Die Einfahrt ins Parkhaus Schlossberg in der Stadtgrabenstraße: Hier ist die erste Stunde kostenlos Foto: jps

Böblingen schafft zwar attraktive Angebote in den Parkhäusern. Doch der Einzelhandel spürt davon bisher wenig. Das soll sich ändern.

Ein Werktag in der Böblinger Stadtgrabenstraße: Die Kurzzeitparkplätze am Straßenrand sind zugeparkt, die dortigen Fachgeschäfte warten auf Kundschaft – und in der Parkgarage unter dem Schlossberg sind viele gut beleuchtete Parkplätze im hinteren Bereich frei. Dieser – harten – Parkplatz-Realität begegnet die Stadt seit Frühjahr mit einem neuen Gebührenmodell. So ist neuerdings das Parken in den städtischen Garagen in der ersten Stunde gratis, wo es zuvor nur eine halbe Stunde war. Außerdem kostet es in den Abendstunden im sogenannten Dinnertarif von 18 bis 23 Uhr nur einen Euro pauschal.

 

Im Zentrum stellen die Stadtwerke insgesamt 1860 Parkplätze zur Verfügung, davon ist zwar ein knappes Drittel an Dauerparker vermietet. Doch noch immer bleiben weit über 1000 gut beleuchtete, im Sommer angenehm kühle und im Winter trockene Stellplätze verfügbar. Diese Parkflächen sind zudem strategisch günstig gelegen: Direkt unter dem Marktplatz mit Zufahrten über die Stadtgrabenstraße oder die Pfarrgasse, neben der Kongresshalle, am Postplatz, im Höfle oder unter der Hautana-Passage.

Auslastung lässt zu wünschen übrig

Doch offenbar ist diese Tatsache vielen Autofahrern gar nicht bekannt, denn die Auslastung der städtischen Garagen lag ohne Dauerparker zuletzt bei etwas über 50 Prozent. Unter der Kongresshalle ist gar ein ganzes Parkdeck seit Langem gesperrt. Was also tun, um einerseits mehr Autofahrer in die Tiefgaragen zu locken und andererseits die Kurzzeitplätze besser frei zu halten? Hört man sich in der Stadt um, gibt es dafür verschiedene Hebel.

Warum Parken so viel mit Psychologie zu tun hat

Das Geschehen direkt vor der eigenen Ladentür beobachten kann Helmut Hermann vom gleichnamigen Haushaltswarengeschäft in der Stadtgrabenstraße 11. „Es muss in den Hinterkopf, dass man im Parkhaus schnell und bequem parken kann und man dadurch ein angenehmes Einkaufserlebnis hat“, sagt er. Stattdessen aber fahren manche drei Runden um den Schlossbergring, finden keinen Stellplatz – und suchen entnervt das Weite. „Da ist viel Psychologie dabei“, sagt Hermann. Ein weiteres Ärgernis seien Dauerparker in der städtischen Garage, die die besten Plätze belegen.

Böblinger Parkleitsystem: Seit Jahren defekt Foto: jps

Ein weiterer Kritikpunkt: Die städtischen Parkautomaten akzeptieren überwiegend nur Bargeld. Wer – wie in anderen Ländern längst Usus – mit Handy oder Bankkarte bezahlen will, hat Pech gehabt. Bisher nahm der amtierende Oberbürgermeister Stefan Belz die Punkte nicht in seinen Wahlkampf auf. Auf das Thema angesprochen, sagt er aber zu, dass Böblingen als von ihm ausgerufene „Smart City“ durchaus den Anspruch habe, ein digital vernetztes Parksystem zu schaffen. Der Weg dorthin scheint allerdings noch ein weiter. „Ein neues Parkleitsystem sollte idealerweise aus einem Guss sein und kein Flickwerk“, sagt er. Denn mittlerweile seien neue Parkhäuser in der Stadt hinzugekommen, etwa die Garage unter dem Pulse. Die verschiedenen Daten aller Anbieter – privater wie städtischer – wolle man auf neuen Tafeln zusammenbinden.

Wie viel Parken mit Psychologie zu tun hat, zeigt IHK-Experte Martin Eisenmann auf: „Um die Gewohnheit der Menschen zu ändern, braucht es lang anhaltende, massive Kommunikation sowie eine Kombination aus Pull- und Push-Faktoren.“ Also attraktive Angebote und Erleichterungen (Pull) auf der einen und Einschränkungen oder Wegnahmen (Push) auf der anderen Seite. Ein neues, übersichtliches Parkleitsystem als Dauerberieselung der Autofahrer könne dabei helfen. Eisenmann: „Die Dauerparker in tiefere Parkebenen zu lenken wäre außerdem ein kurzfristiger und darüber hinaus auch kostengünstiger Schritt.“ Nichts hält Eisenmann davon, einfach Parkplätze im Außenraum wegzunehmen und die Menschen kurzfristig umerziehen zu wollen: „Das gibt nur einen Sturm der Entrüstung, damit ist nicht geholfen.“ Stattdessen seien Veränderungen in den Gewohnheiten nur Stück für Stück möglich .

Parkautomaten in Böblingen: Überwiegend noch analog Foto: jps

Werbung soll helfen, die Angebote stärker publik zu machen

Weiters gelobt die Stadt, die Gratisstunde und den Dinner-Tarif intensiver zu bewerben. Zum Beispiel über Aushänge in der Gastronomie, heißt es vom Stadtmarketing. Außerdem will die Verwaltung ihre eigenen Kanäle nutzen: Amtsblatt, Social Media, Flyer, Plakate. Für ein neues Parkleitsystem, das die Autos schon am Stadteingang in die richtigen Bahnen lenkt, nennt die Verwaltung indes noch keinen Termin.