Die Vonovia verschiebt die Zwangsräumung einer Wohung in Ostfildern, die kurz vor Weihnachten anberaumt war. Foto: dpa

Eine 66-jährige, schwerbehinderte Rentnerin kann das Weihnachtsfest nun doch in ihrer Mietwohnung feiern. Das Unternehmen hat die auf drei Tage vor Heiligabend anberaumte Zwangsräumung vertagt.

Ostfildern - Das Wohnungsunternehmen Vonovia sieht nun doch davon ab, die Wohnung einer 66 Jahre alten, schwerbehinderten Rentnerin nur drei Tage vor Heiligabend zwangszuräumen. Die Maßnahme in einem Mehrfamilienhaus im Ostfilderner Stadtteil Parksiedlung wird laut einem Vonovia-Sprecher auf den Januar vertagt. Ein genauer Termin, wann die Gerichtsvollzieherin und eine Spedition im ersten Monat kommenden Jahres anrücken, stehe aber noch nicht fest.

Lange währender Rechtsstreit

Damit kann Gisela Kindleb zumindest das Weihnachtsfest und den Jahreswechsel in der Wohnung, in der sie seit 25 Jahren lebt, verbringen. Ihr war von der Vonovia, Deutschlands größtem Wohnungskonzern, gekündigt worden, weil sie laut deren Darstellung fortwährend Tauben gefüttert und damit Ungeziefer wie Ratten in die Wohnanlage gelockt habe. Die 66-Jährige habe mehrere Aufforderungen und Abmahnungen ignoriert, erklärt die Vonovia zu dem jahrelang dauernden Rechtsstreit. Der Unternehmenssprecher betonte in einer Stellungnahme am Mittwoch, dies sei durch ein Gerichtsurteil – gestützt auf Zeugenaussagen und Fotos größerer Taubenansammlungen in dem Wohngebiet – bestätigt worden. Zudem erklärt er, dies sei „kein Vorwand, um die Mieterin aus der Wohnung zu drängen“. Diese bestreitet die Vorwürfe nach wie vor und beruft sich darauf, nur Vögel gefüttert zu haben.

Die Verantwortlichen der Vonovia haben aber trotz der richterlichen Zustimmung zur Zwangsräumung offenbar eingesehen, dass der von einer Gerichtsvollzieherin am 21. Dezember festgesetzte Termin zumindest moralisch verwerflich ist. „Wir gehen mit dem Thema Obdachlosigkeit nicht leichtfertig um“, erklärt der Sprecher. Die große Resonanz auf die Berichterstattung über den Fall hat offenbar Wirkung gezeigt, denn es seien auch einige Anrufe zu der Sache beim Unternehmen eingegangen: „Das beschäftigt unsere Mieter.“ Der Vonovia liege daran, „die ganze Sache für Frau Kindleb so stressfrei wie möglich zu gestalten“, teilt der Sprecher mit. Wenn durch den zunächst genannten Räumungstermin „ein falscher Eindruck entstanden sein sollte, bedauern wir das sehr“.

Stadt sorgt für Unterkunft

Gisela Kindleb bleibt die Obdachlosigkeit wohl auch ohne das Entgegenkommen der Vonovia erspart. Die Stadt Ostfildern hat bereits Vorsorge getroffen, die 66-Jährige unterzubringen. Nach dem Bekunden des Oberbürgermeisters Christof Bolay ist die Verwaltung dazu sogar verpflichtet. Laut einer Sprecherin der Stadt ist durch die Umquartierung anderer Bewohner die Möglichkeit geschaffen worden, die Rentnerin samt ihrer Katze und ihrer beiden Wellensittiche in einer Wohngemeinschaft für Frauen unterzubringen.