Foto: Julia Barnerßoi

Am Paracelsus-Gymnasium sollen Schüler auch während des Mittagessens betreut werden.

Plieningen - Ein Mädchen balanciert mit einem großen Tablett durch den vollen Speisesaal. Über dem Arm die Jacke und einen großen Schulranzen auf dem Rücken; so sucht die Fünftklässlerin einen Platz zwischen den Mittel- und Oberstufenschülern. Man sieht ihr an, dass ihr nicht ganz wohl dabei ist. Ein Lehrer, der an jenem Tag selbst im Paracelsus-Gymnasium (PGH) zu Mittag isst, sieht das Mädchen und hilft ihm kurzerhand.

Katrin Belge und Katja Schulz würden sich wünschen, dass jeden Tag jemand da wäre, der ein Auge auf die Schüler wirft. Die beiden Lehrerinnen sind am PGH verantwortlich für die Betreuungsangebote. Dazu zählt ihrer Meinung nach auch das Essen zwischen dem Unterricht und der Nachmittagsbetreuung. Pädagogisches Mittagessen nennt sich die Idee, die von der Stadt Stuttgart stammt und von dieser auch gefördert wird (siehe Infokasten).

Beim Pädagogischen Mittagessen geht es nicht um die reine Aufsicht, erklärt Katrin Belge, die die Fächer Englisch, Deutsch, Geschichte und Psychologie unterrichtet. Natürlich werde geguckt, dass sich jeder ordentlich anstellt und nicht drängelt. „Die Aufsichtsperson ist aber auch Ansprechpartner für die Schüler“, sagt sie. Wenn ein Kind mit Tränen in den Augen dasitzt, werde es nicht übersehen.

Voraussetzungen gibt es nicht

Dass Werte und Tischsitten vermittelt werden, ist ein weiteres Ziel des Pädagogischen Mittagessens, erklärt Nadine Schwarz. Sie ist die Mitarbeiterin der Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann und bei der Stadt verantwortlich für das 2007 eingeführte Projekt. „Für die Essensausgabe oder zum Abspülen nach dem Essen dürfen die Kräfte aber nicht eingesetzt werden“, erklärt Nadine Schwarz.

Die Kinder sollten auch lernen, Verantwortung zu übernehmen. Wer seinen Platz verkleckert, soll darauf hingewiesen werden, dass mit einem Wischlappen alles getan wäre. Dafür braucht es jemanden mit Autorität, der gleichzeitig einen guten Draht zu den Kindern hat. „Wir suchen jemanden, der Strenge mit Herz verbindet“, sagt Katja Schulz.

Voraussetzungen, die die Aufsichtsperson erfüllen müsste, gibt es laut den beiden Lehrerinnen nicht. „Es ist nicht zwingend notwendig, dass jemand einen professionellen Hintergrund hat“, sagt Katja Schulz. Ein Student wäre ebenso erwünscht wie ein Rentner, und das Geschlecht spiele keine Rolle. Nicht ganz ideal fänden es die beiden Frauen allerdings, wenn ein Vater oder eine Mutter eines Schülers die Aufgabe übernehmen würden. „Das könnte gerade für einen jüngeren Schüler unangenehm werden“, sagt Katrin Belge.

„Die jungen Schüler vermissen die Unterstützung sehr“

Viermal in der Woche bräuchte das PGH Unterstützung für jeweils eine Stunde. Derzeit spendiert die Stadt der Schule dafür 15 Euro pro Tag. „Wenn jemand nicht an allen Tagen kann, wäre das auch kein Problem“, sagt die Lehrerin Katrin Belge. Man könnte die Aufgabe ja auch auf zwei Personen verteilen.

Ganz neu ist die Idee am PGH übrigens nicht. In den vergangenen beiden Schuljahren gab es die Mittagsbetreuung schon. Seit diesem Schuljahr ist die Stelle wieder frei. „Die Schüler hatten die Dame sehr gut angenommen.“ Mit diesen Worten macht Katrin Belge möglichen Interessenten Mut. Ihre Kollegin Katja Schulz ergänzt: „Besonders die jüngeren Schüler vermissen die Unterstützung sehr.“

Pädagogisches Mittagessen

Grundlage
: Im Jahr 2005 hat die Stadt Stuttgart ihr Programm der außerschulischen Bildung und Betreuung mit dem Stuttgarter Weg des Jugendbegleiters beschlossen. Im Schuljahr 2007/2008 begann das darin eingegliederte Pädagogische Mittagessen. Alle Schularten können daran teilnehmen. Derzeit sind es 35 Schulen im Stadtgebiet.

Konzept
: Die Erfahrung in der Ganztagsbetreuung hat gezeigt, dass eine durchgehende Aufsicht bis zum Beginn der Nachmittagsangebote angebracht ist. Der Betreuer ist beim Essen allerdings nicht nur für die reine Aufsicht da. Er leitet die Schüler zum Beispiel auch an, Rücksicht aufeinander zu nehmen oder vermittelt Tischsitten.

Förderung:
Die Stadt fördert die Schulen, die am Programm der außerschulischen Bildung und Betreuung teilnehmen. Städtische Schulen, die sich wie das PGH für die Betreuung einem Programm des Landes angeschlossen haben, sollen nicht außen vor gelassen werden. Auch sie bekommen Geld von der Stadt, wenn auch etwas weniger.