Der Bau eines Tiefgaragenstellplatzes kostet um die 40 000 Euro. Foto: Sigerist

Bisher ist ein Parkplatz pro Wohnung Pflicht. Doch hier ändert sich gerade etwas – wenn auch langsam. Ein Beispiel von der Filderebene, wo Bauträger vorgeschlagen haben, weniger Stellplätze als gefordert zu bauen.

Filder - Dürfte der eigene Stellplatz bisher ein wichtiges Kriterium für Käufer oder Mieter einer Wohnung gewesen sein, so scheint sich hier nach und nach eine Veränderung anzubahnen. Die Bauträger im Neubaugebiet Schelmenäcker haben den Vorschlag gemacht, weniger Stellplätze als vorgegeben zu bauen – schlicht weil nicht alle Menschen ein Auto haben und dann für etwas bezahlen müssten, was sie gar nicht nutzen. Die Verwaltung hätte dies gut geheißen – auch als politisches Signal. Doch daraus wurde letztlich nichts.

Wie ist die Gesetzeslage?

Die Landesbauordnung für Baden-Württembergsieht beim Bau von Gebäuden für jede Wohnung einen Stellplatz vor, das kann auch eine Garage sein. Ist das auf dem Baugrundstück selbst nicht möglich, können Stellplätze auch auf einem anderen Grundstück in zumutbarer Entfernung gebaut werden. Mehr Stellplätze als einer pro Wohneinheit sind zulässig.

Wie ist die Praxis in Leinfelden-Echterdingen?

In den vergangenen Jahren wurde nach den Worten des Planungsamtsleiters Philipp Schwarz in den Baugebieten meist mit einem Stellplatzschlüssel entsprechend der Landesbauordnung geplant. „Ein Mindestwert, der von einigen Bauherren auch überschritten wurde“, sagt er. Im Baugebiet Brühleshecke in Stetten wurde indes ein Stellplatzschlüssel von 1,4 für Reihenhäuser und von 1,3 für Mehrfamilienhäuser festgelegt. Der Grund: die schlechtere Anbindung des Gebiets an Busse und Bahnen.

Im Baugebiet Schelmenäcker in Leinfelden wäre die Stadtverwaltung bereit gewesen, den Stellplatzschlüssel herunterzufahren – auf 0,9; das war auch als politisches Signal gedacht. Für die geplanten rund 210 Wohneinheiten wären im Untergrund demnach 180 Stellplätze gebaut worden. Zusätzlich hätte es Platz für Lastenräder und andere Formen alternativer Mobilität gegeben.

Aber nicht nur die Stadt hat das befürwortet. „Der Wunsch kam von den Bauträgern“, sagte Baubürgermeisterin Eva Noller kürzlich im Technischen Ausschuss. Denn die Bauträger gaben an, dass teils ein Leerstand drohe, wo sie einen Stellplatz mitvermieten müssten. Als Ausgleich könnte den neuen Bewohnern beispielsweise ein vergünstigtes Abo für den Nahverkehr angeboten werden. Doch aus all dem wurde nichts: Der Gemeinderat hat sich letztlich nicht auf diesen für die Kommune erstmaligen Schritt eingelassen und mit der konservativen Mehrheit für einen Stellplatzschlüssel von 1,0 in den Schelmenäckern votiert.

Welche Vorteile hätte die Neuerung?

Rund 40 000 Euro kostet der Bau eines Stellplatzes in einer Tiefgarage. Wird darauf verzichtet, könnten Wohnungen billiger zum Kauf angeboten werden, auch die Mieten würden niedriger. Noller rechnet damit, dass in den Schelmenäckern ein Stellplatz mit 1,25 Euro pro Quadratmeter in die Kaltmiete einfließt – bei einer 80 Quadratmeter-Wohnung sind das immerhin 100 Euro monatlich. Und für die Stadt könnte dies eine Entlastung des Straßennetzes bringen, wenn weniger Autobesitzer in den Ort ziehen.

Welche Nachteile drohen?

Wer keinen Stellplatz für sein Fahrzeug besitzt, parkt auf der Straße. Das ist zwar nicht verboten, so lange keine anderslautenden Parkierungsregeln aufgestellt werden. Doch es verschärft natürlich die ohnehin angespannte Situation in vielen Wohngebieten.

Wie handhabt es Filderstadt?

Natürlich gilt auch in Filderstadt die Landesbauordnung. Doch in der Vergangenheit wurde fast überall mit einem erhöhten Stellplatzschlüssel von 1,5 oder gar 2,0 gearbeitet, wie Ursula Richts vom Stadtplanungsamt sagt.

Nach den Worten von Baubürgermeisterin Susanne Schreiber gilt natürlich erst einmal die gesetzliche Vorgabe. Von der kann jedoch in einem Bebauungsplan abgewichen werden. Zudem könne eine eigene Stellplatz-Satzung für bestimmte Gebiete oder auch einen ganzen Stadtteil erlassen werden. Kriterien seien die Lage – also der Anschluss an den Nahverkehr, die Größe der Wohnungen und auch die zu erwartenden Mieter oder Käufer.

Und wie hält es Stuttgart?

In Stuttgart gibt es einzelne Bebauungspläne, die einen von der Vorgabe – 1,0 pro Wohneinheit – abweichenden Stellplatzbedarf regeln. Vor allem nach unten soll dies korrigiert werden. So ist aktuell eine Satzung zur Verringerung des Stellplatzbedarfs für Wohnungen geplant.