Cornelia Ewigleben und Eckart Köhne in ihrer Wohnung in Karlsruhe Foto:Gottfried Stoppel Foto:  

Warum passen zwei Menschen zueinander? In einer Serie sprechen Paare über sich. Heute: Eckart Köhne leitet das Badische, Cornelia Ewigleben das Württembergische Landesmuseum.

Karlsruhe - Mit dem Aufzug in den fünften Stock. Wenn sich die Fahrstuhltür öffnet, steht man schon in der Wohnung. Cornelia Ewigleben und Eckart Köhne leben im Karlsruher Emanzenviertel, wie der Volksmund das Quartier mit den vielen Bindestrichnachnamen auf den Straßenschildern taufte. Gut, dass die Zwergkiefer und der japanische Himmelsbambus auf der Terrasse pflegeleicht sind. Für gärtnerische Zuwendung bleibt hier wenig Zeit. Sie leitet das Württembergische Landesmuseum, er das Badische Landesmuseum.

Herr Köhne, Frau Ewigleben, wer von Ihnen führt das wichtigere Haus?
Eckart Köhne Das in der Landeshauptstadt steht mehr im Zentrum der Aufmerksamkeit. Auch die Sammlungen sind dort größer. Aber wir haben halt unseren eigenen Charme.
Cornelia Ewigleben Ich finde erstaunlich, wie sehr die Menschen hier im Land ihre Identität über ihre jeweilige Region finden. Sicher fühlen sich die Badener genauso stark wie die Württemberger. Ich sehe in der Bedeutung unserer Häuser keinen Unterschied.
Eckart K. Unser Alleinstellungsmerkmal ist die sehr schöne Antikensammlung, während Stuttgart mit seinen fantastischen Kelten- und Eiszeitfunden glänzen kann. Wir sind bei der volkskundlichen Geschichte mit Schwarzwald-Klassikern wie dem Bollenhut und der Kuckucksuhr in Breite vertreten.
Cornelia E. Ihr habt eure wunderbare Jugendstilsammlung, wir haben unsere einzigartigen Gläser aus vier Jahrtausenden.
Gibt es ein besonderes Lieblingsstück in Ihren Sammlungen?
Cornelia E. Ich habe eins. Ein ägyptisches Mumienporträt aus dem ersten Jahrhundert nach Christus. Wunderbare Malerei. Es gibt nur wenige Bilder, bei denen der Betrachter der Antike so nahe kommt. Die Inschrift ist in Demotisch geschrieben und besagt, dass die junge Frau Eirene hieß. Eirene sieht aus wie eine Römerin ihrer Zeit. Das zu Lebzeiten gemalte Porträt wurde nach ihrem Tod in die Mumie gelegt. Es ist sehr anrührend.
Eckart K. Wenn ich mich für ein Lieblingsstück entscheiden müsste, dann würde ich auch in die Antikenabteilung gehen. Unter den griechischen Vasen gibt es einen sehr schönen Krater, also ein Gefäß, in dem bei festlichen Anlässen Wein mit Wasser vermischt wurde. Darauf sind die über das Meer reitenden Dioskuren zu sehen – die Zwillinge Kastor und Polydeukes, die Herakles auf dem Weg zu den Amazonen begleiteten. Ich habe meine Dissertation über sie geschrieben. Und wie es der Zufall wollte, bin ich danach Vater von Zwillingen geworden. Zwei Jungs.
Sie waren schon einmal verheiratet?
Eckart K. Ja. Aber manchmal kommt man ja erst durch den zweiten Bildungsweg ans Ziel.
Cornelia E. Ich war lange Zeit mit der Archäologie verheiratet und hatte gar kein Bedürfnis zu heiraten und Kinder zu bekommen.
Wie ticken Archäologen?
Eckart K. Studienanfängern sagt man gerne, dass sie ihr Leben fortan der Armut widmen. Cornelia E. Oder ihr Geld selbst mitbringen müssen. Die Berufschancen sind gering. Wer sich trotzdem dazu entschließt, muss schon sehr überzeugt sein. So war es auch bei uns.
Wie haben Sie sich kennengelernt?
Cornelia E. Das war vor 20 Jahren in der Antikenabteilung des Hamburger Museums für Kunst und Gewerbe. Bei der Ausstellung „Gladiatoren und Cäsaren“ kamen wir uns näher.
Eckart K. Cornelia wurde dann Direktorin des Historischen Museums der Pfalz, ein halbes Jahr später folgte ich ihr nach Speyer als Referent beim Museumsverband. 2005 wurde sie Direktorin des Landesmuseums in Stuttgart, ich wiederum kam 2011 auf ihre frühere Direktorenstelle in Speyer. Vor drei Jahren ging ich nach Karlsruhe, folgte ihr diesmal ins Ländle. Seitdem ist meine Zeit des Pendelns vorbei.
Und nun pendeln Sie, Frau Ewigleben?
Cornelia E. Ja, täglich mit dem Zug nach Stuttgart, während er auf dem Rad fünf Minuten bis ins Museum braucht. Es war mein Vorschlag, ich war einfach an der Reihe. Auch das Zusammenziehen war meine Idee. Nach so vielen Jahren mit geteilten Wohnsitzen ist es schön, nur ein Zuhause zu haben.
Sie als Karlsruher sind gleich im doppelten Sinn zu Hause angekommen, Herr Köhne.
Eckart K. Und dieses Museum ist ja auch Heimat für mich. Schon als Schüler verbrachte ich jede Freistunde in der Antikensammlung des Schlosses. Hier wurde ich im Grunde zum Archäologen. Ich müsste lange überlegen, ob es eine schönere Arbeitsstelle geben könnte – zumal staatliche Museen im Ländle für deutsche Verhältnisse sehr groß und finanziell angemessen ausgestattet sind. Dass ich in Karlsruhe zur Welt gekommen bin und meine Eltern hier leben, ist das Sahnehäubchen.
Verstehen Sie als Niedersächsin überhaupt, was die Schwaben Ihnen sagen wollen?
Cornelia E. Im fränkischen Hohenlohe geht es noch, aber auf der Alb brauche ich eigentlich schon einen Dolmetscher. Ich empfinde es als ein Zeichen von Toleranz, dass man hier eine Reingschmeckte das wichtigste kulturhistorische Museum führen lässt. Ich kann mich nicht erinnern, mich an der Universität je mit württembergischer Geschichte befasst zu haben. Trotzdem bekam ich den Vertrauensvorschuss. Das ist nicht überall so. Auch diese Verbundenheit mit der eigenen Geschichte finden Sie nicht überall.