In Bussen werden die im Ostteil Aleppos ausharrenden Menschen aus der Stadt gebracht. Foto: AFP

Wenn die letzten Rebellen und ihre Familien aus dem Ostteil der Stadt gebracht worden sind, übernimmt die syrische Regierung nach fast sechs Jahren wieder die Kontrolle über ganz Aleppo.

Beirut - Die nordsyrische Aleppo ist am Dienstag nahezu vollständig unter die Kontrolle der syrischen Regierung gekommen: Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in Großbritannien warteten am Nachmittag noch rund 3000 Rebellen und ihre Familien auf ihren Abtransport. Auch ein Medienaktivist der Opposition, Ahmad Primo, sagte, der nächste Buskonvoi aus Ost-Aleppo werde der letzte sein. Er schätzte die Zahl der zu Evakuierenden auf 2000.

Primo sprach mit der Nachrichtenagentur AP am Kontrollpunkt Raschidin am Frontverlauf zwischen Regierungstruppen und Rebellen in einem ländlichen Randbezirk Aleppos. Die Beobachtungsstelle, die ihre Informationen von einem Aktivistennetzwerk in Syrien erhält, teilte mit, 60 Busse seien nach Ost-Aleppo gefahren, um die letzten Rebellen und Zivilisten abzuholen.

Stellen sind uneins über Zahl der Evakuierten

Es gab keine letzte Gewissheit über die genaue Zahl der Menschen, die aus den Ruinen Ost-Aleppos zu evakuieren war. Der Leiter der Beobachtungsstelle, Rami Abdurrahman, sagte 17 000 Zivilisten und 5000 Kämpfer seien herausgeholt worden; das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, das die Aktion überwachte, sprach von insgesamt 25 000 Menschen und das türkische Außenministerium von 37 000.

Das UN-Büro zur Koordinierung humanitärer Angelegenheiten teilte mit, die syrische Regierung habe UN-Pläne genehmigt, 20 Beobachter nach Aleppo zu entsenden. OCHA-Sprecher Jens Laerke sagte in Genf, die UN stünden bereit, „unsere Präsenz dort zu erhöhen“. Die UN-Beobachter sollten so bald wie möglich aufbrechen. In Aleppo seien bereits 100 UN-Beobachter, rund 90 davon seien syrische Staatsbürger.

Die Entsendung weiterer OCHA-Mitarbeiter werde die Beobachterpräsenz in der von Krieg schwer gezeichneten Stadt demnächst nahezu verdreifachen. Durch syrische und russische Luftangriffe wurden nahezu alle Gebäude - einschließlich Krankenhäuser und Schulen - im Osten Aleppos zerstört.

Die UN-Beobachter sollen verhindern, dass es nach dem erbitterten Kampf um Aleppo zur Gräueltaten und Racheakten kommt. Das hat der UN-Sicherheitsrat mit Zustimmung Russlands beschlossen, das lange Syrien-Resolutionen mit seinem Veto blockiert hat. Russland, der Iran und die Türkei machten mit einem Außenministertreffen in Moskau deutlich, dass sie nach ihrem militärischen Eingreifen auch diplomatisch das Heft in die Hand nehmen wollen.

Russland, der Iran und die Türkei wollen Friedensabkommen unterstützen

Die drei Staaten boten sich als Garantiemächte für ein Friedensabkommen zwischen syrischer Regierung und Opposition an, wie der russische Außenminister Sergej Lawrow nach der Zusammenkunft in Moskau mitteilte. Eine entsprechende Erklärung hätten er, der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu und Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif unterzeichnet.

Darin drückten die drei Länder - allesamt Hauptakteure im Syrienkrieg - ihre Bereitschaft aus, „der syrischen Regierung und Opposition bei dem Aushandeln eines Abkommens zu helfen und als seine Garanten zu agieren“.

Cavusoglu sagte, ein Waffenstillstand in Syrien sollte nicht für terroristische Gruppen wie den Islamischen Staat, die Fatah al-Scham und auch nicht für die an der Seite der syrischen Truppen kämpfende schiitische Hisbollah-Miliz aus dem Libanon gelten. Lawrow, dessen Land mit Iran wichtigster Verbündeter des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad ist, äußerte sich dazu nicht direkt. Er sagte aber, einige in Syrien kämpfende Gruppen seien von der syrischen Regierung ins Land gebeten worden.

Dies schien den russischen Standpunkt nahezulegen, dass Moskau die Anwesenheit der Hisbollah in Syrien als legitim betrachtet. Auch Sarif sagte, Teheran respektiere zwar die türkische Position, „andere Länder akzeptieren sie aber nicht.“