Wohin mit dem Auto? Foto: Jacqueline Fritsch

Was, wenn der Pfleger nur 30 Minuten parken darf, die Pflege aber 45 Minuten dauert? Eine Sonderregelung für Pflegedienste beim Parken gilt inzwischen nicht mehr. Ein Beispiel aus Stuttgart-Asemwald

Asemwald - Ilona Schweizer macht ihre Arbeit sehr gerne. Vor eineinhalb Jahren hat sie im ambulanten Pflegedienst angefangen, weil sie mehr mit Menschen arbeiten wollte und ihr der Bürojob keine Erfüllung gebracht hat. Rückblickend war das also der richtige Schritt für sie: „Man bekommt so viel von den Patienten zurück“, schwärmt Schweizer. Doch einen Haken hat ihr neuer Job: Unzählige Male am Tag muss sie einen Parkplatz finden.

Im Asemwald hat Ilona Schweizer mehrere Patienten. Einen Parkplatz, auf dem sie zeitlich unbegrenzt stehen dürfe, bekomme sie dort so gut wie nie. Wenn sie Glück hat, ist ein Platz frei, auf dem sie mit Parkscheibe für eine halbe Stunde stehen darf. „Für einen Patienten brauche ich aber eine Dreiviertelstunde“, sagt Schweizer, „ich mache dann immer einen Patienten fertig, stelle die Parkscheibe weiter und gehe zum nächsten“. Das reicht zeitlich freilich trotzdem nicht. Deshalb hat die Pflegerin vor Kurzem genau dort einen Strafzettel bekommen.

Von Parkschein, Parkscheibe und Zeitlimits befreit

Soziale Dienste können in Stuttgart einen Sonderparkausweis beantragen, der sie von Parkschein, Parkscheibe und Zeitlimits befreit. Der Ausweis ist während der Ausübung der Dienstleistung zwischen 8 und 23 Uhr gültig. In Halteverbotszonen, auf Gehwegen und in Fußgängerzonen darf trotzdem nicht geparkt werden. Pro Jahr und Fahrzeug kostet ein Sonderparkausweis 120 Euro.

„Wer soll das denn zahlen“, sagt Ilona Schweizer, „soll man das auf den Patienten umlegen?“ Ein oder zwei Fahrzeuge ihres Pflegediensts aus Heumaden seien mit einem solchen Ausweis ausgestattet, die anderen nicht.

Parkregeln im April gelockert

Im vergangenen Jahr hatten ambulante Pflegedienste auch ohne Parkausweis Sonderrechte. Das Verkehrsministerium Baden-Württemberg hat die Parkregeln im April gelockert, da die Corona-Pandemie eine große Belastung für die Beschäftigten in der Pflege darstellt, heißt es in einer Pressemitteilung.

Außerdem würden Parkplätze in Wohngebieten derzeit stärker genutzt als sonst, weil viele im Homeoffice sind. Ambulante Pflegekräfte durften deshalb in Halteverbotszonen, auf Bewohnerparkplätzen und in verkehrsberuhigten Bereichen außerhalb von gekennzeichneten Flächen parken. Außerdem mussten sie an Automaten keinen Parkschein ziehen. Diese Ausnahmeregelung wurde im Juni wieder aufgehoben. Das Verkehrsministerium äußert sich trotz mehrfacher Nachfrage nicht dazu, warum die Ausnahme im zweiten Lockdown nicht erneut gilt.

Sonderregeln sollten immer gelten

Ilona Schweizer findet, dass Sonderparkregeln für Pflegedienste sowieso immer gelten sollten – nicht nur in Corona-Hochzeiten und ohne einen kostenpflichtigen Parkausweis. „Was soll ich denn machen? Wenn ich hier keinen Parkplatz bekomme, müsste ich theoretisch dem Patienten absagen und wieder gehen“, sagt die 48-Jährige.

Sie wünscht sich insgesamt mehr Verständnis – sowohl von der Bevölkerung als auch von Beamten, die Strafzettel verteilen. „Ich habe zwar meine festen Zeitvorgaben fürs Duschen oder ins Bett bringen, aber oft kommen Sachen dazwischen, und dann dauert das seine Zeit“, sagt Schweizer und meint, dass die Stadt deshalb beim Knöllchen-Verteilen ein Auge zudrücken könnte, wenn das parkende Auto offensichtlich einem Pflegedienst gehört. „Wir müssen die Leute doch versorgen“, sagt sie, „da helfen ein Dankeschön und der Corona-Bonus nichts, wenn es uns im Alltag so schwer gemacht wird“.