Bei einem Bombenanschlag vor einer Klinik in Quetta sind viele Menschen ums Leben gekommen Foto: AFP

Der IS habe keine organisierte Präsenz im Land, sagt die pakistanische Regierung immer wieder. Nun will die Miliz einen der blutigsten Anschläge seit Jahren verübt.

Islamabad - Bei einem Selbstmordanschlag vor einer Klinik in der südwestpakistanischen Stadt Quetta sind mindestens 70 Menschen getötet worden. Das sagte der Sprecher der Provinzregierung von Baluchistan, Anwar uh Haq Kakar, am Montag. Zuvor hatten verschiedene Kliniken von 66 Toten berichtet. Bis zu 200 Menschen wurden den Angaben zufolge verletzt.

Eine IS-nahe Quelle sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass ein Kommandeur der Miliz mehrere Medienhäuser angerufen und den Anschlag für sich reklamiert habe. Der Sender Geo TV hatte die Nachricht für einige Minuten auf dem Bildschirm-Ticker, löschte sie dann jedoch. Eine offizielle Stellungnahme des IS gab es zunächst nicht.

Die pakistanische Regierung beharrt darauf, dass der IS keine organisierte Präsenz im Land habe. Medien melden aber immer wieder Razzien und die Festnahme von Schläfern oder Kämpfern. Der IS selber sagt, er wolle unter anderem auf pakistanischem und afghanischem Staatsgebiet eine neue IS-Provinz einrichten, die Khorasan-Provinz.

In Pakistan hatte sich der IS 2015 zu zwei großen Anschlägen bekannt. Am 13. Mai 2015 hatten Kämpfer einen Bus mit Mitgliedern der Ismaeliten-Minderheit angegriffen und mindestens 45 Menschen getötet. Am 16. August 2015 hatte ein Selbstmordattentäter im Attok-Bezirk nahe der Hauptstadt Islamabad 14 Menschen in den Tod gerissen, darunter den Innenminister der Provinz Punjab, Shuja Khanzada.

In Afghanistan soll die Organisation derzeit rund 2500 Kämpfer haben, die meisten in der an Pakistan angrenzenden Provinz Nangarhar. Sie werden derzeit fast täglich von US-Drohnen und Jets angegriffen.

Die Provinzregierung setzte eine dreitägige Trauerzeit an.

Wie groß die Zerstörungskraft der Klinik-Bombe von Quetta war, zeigten Aufnahmen von Fernsehsendern. Ärzte und Patienten waren zu sehen, wie sie in Panik aus den raucherfüllten Gängen der Klinik flohen. Laut Gesundheitsminister Rehmat Baloch wurden Kopf und Füße des Attentäters auf einem Dach gefunden. Nach Angaben der Polizei hatte er etwa acht Kilogramm Sprengstoff zur Explosion gebracht.

Der Anschlag traf vor allem vor der Klinik versammelte Anwälte. Sie waren dort zu einer Trauerfeier zusammengekommen, nachdem der Chef der Rechtsanwälte-Vereinigung der Provinz erschossen worden war.

Präsident Mamnoon Hussain verurteilte den Anschlag scharf. Die Provinzregierung setzte eine dreitägige Trauerzeit an.

Baluchistan ist eine der unsichersten Provinzen Pakistans. Eine Vielzahl von militanten Gruppen ist dort aktiv. Dazu zählen sunnitische Extremistengruppen, die regelmäßig Schiiten angreifen, aber auch Taliban-Gruppen, die vor allem den Staat ins Visier nehmen. Separatisten wollen die Abspaltung der Provinz von Pakistan erreichen oder mehr politische und finanzielle Autonomie. Auch die afghanischen Taliban agieren aus der Provinzhauptstadt Quetta heraus.

Der letzte große Anschlag im Land liegt mehr als vier Monate zurück. Ende März hatte ein Selbstmordattentäter der Talibangruppe Jamaat ul Ahrar in einem Park der südostpakistanischen Stadt Lahore mehr als 70 Menschen getötet, darunter Dutzende Kinder.

Die Zahl der extremistischen Anschläge ist seit Anfang 2015 stark zurückgegangen. Nach einem blutigen Anschlag pakistanischer Taliban auf eine Armeeschule im Dezember 2014 hatte die Armee ihre Angriffe auf diese Gruppen verschärft. Andere blieben aber unangetastet.