Eine Schneeballschlacht im Januar hatte juristische Folgen. Foto: dpa

Was als Schneeballschlacht begann, gipfelte in einer Polizeifahndung wegen Kindesentführung. Ein 32-jähriger Paketfahrer war ausgerastet. Jetzt wurde er am Amtsgericht zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung verurteilt.

Ludwigsburg - Was für vier Jungen am 12. Januar als fröhliche Schneeballschlacht vor der Januariuskirche in Oßweil begonnen hatte, hat sich für einen von ihnen innerhalb weniger Minuten in einen Albtraum verwandelt: Weil ein verirrter Schneeball das Auto eines Paketdienstes traf, rastete dessen Fahrer völlig aus. Am Freitag wurde der 32-Jährige am Ludwigsburger Amtsgericht deshalb zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung verurteilt – wegen Freiheitsberaubung und Körperverletzung.

Er könne sich auch nicht erklären, warum bei ihm an diesem Tag die Sicherungen durchgebrannt seien, sagte der Angeklagte am Ende der Verhandlung: „Aber es tut mir leid, und es wird garantiert nicht mehr vorkommen.“ Zum genauen Tathergang wollte der Mann aus Rumänien keine Aussagen machen. Er betonte aber, dass er sich noch nie etwas habe zu Schulden kommen lassen: „Ich bin kein gewalttätiger Mensch.“

Fahrer zerrt Jungen ins Auto

An jenem 12. Januar aber hat er sich so aufgeführt, dass die Polizei nach ihm fahndete und ihn schließlich in der Schorndorfer Straße wie einen sehr gefährlichen Kriminellen festnahm. „Für uns stand zu dem Zeitpunkt noch der Vorwurf der Kindesentführung im Raum“, sagte einer der Streifenbeamten jetzt im Zeugenstand. „Wir haben daraufhin erst einmal das Fahrzeug durchsucht, weil wir nicht wussten, ob das Kind noch drin ist.“

Doch das Kind, ein 13-jähriger Junge, hatte sich da schon selbst befreien können. Völlig geschockt und weinend sei der Junge in eine Tierarztpraxis geflüchtet, berichtete eine Arzthelferin. Was den großen Polizeieinsatz ausgelöst hatte, war eine Lappalie, wie die Richterin feststellte: Ein Schneeball, der offenbar gegen den Griff der Beifahrertür geknallt ist. Der Staatsanwalt ergänzte, dass weder die Windschutzscheibe getroffen noch etwas an dem Auto beschädigt worden sei.

Für den Paketfahrer war es jedoch Anlass genug, den Lieferwagen abzustellen und die vier Jungen zu verfolgen. Als er sie eingeholt hatte, griff er nach dem 13-Jährigen, der den Schneeball geworfen hatte, zerrte ihn mit sich und schubste ihn dann in sein Fahrzeug. Als der 32-jährige Zusteller um das Auto herumging, um am Steuer Platz zu nehmen, versuchten die übrigen Jungen, die gefolgt waren, ihren Freund zu befreien. Doch es gelang ihnen nicht, die Beifahrertür zu öffnen. Sie klingelten an einem benachbarten Haus und alarmierten die Polizei.

Fahrt ins Ungewisse

Für den 13-Jährigen begann derweil eine Fahrt ins Ungewisse. „Ich habe den Mann nicht verstanden“, sagte er. „Er hat immer wieder geschimpft, aber er sprach ja kein Deutsch. Und er hat mir mehrmals mit der Faust auf die Schulter geschlagen.“ Er habe weder gewusst, wohin ihn der Mann bringen wollte, noch was er tun könne. Allerdings endete für ihn die Fahrt schon nach wenigen Minuten. Der Paketfahrer musste das Tempo drosseln, weil der Verkehr stockte. Diese Gelegenheit nutzte der Junge, um aus dem Auto zu springen und sich in die Tierarztpraxis zu flüchten.

Auch wenn der Junge keine bleibenden Schäden davon getragen habe, „das ist eine heftige Sache“, sagte der Staatsanwalt. „Sie haben einen 13-Jährigen in Panik versetzt.“ Er beantragte eine Bewährungsstrafe von acht Monaten, und das Gericht folgte dem. Außerdem muss der Angeklagte 1200 Euro an die Olgäle Stiftung zahlen.