In manchen Beziehungen kracht es täglich. Foto: Adobe/DDRockstar

Klammerer, Pragmatiker, Streithahn: Wir zeigen verschiedene Konstellationen in Beziehungen – mit einem Augenzwinkern und ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Stuttgart - Wer kennt diese Menschen nicht? Sie leben in einer Beziehung, einfach, weil es praktisch ist. Sie kreuzen überall nur im Doppelpack mit dem Partner oder der Partnerin auf. Oder sie sind beim selben Arbeitgeber angestellt – fast jedem begegnen diese Paare im Freundeskreis, bei der Arbeit oder in der Öffentlichkeit. In der folgenden Beziehungstypologie werden unterschiedliche Beziehungstypen vorgestellt. Die Liste hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll nur einen kleinen, nicht ganz ernst gemeinten Überblick zum Schmunzeln liefern.

Welche Art von Beziehung führen Sie? Welche Ihre Freunde?

1. Die Klammerer:

Wer sie in der Öffentlichkeit sieht, könnte meinen, sie sind wie siamesische Zwillinge – also zusammengewachsen. Paare, die die Finger nicht voneinander lassen können. Sie sind unzertrennbar, seelenverwandt, für einander bestimmt – und das zeigen sie auch. Keinen Weg gehen sie alleine, kein Treffen mit Freunden, das nicht im Doppelpack stattfindet. Wer einen von den beiden zu einer Feier einlädt, muss sich auf zwei Gäste einstellen – und auf die ständigen Kosenamen-Rufe: „Aber, Schatz!“, „Mein Honigbärchen, pass auf!“, „Was willst du trinken, Liebling?“. Schrecklich.

Ihr großes Problem ist: ihr Selbstbewusstsein. „Menschen mit einem nicht gut ausgeprägten Selbstwertgefühl neigen zum Klammern“, sagt der Paartherapeut Oliviero Lombardi aus Stuttgart. Aber das liegt oft nicht an ihnen selbst, schuld sind die Eltern! Vielen Dank auch, Mama und Papa. „Wenn sich beispielsweise die Mutter früher an das Kind geklammert hat, lernt das Kind dieses Verhalten“, so Lombardi.

2. Die Jobpaare:

Privates und Geschäftliches trennen? Nicht mit ihnen! Eine Studie von Elitepartner aus dem Jahr 2019 zeigt: Jeder vierte Befragte hatte schon einmal eine Beziehung mit einem Arbeitskollegen. Auf der Arbeit kennengelernt – und gemerkt, dass es passen könnte. Was den meisten Paaren verwehrt bleibt, gelingt ihnen: die täglichen acht Stunden Arbeit zusammen verbringen, da stimmt die Work-Love-Balance. Zudem ist die Gefahr einer Affäre mit einem Kollegen oder einer Kollegin vom Tisch. Den Flurfunk über ihre Beziehung? Ignorieren sie gekonnt. Und die Leidenschaft für denselben Beruf schweißt zusammen.

„Paare mit gleichem beruflichem Background haben oft die gleichen Charaktereigenschaften. Sie passen dann gut zusammen“, sagte die Kieler Psychologin Svenja Lüthge der „Zeit“. Schwierig wird’s erst, wenn ein Konflikt droht – und das gemeinsame Büro zum Schlachtfeld wird: „Streit ist weder für das Paar noch für das Unternehmen gut“, so Lüthge.

3. Die Streithähne:

Hier fliegen die Fetzen – nicht nur einmal am Tag. Der Erziehungsstil, die Rollenverteilung im Haushalt oder die nervige Schwiegermutter: Bei diesem Paar gibt es kaum ein Thema, das kein Konfliktpotenzial birgt. Immer mal wieder getrennt, dann wieder zusammen – da blickt wirklich keiner mehr durch. Sie provozieren sich gegenseitig, streiten dauernd, verletzen den anderen. Aber ohne einander können sie auch nicht. Außerdem ist der Versöhnungssex so intensiv wie die Konflikte, so unverschämt gut, dass es schwerfällt, darauf zu verzichten.

Hier heißt es: Vorsicht, giftig! Eine sogenannte toxische Beziehung: „Es gibt einen ständigen Wechsel zwischen Paradies und Katastrophe. Intensive Liebesgefühle und drohende Trennung liegen manchmal nur Stunden auseinander“, erklärte der Paartherapeut Andreas Kirsche aus Hamburg jüngst der „Apotheken-Umschau“. Als wäre das alles nicht genug Stress, quält die Streithähne auch noch dieses lästige Gefühl von Alternativlosigkeit: ein Leben ohne die andere, ohne den anderen? Das ist unmöglich.

4. Die Pragmatiker:

Finanziell und steuertechnisch wäre die Heirat einfach attraktiv. Mit derselben romantischen Begründung wird auch der Antrag gestellt. Und bald ist das Kind da, jetzt muss man sich tatsächlich trauen. Gar nicht vorstellbar, was die Familie zu einem unehelichen Kind sagen würde. Außerdem besitzt der Schwiegervater so viele Grundstücke, da könnten ja mal Bauplätze entstehen!

Nach 20 Jahren, wenn die Kinder aus dem Haus sind, die plötzliche Erkenntnis: Es gibt keinen Grund, zusammen zu sein. Aber die Scheidung wäre auch zu teuer. „Viele Paare bleiben aus steuerlichen Gründen zusammen. Man muss sich ja nicht zwingend gleich scheiden lassen, nur weil man sich nicht mehr liebt – solange man gut mit der Situation klar kommt“, sagt der Zukunftsforscher Andreas Steinle. Bei den Pragmatikern heißt es oft: „Das ziehen wir jetzt auch noch durch.“ Ach, wie liebevoll!

5. Die Antipole:

Sie, die Klammerin, himmelt ihn an wie einen Gott. Er, der narzisstische Macho, weiß genau, wie toll er ist. Bei diesen beiden prallen zwei Welten aufeinander. Es empfiehlt sich, in ihrer Anwesenheit den ersten Gedanken lieber runterzuschlucken: Warum zur Hölle seid ihr eigentlich zusammen? Dieses Phänomen der Psychologie betrifft viele Menschen, sagt der Paartherapeut Oliviero Lombardi.

Wer zum Klammern neige, den ziehen bei der Partnersuche oft die komplett gegensätzlichen Charaktere magisch an. „Der Macho repräsentiert Stärke, Kraft und Selbstbewusstsein – all das, was die Klammerin nicht hat“, sagt Lombardi. Und wer kann bei diesen Eigenschaften, bei so viel Sex-Appeal schon widerstehen?! Zudem bekommt der Macho von der Klammerin genau das, was ihn zum Glühen bringt: die Bestätigung, dass er der Schärfste ist – und den schönsten tiefergelegten BMW fährt.

6. Die Freigeister:

Monogamie? Was ist das? Wir leben polyamor, frei und sind sowieso total offen und tolerant. Ein Partner oder eine Partnerin bis zum Lebensende? Dafür sind die Bedürfnisse eines Menschen viel zu vielseitig. Monogamie – nur was für öde Traditionalisten. Die Freiheitsliebenden definieren nicht, was das zwischen ihnen ist. Liebe? Oder Freundschaft plus? Hetero? Homo? Oder Bi? Bei ihnen ist alles möglich. Sie leben die pure Unabhängigkeit, Klammern ist strengstens verboten.

Doch aufgepasst bei einer Überdosierung von Unabhängigkeit: „Die unabhängigen Typen gehen als Solisten durchs Leben, vernachlässigen oft die Partnerin oder den Partner – und der Beruf hat oberste Priorität“, sagt der Paartherapeut Oliviero Lombardi. Ihr Motto: Vergiss Emotionen, auf die Leistung kommt es an. „Sie verlernen, Emotionen zu spüren. Das sind meist Männer, zu denen man sagt: ‚Sei stark‘“, erklärt Lombardi. Jahre später merken sie: Hoppla, ich bin ja ganz einsam. „Schlimmstenfalls erleiden sie dann einen Burn-out“, sagt Lombardi.

7. Die Angeber:

„Apropos Urlaub, also wir haben uns ja jetzt ein Ferienhaus auf Mallorca gekauft“ – eine von vielen aufkommenden Prahlereien der Angeber. Und das auch noch zu völlig unpassenden Zeitpunkten, wenn niemand es hören will. Es interessiert keinen! Ist das so schwer zu verstehen?! Aber die Freundinnen und Freunde der Angeber beherrschen glücklicherweise das automatische Auf-Durchzug-Schalten wie aus dem Effeff.

Sie wissen: Jetzt beginnt wieder der nervtötende Vortrag, wie toll bei ihnen alles funktioniert, was sie sich alles leisten können und welche grandiosen Projekte sie schon zusammen umgesetzt haben beziehungsweise noch planen. Doch alles Fassade: So rosig, wie sie ihre Beziehung präsentieren, ist sie keineswegs. Im Gegenteil: Wer es so nötig hat, den Neid der anderen herauszukitzeln, scheint mit einem ernsthaften Beziehungsproblem zu kämpfen. Eine repräsentative Studie von Elitepartner von 2019 zeigt: Besonders jungen Paaren ist es wichtig, zum Beispiel in sozialen Medien als Paar gut zu wirken.