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Die Brötchentaste wird offenbar doch noch gerettet. An Parkuhren und -automaten in vier Innenstadtbezirken soll es den Druckknopf für eine halbe Stunde Gratisparken weiter geben.

Stuttgart - Die Brötchentaste wird offenbar doch noch gerettet. An Parkuhren und -automaten in vier Innenstadtbezirken soll es den Druckknopf für eine halbe Stunde Gratisparken weiter geben. Die Grünen sind mit dem Versuch, die Taste dort abzuschaffen, vorerst gescheitert.

Seit im Rathaus rechnerisch eine ökologisch ausgerichtete Mehrheit die Macht hat, muss in manchen Bereichen umgedacht werden - auch bei den Parkgebühren. Sie sollen verstärkt zur Steuerung der Verkehrsströme eingesetzt werden. Ziel: Mehr Autofahrer steigen um in Bus oder Bahn, die Luftschadstoffwerte nehmen ab.

Bei der Zweiten Lesung des Stadthaushalts 2010/2011 wurde jetzt bekräftigt, dass die Gebühren in städtischen Parkhäusern und auf städtischen Parkplätzen im Schnitt um 18 Prozent steigen sollen - wie die Preise der Tickets für Busse und Bahnen seit 2004.

Die Grünen hatten auch die Brötchentaste ins Visier genommen - und hier mussten sie jetzt einen Rückschlag hinnehmen. Den Wunsch, die Taste in allen Innenstadtbezirken abzuschaffen, muss der Fraktionsvorsitzende Werner Wölfle vorerst begraben. Grund: Die SPD schlug sich ins Lager der Befürworter dieser Taste.

Die verdankt ihren Namen der Absicht, Autofahrern für Besorgungen wie den Kauf von Brötchen die Parkgebühr zu ersparen. Die Kombination von Gebühr und Gratisparken soll dafür sorgen, dass Parkplätze nicht von Dauerparkern blockiert werden, die Menschen andererseits nicht schnurstracks zum Einkauf zu den Einkaufszentren mit kostenlosen Parkplätzen fahren.

Auch die flächendeckende Einführung der Parkgebühr in Stuttgart-West zum 1.April 2011 rechtfertige nicht die völlige Abschaffung der Brötchentaste, sagt Fraktionschefin Roswitha Blind. Es sei aber daran gedacht, den Bereich ohne Brötchentaste im Stadtzentrum etwas auszudehnen, wenn im Westen die Neuerung greift.

Die Grünen glauben, dass gerade an den Hauptachsen im Westen die Läden gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln und auch zu Fuß erreichbar seien. Wölfle hatte zudem argumentiert, die flächendeckende Erhebung von Parkgebühren im Westen und die Gewährung einer halben Stunde Gratisparken würden sich schlecht vertragen. Außerdem hätte man ein bisschen mehr Geld in die Stadtkasse bringen können. Wenn die SPD nicht wolle, lasse man es eben. Somit dürfte sich bei der Dritten Lesung des Haushalts am 18. Dezember wohl nichts mehr ändern.

Wölfles Bedenken bleiben bestehen. Mit der Brötchentaste werde "dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet". Wer wolle, könne kurz zum Auto zurück, erneut die Taste drücken und so einen weiteren Ausdruck bekommen, der zum Gratisparken berechtigt.

Wie kontrovers die Brötchentaste beurteilt wird, hat sich jetzt auch im Stuttgarter Süden gezeigt. Die Mehrheit plädierte dort für die Abschaffung. Dagegen argumentierte die CDU, die Taste erhöhe die Attraktivität des lokalen Einzelhandels. Der Süden sei langgezogen wie ein Schlauch - wer dort einkaufe, müsse an mehreren Stationen halten können. Der Wegfall der Brötchentaste würde den Abfluss des Kundenstroms ins Zentrum bewirken, wo die Geschäfte nahe genug beisammen liegen, um Einkäufe mit einem Parkschein zu erlauben.

Ginge es nach den Autofahrern, dann müsste die Brötchentaste wohl auch dort eingeführt werden, wo es sie bisher nicht gibt: innerhalb des Cityrings und in der nächsten Umgebung. Doch daran ist nicht einmal die City-Initiative Stuttgart (Cis) interessiert. Die Einzelhändler im Stadtkern halten es für wichtiger, dass nicht alles zugeparkt wird, sondern das richtige Ambiente herrscht. Dass der Handel draußen starkes Interesse an der Brötchentaste hat, versteht City-Manager Hans H. Pfeifer. Die Händler in Außenbezirken werden das Gratisparken im Zweifel lieber noch großzügiger regeln wollen, meint Klaus Eggert, Bezirksvorsteher in Untertürkheim. Er weiß, dass es so manchen Einwohner von Luginsland zum Einkaufen nach Fellbach zieht. Dort, bekommt Eggert zu hören, dürfe man anderthalb Stunden gratis parken.

In Untertürkheim gibt es die Brötchentaste mit der Halbstundenregelung. Außerdem sei die Zahl der Parkplätze hinter dem Postgebäude und bei der AOK-Geschäftsstelle von 33 auf 83 erhöht worden, damit der Ortskern besser frequentiert wird und Leerstände von Läden vermieden werden. Die Erreichbarkeit der Läden sei sicher ein wichtiges Thema, meint Eggert. Die Brötchentaste gelte da als hilfreich.

Ähnlich beurteilt es Stuttgarts Stadtteilmanager Torsten von Appen. Das Instrument sei sinnvoll - wenn man mit Kontrollen verhindere, dass die Brötchentaste zum Dauerparken missbraucht wird.

In Hedelfingen, wo die Taste viele Anhänger hat, werde ein und derselbe Stellplatz manchmal einen ganzen Tag oder sogar zwei Tage blockiert, weiß Bezirksvorsteher Hans-Peter Seiler. Wenn der Betreffende dann gerade mal fünf oder zehn Euro bezahlen müsse, habe er noch immer günstig geparkt. Mehr Nachdruck bei den Kontrollen würden sowohl die Einzelhändler wie auch der Bezirksvorsteher begrüßen. Bei den Haushaltsberatungen der Stadt gibt es ebenfalls Bestrebungen in diese Richtung.