Die Schöttlestraße in Stuttgart-Degerloch: Diese Straße haben Wohnmobilisten offensichtlich als Parkplatz für ihr Gefährt für sich entdeckt Foto: Patrick Steinle

Der Trend zum Campingurlaub ist ungebrochen. Das zeigen die Verkaufszahlen für Wohnwagen und Reisemobile. Doch wohin mit den Fahrzeugen, wenn man nicht auf Achse ist? Nicht selten an den Straßenrand – was zu Konflikten führt.

Degerloch/Filder - Offensichtlich hat es sich herumgesprochen, dass sich die Schöttlestraße in Degerloch, nahe des Friedhofs, als Dauerstellplatz für Wohnmobile eignet. Für die Anwohner sei dies „eine Dauerbelastung“, wie es in einem Antrag der AfD im Degerlocher Bezirksbeirat heißt. Die Parkgelegenheiten in dem Gebiet seien ohnehin knapp – wegen Pendlern und den Schulen in der Nähe. „Die Verwaltung wird gebeten, eine Lösung zu suchen.“ Diesem Wunsch schlossen sich die anderen Fraktionen bei der jüngsten Sitzung einstimmig an.

Diskutiert wurde rege. Ein Vorschlag war, den Wohnmobilfahrern einen Stellplatz anzubieten. Sie einfach nur weghaben zu wollen, sei auch keine Lösung. Die Wohnmobile seien schließlich da.

Ob das nur an Corona liegt, ist fraglich

Das sind sie. Und es werden immer mehr. Im ersten Halbjahr von 2020 wurden im Vergleich zum selben Vorjahreszeitraum 3,7 Prozent mehr Freizeitfahrzeuge zugelassen, es waren mehr als 54 000 Stück, so der Caravaning-Industrie-Verband. Ob das nur an Corona liegt, ist fraglich, denn bereits im vergangenen Jahr hatte die Branche Rekorde zu vermelden. Die Neuzulassungen von Freizeitfahrzeugen – Reisemobile und Wohnwagen – stiegen 2019 in Deutschland um rund 14 Prozent. Knapp 81 000 der Fahrzeuge waren neu auf den Straßen in der Republik. Laut dem Verband war 2019 bereits das dritte Rekordjahr in Folge. Die Konflikte wegen des Parkplatzmangels in den Wohngebieten, zu denen es immer wieder kommt, wird dieser Anstieg an Fahrzeugen mutmaßlich nicht befrieden. Im Gegenteil.

Wohnmobile dürfen mehr als Wohnwagen

Das Thema bewege die Stadt seit Jahren, sagt Joachim Elser von der Stuttgarter Verkehrsüberwachung. Es gebe regelmäßig Ärger wegen abgestellter Wohnwagen oder Wohnmobile. Ein Mehr an Beschwerden kann Elser allerdings nicht erkennen. Zu unterscheiden sind übrigens Wohnwagen von Wohnmobilen. Während Reisemobile als eigenständige Fahrzeuge gelten und deshalb – auch dauerhaft – am Straßenrand stehen dürfen, gilt dies für Wohnwagen nicht. Bei ihnen handelt es sich um Anhänger, sie müssen nach spätestens zwei Wochen bewegt werden, ansonsten gibt’s Sanktionen.

Es handelt sich um kein Stuttgarter Phänomen, auch in Filderstadt gebe es immer wieder Klagen, laut Jan-Stefan Blessing, dem Leiter des dortigen Ordnungsamts. Seiner Wahrnehmung nach sind die Beschwerden in den vergangenen Jahren mehr geworden. „Das führt regelmäßig zu Konflikten bis hin zu Anfeindungen in der Nachbarschaft“, sagt er. Vor allem die Wohnmobile seien ein Zankapfel. Weil sie legal dort parken.

Hilft das neue Parkierungskonzept?

„Für die Anwohner ist es sehr frustrierend“, sagt Gerd Maier, der Leiter des Ordnungsamts in Leinfelden-Echterdingen. Er ist aber optimistisch, dass das neue Parkierungskonzept der Stadt hier Abhilfe schaffen kann. Schlicht, weil dann Nicht-Anwohner ihre Wohnmobile nicht mehr an einem x-beliebigen Straßenrand parken dürfen. Man braucht dann einen Bewohnerausweis.

Doch welche Alternativen gibt es zum Straßenrand? Wie schwierig es sei, einen Stellplatz auf den Fildern zu finden, davon berichtet Petra Haas. Sie ist die Vorsitzende der Campingfreunde Filder. Der Verein mit seinen 50 Mitgliedern hatte bis vergangenes Jahr drei Plätze – in Kemnat, Bernhausen und Mittelstadt (Landkreis Reutlingen). Aktuell ist den Campingfreunden noch der Platz in Mittelstadt geblieben, man suche händeringend nach Grundstücken, sagt Haas. Denn die Warteliste der Leute, die ihre Wohnwagen oder Mobile abstellen wollen, sei lang.

Kunden fragen nach Tipps fürs Abstellen

Dass die Stellplatzfrage immer mehr Thema wird, kann Sven Kopper bestätigen. Er ist Verkaufsleiter beim Caravaning-Center Schmidtmeier in Steinenbronn. „Es gibt zu wenige Stellplätze für die Menge an Fahrzeugen.“ Kunden würden immer häufiger nach Tipps fragen, wo sie ihr Gefährt abstellen könnten. Man verweise dann aufs Internet, sagt Kopper.

Unter Umständen landen sie dann auf der Homepage von Katrin Neuss. Seit diesem Monat bietet sie rund 50 sogenannte Einstellplätze in Vaihingen/Enz an. Das Hauptgeschäft ist eine Schrottverwertung, weil sie aber ein passendes Grundstück hatten, hätten sie mit den Stellplätzen begonnen. Zumal der Bedarf riesig sei, sagt Neuss. Viele, die sich bei ihr gemeldet hätten, hätten berichtet, dass sie schon auf etlichen Wartelisten stünden. Die jährlichen Kosten für einen Stellplatz lägen bei gut 700 Euro.