Lust auf Sport im Freien: Im Frühjahr ziehen die Geschäfte bei den Sportartikelausrüster wieder an Foto: Fotolia

Bald startet die Outdoor-Saison. Im Land gibt es viele Sportartikelausrüster. Mit schneller Lieferung versuchen die kleineren heimischen Hersteller den globalen Großkonzernen Paroli zu bieten. Und so mancher setzt auf Teamsport – oder den Ökotrend.

Stuttgart - Bei Wolfgang Grupp ist vieles anders: Einen jedes Jahr wachsenden Umsatz sieht der Trigema-Chef nicht unbedingt als erstrebenswertes Ziel an. Und vor allem kann er eines von seinem Unternehmen sagen: „Wir produzieren nur in Deutschland.“ Auch bei dem öfter mal als „König von Burladingen“ apostrophierten Unternehmer ziehen jetzt, im Frühjahr, die Geschäfte wieder an: „Das merkt man jedes Jahr“, so die Erfahrung von Grupp – lockt wärmeres Wetter wieder ins Freie, sind auch seine Trikots mehr gefragt als in der kalten Jahreszeit.

Sportkleidung produziert Grupp für Tennis-cracks, aber auch etwa für Läufer oder Radfahrer. Der Umsatz des Unternehmens mit seinen 1200 Beschäftigten stieg im vergangenen Jahr leicht auf etwas mehr als 94 Millionen Euro, für 2016 ist keine Steigerung geplant: „Wir wollen nicht unbedingt den Umsatz steigern“, so die Strategie von Grupp, „wir tauschen die Produkte aus.“ Was weniger gefragt wird, wird durch ein neueres Angebot ersetzt – das möglicherweise auch mehr Gewinn abwirft.

Der Sportartikelhersteller Erima – der Name leitet sich von Firmengründer Erich Mack ab – hat rechtzeitig zum Beginn des Frühjahrs ebenfalls Neues zu berichten. Nicht etwa, dass nun die Nachfrage explosionsartig steigen würde, wohl aber langfristig Wichtigeres: Für 25 Millionen Euro baut das Unternehmen ein neues Logistikzentrum. Am Firmensitz in Pfullingen ist es zu eng geworden, im Industriegebiet von Kirchentellinsfurt, zwischen Reutlingen und Tübingen, wird ein neues Gebäude hochgezogen – ein Indiz für einen positiven Blick in die Zukunft. Mit seinen 300 Beschäftigten hat Erima im vergangene Jahr 58 Millionen Euro umgesetzt. Für 2016 plant der geschäftsführende Gesellschafter Wolfgang Mannherz eine Steigerung um nicht weniger als 15 Prozent. Das Unternehmen, das etwa die Hälfte seines Umsatzes mit Fußballartikeln – von der Kleidung bis zum Ball – macht, setzt im Wettbewerb mit den globalen Großkonzernen wie Adidas nicht zuletzt auf seine hohe Lieferfähigkeit: „Wir können innerhalb von 48 Stunden liefern“, heißt es bei Erima, „und außerdem setzen wir auf den Teamsport.“ Die Großkonzerne dagegen würden ihre Kunden eher bei Einzelsportlern suchen. „Wir haben da eine Nische.“ Gesponsert werden im Fußball die Geißböcke vom 1. FC Köln, gerne käme Erima auch mit dem SSV Reutlingen ins Geschäft.

Eine Herzensangelegenheit

Für den Sportartikelhersteller Jako aus dem hohenlohischen Mulfingen dagegen ist der Heimatverein FSV Hollenbach schon lange „eine Herzensangelegenheit“, wie Vertriebsleiter Tobias Röschl sagt. „Jako“ steht für die durch Hohenlohe fließenden Flüsse Jagst und Kocher, beim Sportverein waren Firmengründer Rudi Sprügel und seine neun Geschwister schon in ihrer Jugend selbst aktiv. Wie die Kollegen aus Reutlingen wollen auch die Hohenloher mit ihren 200 Beschäftigten dieses Jahr ihren Umsatz nochmals steigern – 2015 waren etwas mehr als 81 Millionen Euro umgesetzt worden, davon knapp ein Drittel im Export.

Belgien, Holland und Österreich sind die wichtigsten Auslandsmärkte, die eigenen Artikel werden überwiegend in Fernost, aber auch in Italien produziert. Verwaltung, Vertrieb, Entwicklung und Lager sitzen in Hohenlohe.„Dass wir das Lager in Deutschland haben, ist für uns elementar“, meint Röschl, „die schnelle Auslieferung unserer Waren ist für uns ein Wettbewerbsvorteil gegenüber den Großen.“ Auch für Jako ist der Fußball die wichtigste einzelne Sportart, Großereignisse fördern den Absatz. Der Karlsruher SC steht auf der Liste der Kicker, die gesponsert werden, im Geschäft ist Jako aber auch mit dem SV Darmstadt 98 sowie Hannover 96. Und in der nächsten Saison kommt noch Bayer Leverkusen hinzu.

Die Reutlinger Reusch GmbH hat beim Fußball stets den Mann im Tor im Blick – für diesen werden Bekleidung, Handschuhe und Protektoren hergestellt. Produziert wird hauptsächlich in Fernost, entworfen werden viele Artikel in Bozen. „Wir haben eine deutlich größere Kollektion an Torwarthandschuhen als die großen Hersteller“, sagt Vertriebsgeschäftsführer Martin Hannemann zur Konkurrenzlage. Für 2016 jedenfalls kann er auf ein Ereignis hoffen, das „den Umsatz ankurbelt“, die Fußballeuropameisterschaft in Frankreich.

Großereignis im Land

Auch bei Uhlsport in Balingen spielt der Mann oder die Frau mit der Nummer 1 auf dem Rücken eine entscheidende Rolle: „Hugo Lloris, der Kapitän der französischen Nationalmannschaft, trägt seit Jahren unsere Handschuhe“, sagt Geschäftsführer Dominik Solleder. Zusammen mit 13 anderen Torhütern, die ebenfalls Uhlsport übergestreift haben, wird er bei der Fußballeuropameisterschaft in Frankreich den Kasten hüten. Die Balinger jedenfalls erwarten durch die Europameisterschaft „eine außerordentliche Umsatzsteigerung unserer Marke Uhlsport“. Abgesehen vom aktuellen Anlass ist das Großereignis im Land der Grande Nation aber auch schon deshalb wichtig, weil Frankreich nach Deutschland der zweitgrößte Absatzmarkt ist.

Etwa zwei Drittel seines Umsatzes von zuletzt 64 Millionen Euro, der „möglichst schnell“ auf 70 Millionen Euro steigen soll, macht das Unternehmen im Ausland. Auch Solleder sieht in schnellen Lieferungen einen wichtigen Wettbewerbsvorteil gegenüber großen Anbietern: Traditionell kauften die Vereine in der zweiten Jahreshälfte, wenn die nächste Saison vorbereitet werde, so Solleder. Bei den Umsätzen aber sei die erste Jahreshälfte in den vergangenen Jahren immer stärker geworden: „Mehr und mehr Mannschaften kaufen schlichtweg dann, wenn sie einen Sponsor finden oder einfach etwas Neues haben wollen.“

Funktionswäsche für Outdoor-Sport

Auf Neuland hat sich schon vor einiger Zeit Gabriele Kolompar, geschäftsführende Gesellschafterin von Engel Sports in Pfullingen, gewagt: Was sie deutlich von anderen Sportartikelherstellern unterscheidet, sind Schaf und Seide. Ihre Funktionswäsche für das Outdoor-Vergnügen besteht fast zu 100 Prozent aus der Wolle von Merinoschafen und Seide, für Formbeständigkeit und Passform sorgt ein kleiner Anteil Elasthan. Der Öko-Kleidungshersteller hat 35 Mitarbeiter, mit einem Umsatz von sieben Millionen Euro gehört man nicht gerade zu den Großen, „aber die Tendenz ist steigend“. Ähnlich wie auch andere sieht Kolompar in der schnellen Lieferung aus dem eigenen Lager einen Wettbewerbsvorteil. Dem Verbraucher, so sagt sie zum Ökotrend, komme es aber nicht nur darauf an, was er selbst trage: „Er fragt zunehmend, wo und wie die Produkte hergestellt werden“. Bei Engelsports sind dies kleine Lohnunternehmen von der Zollernalb.