Mädels zusammen, die Parkour machen, teils auch Freerunning. Wobei es bei Freerunning weniger auf die Effizienz und Schnelligkeit ankommt. Stattdessen bauen Freerunner akrobatische Einlagen wie Saltos ein.

Seit kurzem bieten sie auf dem Gelände der Universität Vaihingen die Kurse für Mädchen an und wollen ein Unternehmen mit Sitz im Stuttgarter Westen gründen. „Mein Traum wäre eine Mischung aus Fitness-, Abnehm- und Parkour-Kursen“, so Kuhn. Damit würde dann das Hobby zumindest zum Nebenberuf werden.

„Girls in Motion“

Die 21-jährige Julia Kuhn hat nicht zur Begeisterung ihres Vaters, wie sie erzählt, vor sechs Jahren mit Parkour angefangen. „Ausgerechnet ein Kollege aus dem Volleyball hatte ihm gesagt, sein Sohn mache das“, erzählt Kuhn. So kam sie mit dem damals noch mehr als heute von Jungs dominierten Sport in Kontakt. Über die Jahre kamen mehr Mädels dazu, bis sie sich schließlich zu Freequence formierten. Die Gruppe liebt es nicht nur selbst, ihre Bewegungskünste weiter zu verbessern. Mit ihren Kursen „Girls in Motion“ wollen sie vor allem auch Mädchen und Frauen ermutigen, sich von dem Sport inspirieren und motivieren zu lassen. „Wir haben von jungen Mädchen schon gehört, dass sie durch den Kurs auch in anderen Situationen selbstbewusster geworden sind“, sagt Kuhn. Parkour, so die 21-Jährige, mache nicht nur fit, sondern auch selbstbewusst.

„Zuerst kommt die Kraft und dann die Technik“, so Kuhn, „und bei jedem Training merken die Mädchen, dass sie mehr können und sich mehr zutrauen.“ Man könne schnell Fortschritte machen und das wiederum sei der Motivationskick.

Einfach drauf loszurennen und wagemutig über ein Hindernis zu springen, davor warnt die Traceuse, wie die Parkour-Läufer auch genannt werden. „Parkour ist kein Extremsport, aber man muss sich herantasten, ausprobieren und dann steigert man sich auch langsam“, sagt sie. Schließlich turnen sie nicht auf weichen Matten, sondern auf Beton und Asphalt. „Mit Schürfwunden und Hornhaut muss man rechnen.“

Bewegung im Freien statt Hängen vor dem Computer

Damit nichts Schlimmeres passiert, zeigen die jungen Frauen von Freequence den Kursteilnehmerinnen zuerst, wie sie sich abfangen und abrollen. Geübt wird nur in Ausnahmefällen in der Halle, die Mädchen sollen sich gleich an den harten Untergrund gewöhnen. „Außerdem ist man dann vorsichtiger und überschätzt sich nicht“, so Kuhn. Der Campus in Vaihingen sei für ihre Übungen gut geeignet, weil es viele Hindernisse und wenig Leute gebe. „Für Anfänger ist es angenehmer, wenn weniger Zuschauer vor Ort sind“, sagt Kuhn.

Die Mädels von Freequence und andere Parkour-Läufer treffen sich aber überall in der Stadt. „Das schöne ist, dass wir nicht an einen Ort gebunden sind und immer im Freien.“ Manchmal müssen sie den Ort wechseln, weil es Leute stört oder sie es für gefährlich halten. „Andere sprechen uns zu, weil wir im Freien sind und uns bewegen statt vor dem Computer zu hängen“, sagt Julia. Ein weitere Vorteil sei, dass der Sport keine große Ausrüstung erfordert. „Gebt uns eine Mauer oder ein Geländer und wir sind glücklich.“ Der Nachteil sei wohl eher für die Freunde von Traceusen spürbar, die mit ihnen unterwegs sind. „Es fällt schwer, sich normal durch die Stadt zu bewegen und nicht doch irgendwo drüber zu springen. Das reizt mich immer.“