Inhaber von 1600 Anwohner-Parkausweisen in Göppingen hat müssen sich auf drastische Gebührensprünge einstellen. Größenabhängige Gebühren wird es aber nicht geben.
Wir sind noch am Überlegen, ob wir uns unter diesen Bedingungen noch einen Anwohner-Parkausweis holen“, sagt Inge Derichs, die gemeinsam mit ihrem Mann einen von 1600 Göppinger Anwohner-Parkausweisen besitzt. Die beiden wohnen im unteren Teil der Marstallstraße in der Göppinger Nordstadt. Inge Derichs räumt ein, dass die bisherige Bearbeitungsgebühr von 30 Euro im Jahr schon sehr günstig war – und seit Mitte der Neunziger unverändert.
Lange Zeit waren die Gebühren bundesweit gedeckelt. Seit 2021 können die Kommunen sie festlegen. Seither haben viele Städte die Gebühr erhöht (siehe Infobox). Nun kommt auch in Göppingen das dicke Ende. In zwei Stufen soll die Gebühr in den kommenden 14 Monaten auf das Vierfache steigen. Zunächst zum Jahreswechsel auf 90 Euro, im Folgejahr auf 120 Euro. So jedenfalls lautet der Vorschlag aus der Vorberatung, über den am 6. November der Gemeinderat entscheidet. „Auf 100 Euro oder mehr ist es dann schon eine heftige Steigerung“, sagt die betroffene Göppingerin. Und sie weist darauf hin, dass ein Stellplatz nicht garantiert ist. Im Gegenteil, es komme sehr häufig vor, dass sie trotz Bewohnerausweis keinen Stellplatz in ihrem Bezirk findet. Und wenn sie nur wenige Meter auf den angrenzenden Parkbezirk ausweicht, droht ein Knöllchen. „Es gibt bei uns zu wenige Anwohnerstellplätze“, findet die Nordstädtlerin.
Nach Jahrzehnten ist eine Gebührenanpassung unausweichlich
Der Hintergrund für die Preisexplosion: Die bisherige Gebühr deckt die Verwaltungskosten nicht ab. Weil die Göppinger Stadtkasse leer ist, haben sich die Stadträte in einer Sparrunde darauf geeinigt, nach Jahrzehnten die Gebühr zu erhöhen. Die Stadt rechnet damit, dass die Einnahmen von bisher 48.000 auf 120.000 Euro pro Jahr steigen werden. Die Stadträte im vorberatenden Ausschuss machten sich über die Folgen eines solchen Gebührensprungs wenig Illusionen. Tenor aus mehreren Fraktionen: „Der Shitstorm aus der Bevölkerung wird ohnehin kommen.“ Dadurch, dass die Gebühr lange gleich geblieben ist, seien die Nutzer nun schockiert. Eine Anpassung sei aber unausweichlich.
Was die Mehrheit jedoch ablehnte, war eine Gebühr, die sich nach der Fahrzeuggröße richtet. Die Abteilung Ordnung der Stadtverwaltung hatte dafür das Konzept einer Staffelgebühr ausgearbeitet. Ein Grundbetrag sollte mit Länge und Breite des Autos sowie der Wochenzahl multipliziert werden. Abteilungsleiter Klaus Laib rechnete vor, dass ein VW Golf dann beispielsweise 99,60 Euro kosten würde, ein SUV wie der BMW X5 aber 131,56 Euro pro Jahr. Mindestgebühr wären 83,50 Euro. Darin sah die Stadt „eine faire, der tatsächlichen Nutzung des öffentlichen Raums angepasste Gebührenhöhe“.
Größengestaffelte Gebühren? Viel zu bürokratisch!
Doch viele Stadträte im Ausschuss traten bei der Strafgebühr für größere Schlitten voll auf die Bremse: „Bürokratiequatsch“ nannte Jan Tielesch (CDU) den Ansatz, wo doch jeder von Bürokratieabbau rede: „Der Vorschlag widerstrebt mir mit jeder Pore.“ Auch die anderen Zitate waren eindeutig: „Bürokratiemonster“ (Armin Roos, SPD), „etwas kleinkariert“ (Michael Weller, AfD), „vollkommener Quatsch“ (Stefan Horn, FWG) und „unnötige Bürokratie“ (Florian Schwegler, FDP/FW) lauteten die Urteile. Hilde Huber (SPD) war „amüsiert“. Nur Nina Goldmann (Grüne) unterstützte das Vorgehen.
Der Erste Bürgermeister Johannes Heberle verteidigte den Ansatz: „Wer mehr Platz braucht, soll mehr zahlen.“ Und Oberbürgermeister Alex Maier erinnerte daran: „Es gibt keinen Anspruch auf einen Parkplatz im öffentlichen Raum.“ Der Rathauschef hatte dann aber „kein Problem mit einer Pauschalgebühr“. So kam es, dass der Vorschlag für eine schrittweise Steigerung auf 120 Euro Pauschalgebühr in die Abstimmung geht.