Wandern in Baden-Württemberg, wie hier am Uracher Wasserfall, steht derzeit hoch im Kurs. Foto: dpa/Franziska Kraufmann

Wandern, radeln, campen: In der Corona-Krise boomt alles, was mit Outdoor zu tun hat. Verkäufer und Verleiher profitieren, Vereine haben indes noch das Nachsehen.

Filder - Bei Radschlag geht es zu wie im Taubenschlag. Die Straße vor dem Vaihinger Fahrradgeschäft wird zur Teststrecke, ein Mann schaut sich drinnen E-Bikes an, ein anderer kauft Schutzbleche. Hans Ulrich, der Inhaber, rotiert. „Seit der Verkauf wieder geöffnet ist, ist jeder Tag wie Samstag.“ In der Pandemie erlebt sein Laden einen Ansturm. Die Werkstatt ist bis Mitte Juli dicht, Radmodelle gehen aus. Nachschub? „Der Markt ist leer gefegt“, sagt Hans Ulrich. „So krass war es noch nie.“

Outdoor boomt in der Corona-Krise. Seit Kino, Konzerte und Stadtfeste abgesagt sind und die klassischen Urlaubsziele unerreichbar scheinen, zieht es die Leute in die heimische Natur. Camping etwa ist interessanter denn je. Die Firma Rent-a-trip vermietet und verkauft in Plattenhardt Wohnmobile. Seit den ersten Corona-Lockerungen „rennen uns die Leute die Bude ein“, sagt Carsten Baginski, der zuständige Betriebsleiter. Viele wollten flexibel und autark sein, „ein ganz großer Aspekt ist die Sicherheit“. Die 18 Mietfahrzeuge sind größtenteils weg, die Verkäufe haben sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt, sagt er. Dabei seien nicht nur Dauercamper heiß auf diese Art des Reisens. Bis zu 65 Prozent der Anfragen kämen von Neu-Wohnmobilisten.

Die Gegend vor der Haustür entdecken

Die Camping-Freunde Filder profitieren davon nicht. „Es schläft alles noch“, sagt Petra Haas, die Vorsitzende aus Dürrlewang. Ausfahrten und Clubabende entfallen, die Großveranstaltung zum 40. Vereinsgeburtstag ebenso. Sprich: Der Club mit Sitz in Bernhausen, in dem 50 campingverrückte Familien organisiert sind, kann sich potenziellen Interessenten nicht präsentieren. „Vielleicht kommt das noch nach dem Urlaub, wenn die Leute es ausprobiert haben“, sagt sie hoffnungsvoll.

Derweil entdecken viele den Wandersmann in sich. Im Möhringer Buchladen Pegasus sind laut Jana Heinrich Rad-, Spazier- und Wanderführer für die Region hoch im Kurs, aber auch Deutschland-Reiseführer. „Ich glaube, dieses Jahr fahren alle nach Mecklenburg-Vorpommern“, sagt sie. Bei Papyrus in Sillenbuch sind einige Wandermaterialen direkt an der Kasse drapiert. Uwe Meinhardt, der Inhaber, spricht von einer Verlagerung: „Mehr Lokales, weniger Internationales.“ April und Mai seien ohnehin starke Wandermonate. Und auch bei Seiffert in Leinfelden ist die Nachfrage nach Ausflugs- und Wanderführern seit Wochen hoch. „Es ist auffällig, dass die Leute die Gegend hier entdecken“, sagt Sabine Brauer-Seiffert. Tenor: Man muss gar nicht weg – und will es auch nicht.

Vereinsangebote liegen noch auf Eis

Der Online-Shop des Schwäbischen Albvereins brummt ebenfalls, bestätigt die Sprecherin Ute Dilg. Das Bestellvolumen bei Karten und Führern habe sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Anhand der telefonischen Nachfragen zur richtigen Handhabung von Wanderkarten lasse sich erahnen, dass viele sich diesem Hobby ganz frisch widmen. Die Ortsgruppen allerdings, egal ob Degerloch, Echterdingen oder sonst wo, können diese neue Leidenschaft erst mal nicht bedienen. Im Gegensatz zu anderen Freiluftaktivitäten sind Gruppenwanderungen noch verboten, sagt Ute Dilg, daher liegen sämtliche Vereinsangebote, die jetzt Gefallen finden könnten, auf Eis. Das sei frustrierend. „Wenn wir wieder dürfen, hoffen wir, die Leute da abholen zu können, wo sie sind.“

Mit Outdoor-Utensilien scheinen die Leute jedenfalls eingedeckt zu sein. Während bei Sport Baur in Plieningen Kleider für Hallensportarten aktuell Ladenhüter sind, gehen Lauf- und Wanderschuhe, Trekking- und Walkingstöcke gut, erklärt der Chef Folker Baur. Auch bei Sport Laich am Vaihinger Markt sind diese Waren gefragt, ebenso Fahrradhelme. „Man merkt schon, dass die Leute rausgehen“, sagt Brigitte Laich. Ein Verkaufsschlager sind zudem Fitnessmatten, da laut Corona-Verordnung jeder seine eigene Unterlage zu Kursen mitbringen muss. Ob sie so was jetzt aufstocke? „Sofern wir können“, sagt Brigitte Laich. Beim Großhändler sei vieles aktuell komplett ausverkauft.