Fabian Döring vom Stuttgarter Radsportteam Racing Students kämpft um WM-Medaillen auf der Bahn. 2028 will er dann seinen eigentlichen Traum verwirklichen.
Der Geist von 2016 weht noch immer um das Bahnrad-Stadion in Rio de Janeiro. Im seinerzeit extra für die olympischen und paralympischen Sommerspiele errichteten Velodrom geht von diesem Donnerstag an auch Fabian Döring auf Medaillenjagd. Anlass sind die Weltmeisterschaften im Paracycling. „Es ist ein mega geiles Feeling hier rund um den Olympiapark“, sagt der 39-jährige Radsportler, der sonst für das in Stuttgart beheimatete Radsportteam Racing Students startet.
Seit vergangenem Samstag bereitet sich Döring mit der deutschen Nationalmannschaft zwischen Tennisarena und olympischer Turnhalle auf die viertägigen Wettkämpfe vor. Zuvor war er bereits gemeinsam mit den Elitefahrern, die zeitgleich in Santiago de Chile ihre Wettbewerbe austragen, im Trainingslager am Olympiastützpunkt in Frankfurt/Oder. „Man fühlt sich dann selbst ein bisschen wie ein Profi – obwohl man es gar nicht ist“, sagt Döring. Der gebürtige Freiburger arbeitet im Alltag als Technischer Service-Manager für Pharma- und Nahrungsergänzungsmittel bei einem Schweizer Unternehmen. Unweit seiner Arbeitsstätte trainiert der in Weil am Rhein lebende Familienvater regelmäßig im Velodrome von Grenchen.
Gelebte Inklusion bei Stuttgarter Radsportteam Racing Students
Um sich neben Beruf, Familie und Sport nicht auch noch um persönliche Sponsoren kümmern zu müssen, schloss sich Döring 2022 den Racing Students an. „Das ist gelebte Inklusion“, sagt der Parasportler. Im Jahr 2009 erhielt er die Diagnose Knochenkrebs. Ein Jahr dauerte die Behandlung, inklusive Chemotherapie und großer Operation. Seitdem ist Dörings rechtes Bein versteift. Weil zudem die Hebemuskulatur in der Wade entfernt werden musste, kann er lediglich noch seine Zehen ansteuern. Zur Stabilisation trägt der Radsportler deshalb eine Orthese. Zwar könne er die Racing Students aufgrund seiner Einschränkung nicht bei Elite-Straßenrennen als Fahrer unterstützen, ansonsten sei er aber fester Teil des Teams. „Ich bin komplett im Training und in Teammeetings integriert. Auch bei Trainingslagern bin ich dabei. Es ist eine richtig coole Truppe“, berichtet Döring. Er selbst fährt hin und wieder trotz seiner Behinderung als Einzelstarter bei Straßenrennen mit.
In den vergangenen Jahren spezialisierte Döring sich jedoch auf den Bahnradsport. Vor allem im 1000-Meter-Zeitfahren rechnet er sich in seiner Klasse C 4 bei der WM Chancen aus. „Das ist die Disziplin, auf die ich hingearbeitet habe“, sagt Döring. 2024 landete er mit seiner persönlichen Bestzeit von 1:09 Minuten ebenfalls auf der Bahn in Rio auf dem 13. Rang. Heuer soll es mehr sein. „Ein Platz unter den ersten sechs wäre ein Top-Ergebnis“, sagt der deutsche Starter. Dafür muss er seine bislang schnellste Zeit wohl unterbieten. Die stärksten Konkurrenten kommen aus den Radsportnationen Großbritannien, Australien und Frankreich.
Seine Aussichten im Scratch-Wettbewerb und im Ausdauerrennen kann Döring nur schwer einschätzen. „Da muss ich im Rennen ein bisschen auf mein Gefühl vertrauen“, sagt der 39-Jährige. Im Scratch, einer Disziplin mit Massenstart, die inzwischen nur noch über zehn statt 15 Kilometer geht, wurde er bei seiner ersten WM 2022 Zweiter. Im vergangenen Jahr verpasste er im Ausscheidungsfahren als Vierter nur knapp eine weitere Medaille. „Massenstarts liegen mir, weil man da ein bisschen die Ellenbogen ausfahren muss“, verrät Döring. Neben Durchsetzungsvermögen brauche man auch Mut, in kleinere Lücken zu fahren.
Die erneute WM-Teilnahme soll freilich noch nicht alles gewesen sein – die allergrößte Bühne fehlt Döring noch. „Das Ziel ist klar gesteckt: die Paralympics 2028 in Los Angeles“, sagt der Athlet.